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# taz.de -- Kurzstreckenflüge bei EM: Von Düsseldorf nach Paderborn
> Die diesjährige Fußball-EM gibt sich nachhaltiger als vorherige
> Meisterschaften. Doch das leben längst nicht alle Teams.
Bild: Stolzer Klimasünder: mit Lufthansa zum nächsten Spiel
Berlin taz | Sie wirken etwas staksig auf ihren Fahrrädern, die polnischen
Fußballnationalspieler. In dunkelroter Trainingsmontur fahren sie auf
Rädern höchster Preisklasse ganz gemächlich Kolonne durch Hannover in
Richtung Trainingsplatz. Zugegeben, das Team ist hier nicht auf Fernreisen.
Trotzdem ist es doch nice, dass sich eine Mannschaft klimafreundlich durch
den öffentlichen Raum einer Stadt bewegt und zeigt: Das vermeintlich
profane Fahrrad kommt als Transportmittel für milliardenschwere
Fußballprofis infrage. Vor allem, wenn die Nationalmannschaften der
diesjährigen Europameisterschaft immer wieder Schlagzeilen mit völlig
absurder und extrem klimaschädlicher Verkehrsmittelwahl machen.
Neuestes Beispiel ist eine Reise des französischen Teams. Nach dem Sieg
über die Belgier im EM-Achtelfinale kehrten les bleus in ihr Quartier in
Paderborn zurück – mit dem Flugzeug, obwohl das Match am Montag in
Düsseldorf (!) stattfand. Paderborn liegt im Osten Nordrhein-Westfalens,
Düsseldorf im Westen, aber … fliegen? Mon dieu!
Der Flieger war gechartert, laut Flugaufzeichnung brauchte er für etwa 145
Kilometer zwischen den beiden Flughäfen rund eine halbe Stunde. Dann
standen weitere 30 Minuten Busfahrt vom Flughafen ins Mannschaftsquartier
an. Rund zwei Stunden hätte es gedauert, die Strecke vom Stadion bis zum
Teamquartier mit dem Bus zurückzulegen.
Ebenso großes Aufsehen hat ein Flug der türkischen Nationalmannschaft
erregt. Das in der niedersächsischen Stadt Barsinghausen untergebrachte
Team flog vom nahegelegenen Flughafen in Hannover nach Hamburg – eine
Strecke von etwa 150 Kilometern. Für den Kurzstreckenflug, der nur 25
Minuten dauerte, hagelte es Kritik von Umweltschützer:innen. Vorher hatte
der türkische Fußballverband mitgeteilt, dass gerade die günstige Lage des
Trainingscamps zwischen den Vorrunden-Spielorten Hamburg und Dortmund die
Anfahrt mit dem Auto ermögliche.
## Der Schaden in Zahlen
Fliegen, vor allem auf Kurzstrecken, verursacht deutlich mehr
CO2-Emissionen als Reisen mit Bus oder Bahn. Selbst wenn man für einen Flug
von Hannover nach Hamburg mit der direkten Luftlinie rechnet, ergibt sich
one-way ein Ausstoß von rund 31,6 Kilogramm Kohlendioxid. Wäre ein Reisebus
auf dem bestehenden Straßennetz gefahren, wären rund 4,8 Kilogramm CO2
entstanden. Die direkte Zugfahrt hätte etwa 4 Kilogramm Kohlenstoffdioxid
verursacht.
Eine Studie der Umweltorganisation [1][Transport & Environment (T & E)]
ergab: Alle an der EM teilnehmenden Teams könnten ihre CO2-Emissionen um
fast 60 Prozent reduzieren, wenn sie Flüge vermeiden. „Allerdings haben
sich die Teams noch nicht alle dazu bekannt, dass sie ihre
Transportemissionen senken wollen“, sagte Erin Vera, verantwortlich für die
von T & E lancierte Kampagne „Travel Smart“.
So wie die spanische Auswahl, die konsequent zu all ihren Gruppenspielen
flog. Zum Beispiel von Stuttgart nach Düsseldorf, dabei verbindet die
beiden Städte ein direkter ICE, der rund 2:20 Stunden unterwegs ist. Die
Teams aus Deutschland und der Schweiz hingegen haben sich vorgenommen,
nachhaltiger zu reisen. Doch auch sie ließen sich zu Charterflügen
hinreißen, die DFB-Elf von Nürnberg nach Dortmund und die Schweizer von
Stuttgart nach Köln.
Extra für die Teams gebuchte Maschinen verursachen dabei besonders viele
Emissionen, wie eine Spiegel-Recherche zeigte: Sie fliegen zusätzliche
Strecken, meist leer, um die Spieler außerhalb normaler Flugpläne an Bord
nehmen zu können. Die Verbände rechtfertigen sich: Der Sport stehe im
Vordergrund, manchmal sei der Spielplan zu eng getaktet, die Bahnreisen zu
weit, die Beine der Spieler zu schwer, wenn ihnen Busreisen zugemutet
werden.
[2][Die Euro 2024 GmbH], die das Turnier organisiert, weist darauf hin,
dass noch 2016 bei der EM drei Viertel aller Reisen mit dem Flugzeug
absolviert wurden. Laut Deutschlandfunk ist es bei dieser Meisterschaft
bisher jede vierte Strecke. Meist fahren die Spieler im Reisebus, die Bahn
nehmen nur die wenigsten. Flüge werden also seltener – das ist eine gute
Sache.
Doch die unnötigen Starts für kurze Strecken, die fast genauso schnell mit
Bus oder Bahn geklappt hätten, zeigen: [3][Klimafreundliches Reisen] ist
noch längst nicht fest im Profifußball verankert. Die Studie von T & E
erinnert zu Recht daran, dass die Teams eine Vorbildfunktion haben. Genauso
übrigens wie deutsche Regierungsmitglieder, die Furore mit
Kurzstreckenflügen zu oder nach EM-Spielen machten. Wenn sie bei einem so
öffentlichkeitswirksamen Turnier CO2-sparsam unterwegs sind, setzen sie ein
großes Zeichen.
Und: Sie können andere Probleme umgehen. Als die englischen Spieler ins
Flugzeug Richtung EM stiegen, landeten einige ihrer Gepäckstücke auf dem
Rollfeld, und Kleidung wurde überfahren.
4 Jul 2024
## LINKS
[1] https://www.google.com/url?sa=t&source=web&rct=j&opi=89978449&a…
[2] /Schlechte-Oekobilanz-der-Fussball-EM/!6015137
[3] /Klimaforscher-Grimalda-verliert-Prozess/!5994177
## AUTOREN
Nanja Boenisch
Jakob Ortwein
## TAGS
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