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# taz.de -- Bürgerwissenschaften in Bremen: Igel gesucht
> Das Bremer Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie bindet
> Bürger*innen in seine Arbeit ein. Aktuell geht es um den Bestand von
> Igeln.
Bild: Tierischer Sensor: Igel leben da, wo die Natur in einem guten Zustand ist
Hamburg taz | Igel zu schützen, kommt auch der menschlichen Gesundheit
zugute. Das möchten Forschende am Bremer Leibniz-Institut für
Präventionsforschung und Epidemiologie (Bips) und das Bremer Netzwerk
Igelfreunde mit dem neuen Citizen Science Projekt „Guardians of the
Hedgehogs“ zeigen. Zugleich soll es Menschen für einen bewussteren Umgang
mit ihrer Lebensumwelt sensibilisieren.
„Eine gesunde Lebensumwelt für den Igel ist letztlich auch eine gesunde für
den Menschen“, erklärt Wolfgang Ahrens. Er leitet die Abteilung
Epidemiologische Methoden und Ursachenforschung am Bips. Das Igel-Projekt
folgt dem „One Health“-Gedanken: Der Ansatz begreift die menschliche
Gesundheit als eng verknüpft mit der Umwelt und in ihr beheimateten
Lebewesen. Gerade in grünen Regionen, in denen die Artenvielfalt hoch ist
und viele Insekten beheimatet sind, halten sich Igel gerne auf. Der
[1][Igel] ist also auch ein Hinweis dafür, wie gesund eine Umwelt für den
Menschen ist.
Gleichzeitig kooperierte [2][das Projekt] mit der bundesweiten
Igelzählaktion des Naturschutzbundes (Nabu), die vom 17. bis zum 27. Mai
stattfand. In diesem Zeitraum sammelten Bürger*innen Daten über die
Igelbestände der Bremer Region, die anschließend in einer interaktiven
Karte auf der Website des Netzwerks Igelfreunde aufgerufen werden kann.
Wie wichtig es ist, dass sich Wissenschaft, Politik und Gesellschaft
vermehrt austauschen und zusammenarbeiten, hatte sich spätestens während
der Covid-19-Pandemie gezeigt. Bürgerwissenschaften sind nicht nur ein
Mittel, um den Feldzugang zu erleichtern und größere Datenmengen zu
sammeln. Sie stellen auch eine Möglichkeit dar, Lösungen für
gesellschaftliche Herausforderungen zu finden und das Vertrauen in die
Wissenschaft zu stärken. Auf diese Weise können Bürger*innen ermutigt
werden, wissenschaftliche Prozesse mitzugestalten und so ein
gesellschaftliches Umdenken anzustoßen.
Gerade im Ausland haben [3][Bürgerwissenschaften] lange Tradition. Im Jahr
1900 fand die erste gemeinsame Aktion von Wissenschaftler*innen und
Bürger*innen statt: Sie zählten in den USA gemeinsam Vögel, um deren
Bestand zu erfassen und so für den Wert der Fauna zu sensibilisieren.
Seither hat sich die Vogelzählung dort als jährliches Ereignis etabliert,
das mittlerweile auch in Deutschland als „Stunde der Gartenvögel“
regelmäßig praktiziert wird.
In Deutschland erhielt Citizen Science seit 2014 verstärkt Aufmerksamkeit.
Internationales Aufsehen hat der deutsche „[4][Mückenatlas]“ am
Brandenburger Zentrum für Agrarlandschaftsforschung erregt, bei dem in
einem Jahr 5.000 Hobbyforscher über 17.000 Mücken einschickten. Effekt:
Eine tropische Mückenart, und dort Infektionsauslöser, wurde erstmals in
Deutschland entdeckt – Folge des Klimawandels.
Vorbild für „Guardians of the Hedgehogs“ sei ein Citizen-Science-Projekt
aus Großbritannien gewesen, das vor mehr als zehn Jahren auf den Rückgang
von Igeln aufmerksam machte. In städtischen Randzonen habe das Projekt dazu
geführt, dass die Igelbestände stiegen, erklärt Ahrens. Forschende vermuten
deshalb, dass das Projekt die Bevölkerung für eine naturnahe und
igelfreundliche Gestaltung ihrer Gärten sensibilisieren konnte, wodurch das
Säugetier wieder genug Nahrung und Schutz fand.
Denn gerade das Verdrängen heimischer Pflanzen und der massenhafte Einsatz
von Pflanzenschutzmitteln sorgen dafür, dass der Igel heute kaum noch
Insekten findet, von denen er sich ernähren kann. Aus Not frisst er oftmals
Schnecken oder Würmer, die ihn mit Parasiten befallen.
## Bedrohung durch Verkehr und Mähroboter
Gleichzeitig bedrohen der steigende Verkehr und der verstärkte [5][Einsatz
von Mähroboter] und Fadenschneider seine Existenz: „Die [6][Igel] kommen
teilweise in so elenden Zuständen zum Netzwerk Igelfreunde, dass sie nur
noch auf der Seite liegen und sich kaum regen“, erklärt Ahrens, der
engagierter Vorstand des Netzwerkes ist.
Wichtig sei es daher beispielsweise, Zäune an kleinen Stellen zu öffnen,
Wildwuchs zuzulassen und Mähroboter nur tagsüber zu nutzen. Igel sind
schließlich dämmerungsaktiv. Darüber möchte auch das Bremer Projekt
aufklären. Gleichzeitig wünscht sich Ahrens, dass der Igelschutz als Hilfe
zur Selbsthilfe begriffen wird: „Wir müssen verstehen, dass eine grüne und
artenreiche Umwelt nicht nur gut für Insekten und Tiere ist, sondern dass
wir uns auch selbst einen Gefallen tun.“
Aber auch hier endet die Vision des Projekts noch nicht: „Guardians of the
Hedgehogs“ ist mit dem Bips-Projekt „Healthy Planet“ verlinkt, das
satellitengestützte Daten über Umweltbedingungen verschiedener Regionen
sammelt und so geographische Informationssysteme über ihre Umweltzustände
erstellt. Daraus soll anschließend abgeleitet werden, wie sich
unterschiedliche Umweltbedingungen auf die menschliche Gesundheit und das
Gesundheitsverhalten auswirken. Zumal man beispielsweise schon wisse, dass
sich Kinder in grünen Umwelten, die wenig bebaut sind, deutlich mehr
bewegen würden. Das Igelprojekt dient daher als eine Art Fallbeispiel, an
dem der Zustand unseres Ökosystems und seine Auswirkungen verdeutlicht
werden.
27 May 2024
## LINKS
[1] /Tier-des-Jahres-2024/!5979765
[2] https://www.bips-institut.de/forschung/projekte/einzelansicht.html?projID=1…
[3] /Buergerwissenschaft/!t5022897
[4] /Asiatische-Tigermuecke-in-Berlin/!6004438
[5] /Maehroboter-gefaehrden-Igel/!5570711
[6] /Die-Wahrheit/!5994585
## AUTOREN
Sarah Lasyan
## TAGS
Bürgerwissenschaft
Bremen
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Tierforschung
Ökologie
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Tier des Jahres
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