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# taz.de -- Das Kreuz mit der Taxilizenz in Rom: Hallo Taxi? Von wegen
> Ob es zu wenige gibt, oder der Verkehr schlicht zu dicht ist – Taxis sind
> Mangelware in Rom. Vom Lenkradproletariat kann aber keine Rede sein.
Bild: Taxen warten am Hauptbahnhof Termini in Rom
Das kennt man überall in Europa: In der Neujahrsnacht ist kein Taxi zu
haben, weil zu viele gefeiert und getrunken haben und dann nach Hause
gefahren werden wollen. In Rom liegen die Dinge ein wenig anders – hier ist
immer Neujahr, wenn es um Taxis geht. Tourist*innen werden sofort
unangenehm überrascht, kaum sind sie an der Stazione Termini dem
Hochgeschwindigkeitszug entstiegen. Vor dem Bahnhofsgebäude dürfen sie sich
einreihen in die Schlange derer, die auf ein Taxi warten – an schlechten
Tagen ist die gern 100 Meter lang.
Gerade jetzt, im Juli, ist das alles andere als ein Vergnügen. Mittags
marschiert das Thermometer Richtung 38 Grad im Schatten, die Schlange
stehenden Menschen jedoch sind der prallen Sonne ausgesetzt, versuchen den
Kopf mit Handtüchern zu schützen, fluchen auf Italienisch, Deutsch oder
Spanisch.
Gut gelaunt ist dagegen der Fahrer. Auf die verärgerte Nachfrage, wieso
nirgends ein Taxi zu finden sei, hat er sofort die Antwort parat. Nein, das
stimme nicht, was die Stadtverwaltung da behaupte: dass in der
3-Millionen-Einwohner-Stadt samt ihren Heerscharen von Tourist*innen
schlicht zu wenige der weißen Wagen unterwegs seien. „Wir sind nicht zu
wenige, der [1][Verkehr ist einfach zu dicht]; und außerdem fehlen
öffentliche Verkehrsmittel“, behauptet er. Die Stadt solle erst mal diese
Probleme lösen, dann seien ganz von selbst auch genug Taxis da.
Schon seit Jahren versucht der Bürgermeister, den immer kampfbereiten
Taxifahrergewerkschaften das Ja zu neuen Lizenzen abzutrotzen. [2][Gut
7.800 Lizenzen] gibt es bisher, jeder Wagen ist aber bloß acht Stunden am
Tag unterwegs. Jetzt hat die Stadt endlich die Zustimmung der
Taxigewerkschaften zur Ausgabe von 1.000 neuen Lizenzen erreicht.
## Kein Wagen verfügbar
Nötig sind sie allemal. Nicht bloß die Gäste leiden unter dem Mangel, auch
die Römer*innen selbst wissen ein Lied vom Missstand zu singen: dass
jeder zweite Anruf bei einer der Taxizentralen nicht entgegengenommen oder
nach ewiger Warterei mit der Auskunft beschieden wird: „Leider kein Wagen
verfügbar.“
Dennoch sperrten die Fahrer sich jahrelang gegen die Aufstockung der Zahl
der Fahrzeuge, mit der Behauptung, ihr sowieso schon schmales Einkommen
werde dann einbrechen. Und die Zahlen der Steuerbehörde scheinen ihnen
recht zu geben. In Rom erklären sie beim Fiskus ein mageres
Bruttojahreseinkommen von 15.000 Euro, macht 1.250 Euro pro Monat, brutto
wohlgemerkt.
In Kontrast zu dieser Zahl steht, dass die Taxilizenzen auf dem freien
Markt für Preise zwischen 130.000 und 160.000 Euro gehandelt werden. Ein
Fahrer müsste zehn Jahre unterwegs sein, um die Lizenz abzuzahlen, ohne nur
einen Cent für den Lebensunterhalt übrigzuhaben. Im Kontrast zur
behaupteten Armut steht auch, dass das angebliche Lenkradproletariat in Rom
nur aus Italiener*innen besteht.
Reporter einer TV-Sendung, unterwegs mit versteckter Kamera bekamen von den
Tassisti andere Auskünfte, von Monatseinnahmen, die über 3.000 und im
Dezember auch bei 9.000 Euro liegen. Kein Wunder, die Wagen sind immer voll
ausgelastet.
Einen treuen Alliierten hatte der Berufsstand in der italienischen Rechten,
die die Privilegien der Fahrer*innen immer verteidigte. Auch der Mann am
Steuer, der behauptete, es gebe nicht zu wenige Taxis, ist keine Ausnahme.
Klar habe er [3][Giorgia Meloni] gewählt, bekennt er stolz, „ihre Partei
hat immer an unserer Seite gestanden“.
14 Jul 2024
## LINKS
[1] /Italienischer-und-deutscher-Fahrstil/!6000483
[2] /OePNV-Probleme-in-Italiens-Hauptstadt/!5967696
[3] /Von-der-Leyen-soll-Praesidentin-bleiben/!6016444
## AUTOREN
Michael Braun
## TAGS
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