# taz.de -- Führungswahl bei Frankreichs Sozialisten: Der geschwächte Vorsitz… | |
> Denkbar knapp ist Olivier Faure als Parteichef der französischen | |
> Sozialisten wiedergewählt worden. Die Partei kämpft weiter mit | |
> Abstiegsängsten. | |
Bild: Muss die Sozialisten zusammenhalten: Parteichef Oliver Faure | |
Paris taz | [1][Olivier Faure] ist als Parteivorsitzender der Parti | |
Socialiste (PS) für ein viertes Mandat wiedergewählt worden. Seine | |
Hauptaufgabe besteht immer noch darin, diese Partei mit ruhmreicher | |
Vergangenheit vor dem Untergang zu retten. Er selber konnte er sich seit | |
2018, nie wirklich sattelfest fühlen an der Spitze der Sozialisten die bei | |
jeder Wahl um den Abstieg in die Kategorie der Splitterparteien bangen | |
müssen. | |
Bei den letzten Präsidentschaftswahlen 2022 kam die [2][Pariser | |
Bürgermeisterin Anne Hidalgo] als PS-Kandidatin auf 1,75 Prozent… Jetzt ist | |
Faure mit nur 50,9 Prozent im zweiten Durchgang als Parteichef | |
wiedergewählt worden, nicht gerade eine Stärkung seiner Position. | |
Anfangs fühlte er sich in Paris als Provinzler fehl am Platz, zu Beginn | |
seiner politischen Karriere bei den Sozialisten gar als „Hochstapler“. Das | |
gestand er in einem autobiografischen Buch. Darin ist von seiner | |
bescheidenen Herkunft und seiner Kindheit in Orléans die Rede, von seinem | |
offen rechtsextremistisch eingestellten Vater und von seiner | |
vietnamesischen Mutter. In der Schule wurde er wegen seiner asiatischen | |
Gesichtszüge als „Chinese“ und „Reisschale“ gehänselt. Heute bezeichn… | |
sich, nicht ohne Stolz, als „Mischblutfranzose“. | |
Er galt in der Partei lange als „Mitarbeiter“, er war Assistent von Martine | |
Aubry, von François Hollande, Jean-Marc Ayrault. Jetzt ist er Nummer eins, | |
aber kein unbestrittener Boss. Trotzdem argumentierte sein Konkurrent im | |
Kampf um den Vorsitz, Nicolas Mayer-Rossignol, Faure hege eine heimliche | |
Ambition, sich als Kandidat bei den nächsten Präsidentschaftswahlen | |
nominieren zu lassen – was dieser trotz seiner fast legendären | |
Bescheidenheit nicht definitiv dementierte. | |
Seit der [3][Wahl von Präsident Emmanuel Macron], der 2017 als Außenseiter | |
der Mitte die ehemalige linke Regierungspartei völlig an den Rand gedrängt | |
hatte, steckt die PS in der Krise. Nicht nur bisherige sozialistische | |
Wähler*innen, sondern – angezogen vor der Aussicht auf Ministerposten – | |
auch bisherige Führungsfiguren liefen angezogen vom Reformprogramm zum | |
Liberalen Macron über. Viele von ihnen sind mittlerweile enttäuscht, in den | |
Schoß der PS sind sie aber nicht zurückgekehrt. | |
Dass diese Partei, die mit François Mitterrand (1981-1995) und François | |
Hollande (2012-2017) an der Macht war, nicht ganz untergegangen ist, | |
sondern 2024 die Zahl ihrer Abgeordneten in der Nationalversammlung auf 66 | |
verdoppelt hat, verdankt sie einzig und allein der [4][Wahlallianz NUPES] | |
mit den Grünen, Kommunisten und La France insoumise (LFI). Dass diese | |
Linksunion überhaupt zustande kam, war unter anderem auch Faures Verdienst. | |
Doch heute spaltet die Sozialisten mehr denn je die [5][Bündnisfrage], und | |
insbesondere der Umgang mit dem linkspopulistischen LFI-Boss Jean-Luc | |
Mélenchon. | |
Wie die alte Garde der Partei um François Hollande schließt Faures | |
Konkurrent Mayer-Rossignol im Hinblick auf 2027 eine erneuerte Allianz mit | |
LFI aus. Faure sieht zwar in Mélenchon auch keinen akzeptablen Partner | |
mehr, er will aber eine Zusammenarbeit mit LFI-Leuten fortsetzen, vor allem | |
mit prominenten Mélenchon-Kritikern unter ihnen. | |
Während Mayer-Rossignol wie die „Elefanten“ etwas nostalgisch davon träum… | |
dass die PS wieder eine „große Partei mit 100'000 Mitgliedern“ werden | |
könne, verteidigt Faure eine linke Union „von Ruffin bis Glucksmann“ (der | |
aus der LFI ausgetretene François Ruffin und der Linksliberale Raphaël | |
Glucksmann wollen 2027 beide – wie Mélenchon ohnehin -- bei den | |
Präsidentschaftswahlen antreten). | |
Dass nun die Linie von Faure so knapp gewonnen hat, ist keine Garantie für | |
den Fortbestand der Einheit der Linken in Hinblick auf die kommenden | |
Wahlen, sondern schwächt sie eher noch zusätzlich. Und beim | |
PS-Parteikongress Mitte des Monats in Nancy muss sich der auf Bewährung | |
wiedergewählte „Chef“ zunächst seine Autorität festigen und seine Linie | |
rechtfertigen. | |
6 Jun 2025 | |
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## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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