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# taz.de -- Berliner Immobilien Krimi: Von Sklaven und Insidern
> In „Tödliche Geheimnisse – Das Versprechen“ (ARD-Mediathek) zeigt sich
> Berlin von seiner hässlichen Seite. Es geht um schmutziges Geld am Bau.
Bild: Tödlicher Abstturz auf der Bautelle, Berlin zeigt sich von seiner hässl…
[1][Ach Berlin, du kannst so hässlich sein], das zeigt die düstere
Eingangssequenz dieses Films so deutlich! Und doch wollen so viele Menschen
hier leben. Und was brauchen diese Menschen? Richtig – Wohnraum. Bezahlbar
ist der allerdings schon lange nicht mehr, und so lässt sich mit dem Thema
wunderbar Wahlkampf, Politik und Cash machen.
Das hat auch der aufstrebende Bausenator Sebastian Schülke (äußerst passend
besetzt mit [2][Mark Waschke]) begriffen. Der neue „Wunderwuzzi“ der
Hauptstadt will mit seinem Projekt „Wohnen für Berlin“ nicht nur Wohnraum
schaffen, sondern Wählerstimmen gewinnen und seinen Weg zum Amt des
Regierenden Bürgermeister ebnen.
Dabei gibt er nach außen hin den wortgewandten Politiker, der kein
Wässerchen trüben kann – ganz im Gegensatz zu seinen gescheiterten
Vorgängern. Im Hintergrund jedoch mauschelt auch er ganz schön herum,
nämlich mit dem schmierigen Baumogul Herbert Sandner (Rainer Wöss).
Denn das „billige“ Bauen von Eigentumswohnungen geht natürlich nicht mit
rechten Dingen zu. Ein ganzer Zweig der Organisierten Kriminalität hat sich
hierauf spezialisiert und liefert dem Unternehmer rechtlose, ukrainische
Tagelöhner, die für drei Euro die Stunde hart malochen und schwarz die
Bauten hochziehen. Dabei gibts dann blöderweise auch mal Arbeitsunfälle,
denn die Sicherheit wird auf den Sandnerschen’ Baustellen nicht ganz so
groß geschrieben, wie der Profit.
## Ungesunde Verbindungen von Politik und Unternehmen
Zufällig beobachtet das Journalistinnenpaar Karin Berger (Anke Engelke) und
Rommy Kirchhoff (Nina Kunzendorf) den tödlichen Absturz eines Bauarbeiters.
Sie versuchen, erste Hilfe zu leisten und lernen dabei Taras (Ivan
Shvedoff) kennen, den Bruder des Verunglückten. Kurzentschlossen nehmen die
beiden den Mann bei sich auf – denn hinter all dem persönlichen Elend steht
auch eine viel größere Geschichte: Nämlich die über die ungesunden
Verbindungen von Politik und Unternehmen.
Taras zeigt Kirchhoff, wie er haust: In einem abrissreifen Gebäude mit
Schimmel, dafür ohne Türen, unter menschenunwürdigen Bedingungen. Dafür
muss er im Monat 200 Euro an ein schwer zu durchschauendes Firmengeflecht
zahlen. Ohne Frage – Was hier läuft, ist [3][moderne Sklaverei.]
Berger und Kirchhoff suchen sich Unterstützung bei einem aufstrebenden
Online-Magazin und beginnen mit ihren Recherchen. Dabei hoffen sie auf
Insiderinformationen von Vicky Urban (facettenreich und undurchschaubar
dargestellt von Petra Schmidt-Schaller), der Referentin von Senator
Schülke. Sie weiß, wie Schülke und Sandner ihre unheilige Allianz geformt
haben, jedoch bleiben ihre eigenen Motive und ihre Position lange im
Dunkeln – genau das macht diese Figur so interessant.
Die Szenen, in denen Schülke und Urban allein sind, sind äußerst dynamisch
gespielt und ähneln einem Katz-und-Maus-Spiel. Wer ist der Gute, wer der
Böse? Wer ist loyal? Und wie hoch ist der Preis für diese Loyalität? Und
hat irgendjemand überhaupt noch ein bisschen Moral im Leibe?
Es sind große Fragen, die in diesem auch heute noch topaktuellen Film aus
dem Jahr 2020 gestellt werden. Was ist ein Menschenleben wert? Wie kann man
die Wohnungsnot (nicht nur in Berlin) lindern? Recht ausweglos erscheint
das alles, in diesem von seiner großartigen Besetzung getragenen Krimi, in
dem die Hauptstadt zu einer passend unterkühlten Kulisse gerät.
7 Jul 2024
## LINKS
[1] /Dokuserie-ueber-Berlin/!5961220
[2] /Ueberfaelliger-ARD-Tatort/!6005754
[3] /Mehrarbeit-in-Berlin/!5967179
## AUTOREN
Almuth Müller
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