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# taz.de -- Mangelnde Fußballprofessuren: Ich, die EM und die Wissenschaft
> Die EM soll vorgeblich eine Öffnung und Modernisierung der Gesellschaft
> bewirken. Doch Fußballprofessoren, die das erforschen könnten, gibt es
> nicht.
Bild: Ist das wirklich schon Fußballforschung? Ex-DFB-Präsident Wolfgang Nier…
Ach, beginne ich doch einfach mit [1][Robert Musil]. Schließlich will ich
zeigen, wie wichtig das alles ist. „Es gab einflussreiche Industrien, wie
die des Fußballspiels“, schrieb er in seinem Roman „Der Mann ohne
Eigenschaften“ 1930, „aber man zögerte noch, ihnen an den technischen
Hochschulen Lehrstühle aufzustellen.“
Nicht so in Dortmund. Seit 2006 gibt es dort an der TU zu WMs und EMs die
[2][„Fußballprofessur“]. Inne hat sie [3][Andrei S. Markovits], nicht nur
jüngst emeritierter Professor der University of Michigan, sondern auch
(Disclaimer!) ein guter Freund von mir. Sonst könnte ich diese Kolumne gar
nicht schreiben, denn Andy (noch ein Disclaimer!) hatte mich eingeladen,
dort einen Vortrag zu halten. (Letzter Disclaimer, versprochen): Mein
[4][neues Buch] handelt allgemein von der Sportgeschichte und was es da an
sozialen Kämpfen gab und gibt, aber ich bastelte aus diesem großen Thema
eine Mischung aus Vortrag und Lesung – nur mit Fußballbeispielen. Das kam
nicht schlecht an, aber seit wann geht es in einer Kolumne wie dieser um
mich? Eben.
Studierende aller möglichen Kulturwissenschaften tauchten im Fußballseminar
auf, Kollegen und Kolleginnen aus dem Lehrbetrieb wollten sich das mal
anhören, und auch Menschen, denen man wohl nicht zu nahe tritt, wenn man
sie als nicht mehr studierend vermutet. Das Ganze bei hochsommerlichen
Temperaturen von 12.15 bis 13.45 Uhr, also zu einer Zeit, zu der Leute wie
ich (um den es ja hier nicht geht) ans Mittagessen denken.
## Aufladung der EM
Vielleicht liegt dieses Interesse an der Aufladung dieser Fußball-EM. Von
ihr soll ja unbedingt eine Öffnung und Modernisierung unserer Gesellschaft
ausgehen – ein [5][„Sommermärchen 2.0“]. Solch politische Erwartungen le…
tatsächlich ein paar Fragen nahe: Kann die EM das? Soll sie das? Und: Wer
will das? Mein Freund Andy hat viel Erhellendes zum Fußball erforscht:
Warum er fast überall Weltsport ist, nur in den USA nicht; warum aber genau
dort Frauenfußball ein wesentlich besseres Standing hat und vieles mehr.
Aber konkret die Fragen nach dem angeblichen Sommermärchen können von der
Forschung aktuell kaum beantwortet werden. Vielleicht, weil es so gut wie
keine Fußballprofessoren gibt. Googelt man, springen einem nur zwei
entgegen: [6][Ralf Rangnick] und [7][Andy Markovits]. Der eine, Österreichs
Nationaltrainer, wurde damit eher geschmäht, und der andere bekommt den
Titel leider nur für die Dauer von Großevents verliehen.
Dabei wird mit jeder Nancy-Faeser-Rede („Zusammenhalt stärken“),
Markus-Söder-Einlassung („Daumen drücken!“) und Saskia-Esken-Interview
(„Zusammenspiel befreundeter Völker“) deutlich, dass hier Forschungsbedarf
existiert. Wir haben stattdessen bloß das mediale Experten- und
Expertinnengewese. „Verhältnismäßig einfach, wenn ein Fußballverein
anregte, seinem Rechtsaußen den Professorentitel zu verleihen“, heißt es
bei Musil dazu. Nicht schlecht, okay. Aber sonst zögert man nicht nur an
technischen Hochschulen noch. Dabei stünden ich und meine Freunde gerne
bereit.
27 Jun 2024
## LINKS
[1] /Buch-ueber-Schriftsteller-Robert-Musil/!5849529
[2] https://kuwi.tu-dortmund.de/details/ole-ole-ole-fussball-professor-andy-mar…
[3] /Autobiografie-von-Politologe-Markovits/!5886135
[4] https://www.youtube.com/watch?v=WpGqDYHORKQ
[5] /Rassismus-und-die-EM-2024/!6014076
[6] /die-wahrheit/!5159311
[7] /Andrei-S-Markovits-ueber-Fussball/!5609436
## AUTOREN
Martin Krauss
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