| # taz.de -- Erderhitzung im Land der Taliban: Afghanistan leidet unter Klimawan… | |
| > In Afghanistan ist die Klimakrise erschütternd greifbar. Immer wieder | |
| > zerstören Umweltkatastrophen Gebäude und reißen Menschen in den Tod. | |
| Bild: Bei dem Unwetter vor gut einem Monat wurden zahlreiche Gebäude zerstört | |
| Fullol epd | Schon von Weitem sind die lehmverschmierten Schutthaufen in | |
| der Landschaft zu sehen. Felsbrocken und Baumstämme liegen zerstreut | |
| dazwischen, Zeltplanen flattern im Wind. Asisullah Hamad, ein alter Mann | |
| mit weißem Bart und dunklem Turban, steht am Rande des kleinen Dorfes | |
| Fullol und blickt auf einen verwüsteten Ort, den er vor wenigen Wochen noch | |
| sein Zuhause nannte. | |
| Es war vor etwas mehr als einem Monat, als sich hier im Norden | |
| [1][Afghanistans] am Himmel plötzlich die Wolken zusammenzogen und in einen | |
| [2][katastrophalen Regenschauer] ergossen. Der Fluss im Tal sei innerhalb | |
| von Minuten zu einem reißenden Strom angestiegen, Meter für Meter, sagt | |
| Hamad. „Es war wie eine gewaltige Sintflut.“ | |
| Dabei hatte die Region lange auf den Regen gewartet. Seit fast drei Jahren | |
| herrschte in der Provinz Baghlan und weiten Teilen Afghanistans Dürre. Als | |
| es in diesem Jahr im Frühjahr verstärkt zu regnen begann, seien die | |
| Menschen im Dorf zunächst hoffnungsvoll gewesen, sagt Hamad. Doch | |
| berechenbar wie früher ist nichts mehr. Er beobachte, wie sich das Klima | |
| veränderte, erklärt Hamad. Vor allem die Sommer würden immer heißer und | |
| trockener. | |
| Afghanistan ist im Vergleich zu anderen Ländern kaum für die globalen | |
| Treibhausgasemissionen verantwortlich. Dennoch trifft die Klimakrise das | |
| Land wie kaum ein anderes. | |
| ## 62 Dorfbewohner kamen in den Fluten ums Leben | |
| Das Dorf Fullol liegt inmitten eines kleinen Tals, umgeben von steilen, | |
| kargen Berghängen in der Provinz Baghlan, knapp vier Autostunden von der | |
| Stadt Pul-i-Kumri entfernt. In Baghlan vernichteten die Sturzfluten vom Mai | |
| Ernten auf den Feldern und rissen ganze Dörfer mit sich. Die Vereinten | |
| Nationen sprechen rückblickend von mehr als 300 Toten und Zehntausenden | |
| zerstörten Häusern. | |
| In Fullol zeigt Hamad auf die kleine Moschee. Sie ist eines der wenigen | |
| Gebäude, die in dem Dorf mit seinen knapp 800 Seelen noch stehen. Als das | |
| Wasser kam, erzählt Hamad, habe er sich erst in den kleinen Gebetsraum und | |
| dann auf das Dach gerettet. Er hatte Glück. Allein in Fullol ertranken 62 | |
| Menschen in den Fluten. | |
| Die Region im Nordosten ist eigentlich bekannt für ihre Maulbeerbäume, | |
| deren Früchte in Afghanistan vor allem als Trockenobst verkauft werden. | |
| Auch Hamad besaß mehrere Plantagen, konnte seine Familie davon ernähren und | |
| seinen Kindern eine Schulbildung ermöglichen. Doch das Wasser zerstörte | |
| neben den drei Häusern der Familie auch die bereits reife Ernte. Er zeigt | |
| auf ein kleines Feld, aus dessen schlammverkrustetem Boden ein frisch | |
| gepflanzter Baumspross ragt. „Jetzt fangen wir wieder von vorne an“, sagt | |
| er. | |
| ## Klimawandel trifft Afghanistan besonders hart | |
| Für dieses Mal. Denn die Klimakrise bleibt eine massive Bedrohung für die | |
| Ernährungssicherheit und Stabilität des Landes, das ohnehin zu den ärmsten | |
| der Welt zählt. Die Mehrheit der afghanischen Bevölkerung ist für ihren | |
| Lebensunterhalt direkt auf natürliche Ressourcen angewiesen. | |
| Gleichzeitig ist die internationale Spendenbereitschaft dramatisch | |
| zurückgegangen, seit die Taliban vor knapp drei Jahren die Macht im Land | |
| übernommen haben und eine zunehmend restriktive Politik vor allem gegenüber | |
| Frauen und Mädchen durchsetzen. Die Taliban-Regierung wurde von der | |
| jährlichen internationalen Klimakonferenz ausgeschlossen, Hilfsprojekte zur | |
| Bekämpfung der Klimakrise kamen zum Erliegen. | |
| Hamad kann das nicht verstehen. Zwar sei nach der Flut Soforthilfe | |
| gekommen, Hilfsorganisationen und auch die Taliban hätten Toiletten sowie | |
| Zelte aufgestellt und Essen verteilt. Aber es fehle an langfristiger | |
| Unterstützung und nachhaltigen Lösungen. Die Menschen im Dorf diskutierten | |
| über eine Umsiedlung in ein sichereres Gebiet weiter oben in den Bergen. | |
| Doch dafür fehlten bisher die finanziellen Mittel. | |
| Neben der Taliban-Regierung sieht Hamid vor allem die internationale | |
| Gemeinschaft in der Pflicht. „Wir dürfen jetzt nicht vergessen werden“, | |
| sagt er. | |
| 5 Jul 2024 | |
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