# taz.de -- Offener Brief italienischer Autoren: Kritik an Eingriff der Politik | |
> Italien ist Gastland auf der Frankfurter Buchmesse. Italienische | |
> Schriftsteller*innen haben einen offenen Brief an den Messedirektor | |
> geschrieben. | |
Bild: Roberto Saviano | |
Eigentlich ist die Frankfurter Buchmesse für das Ehrengastland eine Chance, | |
sich einem breiten Publikum vorzustellen. Schriftsteller*innen reisen | |
an, Übersetzungen werden präsentiert, Geschäftsbeziehungen entstehen. Die | |
Stimmung in der italienischen Delegation ist aber alles andere als | |
entspannt, die Gründe dafür sind in Rom zu suchen. | |
Denn es kracht zwischen den italienischen Schriftsteller*innen und der | |
Regierung von Giorgia Meloni. Ende Mai hatte der [1][„Fall Saviano“] für | |
Empörung gesorgt: Der Mafiaexperte und regierungskritische Schriftsteller | |
war nicht in die italienische Delegation für die Buchmesse eingeladen | |
worden – mit fadenscheinigen Begründungen des von Melonis Kabinett | |
ernannten Buchmessebeauftragten Mauro Mazza. | |
Als Folge sagten Autoren wie Paolo Giordano, Sandro Veronesi und Francesco | |
Piccolo aus Solidarität ihre Teilnahme ab, andere positionierten sich klar | |
gegen die Regierung. Nun haben 41 Autorinnen und Autoren am Montag einen | |
offenen Brief veröffentlicht, der an den Präsidenten des italienischen | |
Verlegerverbands, Innocenzo Cipolletta, und den Direktor der Buchmesse, | |
Jürgen Boos, adressiert ist. | |
Es geht in dem Brief, unterzeichnet unter anderem von Paolo Giordano, | |
Antonio Scurati, Dacia Maraini und Francesca Melandri, nicht nur um | |
Saviano. Der Eingriff der Politik, schreiben die Autor*innen, äußere sich | |
„nicht nur in der systematischen Besetzung aller Entscheidungspositionen in | |
der Kulturbranche nach politischer Treue, sondern auch in mehr oder weniger | |
expliziten Formen der Zensur, in persönlichen, diskreditierenden Angriffen | |
und in der skrupellosen Nutzung von Gerichtsverfahren gegen Schriftsteller, | |
Journalisten und Intellektuelle durch die Machthaber“. | |
## Keine Duette zwischen Italiener*innen | |
Die Kritik am italienischen Komitee ist dabei nicht nur politischer, | |
sondern auch inhaltlicher Natur. Die Autorinnen und Autoren beklagen, dass | |
das vom Komitee erarbeitete Programm nicht den kulturellen Austausch, | |
sondern vielmehr „Duette zwischen italienischen Autoren“ fördere. Diese | |
sollen auftreten und zu bestimmten Themen miteinander sprechen, ein Ansatz, | |
der in dem Brief als „unbesonnen“ bezeichnet wird. Interkulturelle | |
Veranstaltungen würden der Initiative Einzelner und ihrer deutschen Verlage | |
überlassen, so der Vorwurf. | |
Das zeuge von „einer fehlenden kulturellen und verlegerischen Strategie“ | |
des italienischen Komitees. Mit ihrem Brief wollen die Autorinnen und | |
Autoren daher vor allem eines: mehr öffentliche Begegnungen mit ihren | |
deutschen und anderen europäischen Kolleginnen und Kollegen anstoßen. Auch | |
angesichts der Ergebnisse der letzten Europawahlen. | |
27 Jun 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Buchmesse-Frankfurt-Problemgast-Italien/!6015984 | |
## AUTOREN | |
Francesca Polistina | |
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