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# taz.de -- Wahlen in Südafrika: ANC im freien Fall
> Dem seit 1994 regierenden ANC droht der Verlust der absoluten Mehrheit.
> Die neue Partei von Ex-Präsident Jacob Zuma ist auf dem Vormarsch.
Bild: Dudzile Zuma freut sich über die ersten positiven Ergebnisse für die ne…
Johannesburg taz | Es sind besorgte Blicke, die Energieminister Gwede
Mantashe und Kommunikationsminister Mondli Gungubele, zwei ANC-Urgesteine,
bereits am Donnerstagnachmittag auf die blau leuchtende Anzeige werfen. Was
die Tafel im Results Operation Center (ROC) der südafrikanischen
Wahlkommission (IEC) in Midrand, Johannesburg, verkündet, sieht nicht gut
aus für die Regierungspartei African National Congress (ANC).
Am Freitagmorgen steht dann schließlich fest, was die Prognosen bereits
vorhergesagt hatten. Zwar ist erst die Hälfte der Stimmen ausgezählt, doch
der ANC kommt gerade mal auf 42 Prozent. Auch wenn die endgültigen
Wahlergebnisse voraussichtlich erst am Sonntag vorliegen werden, zeichnet
sich doch eine wichtige Erkenntnis bereits ab: Zum ersten Mal seit 1994
wird der ANC wohl auf unter 50 Prozent fallen.
[1][Misswirtschaft, Korruptionsskandale und Klientelismus haben das
Vertrauen in die ehemalige Befreiungsbewegung von Nelson Mandela
zerbröckeln lassen.] Bei den letzten Wahlen 2019 erlangte der ANC noch 57
Prozent der Stimmen, doch der Abwärtstrend zeichnet sich nicht erst seit
dieser Wahl ab. Zum ersten Mal seit dem Ende der Apartheid blickt Südafrika
nun einer Koalitionsregierung entgegen.
## Partei von Ex-Präsident Zuma auf dem Vormarsch
Einen nicht unerheblichen Anteil daran [2][hat die von Ex-Präsident Jacob
Zuma (früher ebenfalls ANC) gegründete Partei uMkhonto we Sizwe (MK)]. Die
war vor allem in der bevölkerungsstarken Provinz KwaZulu-Natal kräftig auf
Stimmenklau gegangen. Doch auch in Provinzen wie Mpumalanga oder Gauteng
schnitt die Partei, die erst vor knapp sechs Monaten gegründet wurde,
überraschend gut ab. Mit zwölf Prozent der Stimmen liegt die MK damit auf
Platz 3, hinter der größten Oppositionspartei Democratic Alliance (23
Prozent).
„Ich wähle für meine Rechte“, sagt Kate Ketsie, während sie am Wahltag in
der schier endlos erscheinenden Schlange steht. Dass diese sich bereits
morgens um 7 Uhr mehrfach um den Rasenplatz vor der Wahlstation im Township
Villa Liza, einem Vorort von Johannesburg, windet, macht ihr nichts aus.
Die 57-jährige Witwe [3][wünscht sich endlich ein vernünftiges Haus, eine
stabile Stromversorgung und vor allem einen Job.] Der ANC, so sagt sie,
habe sie im Stich gelassen. Die MK dagegen verspricht all das. Wie die
Umsetzung erfolgen soll, steht in den Sternen – doch die populistischen
Thesen der Partei fallen auf fruchtbaren Boden. Mit einer Arbeitslosigkeit
von 41 Prozent ist die Frustration in der Bevölkerung hoch.
## Feiern in Flecktarn
Die Mitglieder der MK haben vor der Wahlstation einen Pavillon aufgebaut.
Zu lauter Musik wird dort gefeiert. Auch Kate Ketsie schunkelt hin und her
und strahlt über das ganze Gesicht, während sie in der Schlange steht.
„Auch wenn ich heute lange warten muss: Das ist es mir wert“, sagt sie und
zurrt sich den Bademantel gegen die morgendliche Kälte noch etwas fester um
die Hüfte.
Kate Ketsie ist nicht die Einzige, die unzufrieden mit der
Regierungsführung des ANC ist. Zahlreiche Menschen in der Schlange haben
sich in grün-schwarze Farben gekleidet oder tragen Flecktarn. Die MK ist
nach dem ehemaligen bewaffneten Flügel der Freiheitsbewegung benannt, ihre
Anhänger*innen kleiden sich gerne militärisch.
Parteichef Jacob Zuma hatte im Vorfeld der Wahlen immer wieder die
südafrikanische Wahlkommission angegriffen und diskreditiert. Als am
Freitagmorgen die Ergebnisanzeige des IEC zusammenbricht und rund zwei
Stunden lang gar nichts zu sehen ist, ist dies ein gefundenes Fressen für
Vorwürfe der Wahlmanipulation.
## Angst vor gewalttätigen Ausschreitungen
„Diese Wahlen waren nicht fair und frei“, heißt es in einer
Pressemitteilung, die noch am selben Tag im Presse-Whatsapp-Kanal der MK
herausgegeben wird. Aufgrund der aufgeheizten Stimmung sind am Wahltag
selbst deutlich mehr Polizisten als üblich rund um die Wahlstationen zu
sehen. Vor allem in MK-Hochburgen wie dem Township Villa Liza patrouilliert
die Polizei in den Straßen, die Sicherheitsorgane sind in
Alarmbereitschaft.
Noch zu gut sind die [4][Ausschreitungen von 2021 im Gedächtnis, als
Zuma-Anhänger plündernd durch die Straßen zogen und mehrere hundert
Menschen starben.] Grund war die Verurteilung des heute 82-Jährigen zu
einer 15-monatigen Haftstrafe, nachdem dieser sich geweigert hatte, zu
Korruptionsvorwürfen während seiner Amtszeit auszusagen.
Am Tag der Wahl aber bleibt es ruhig. Trotz teils defekter Scanner und
einer nicht effizienten Wählerabfertigung, die zu langen Wartezeiten führt,
ist die Stimmung gut. Der ANC aber hat sich eine blutige Nase geholt.
31 May 2024
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## AUTOREN
Helena Kreiensiek
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