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# taz.de -- Wahlen in Tschad: Turbosieg für den Präsidenten
> Tschads Wahlkommission hat Staatschef Mahamat Déby zum Sieger erklärt.
> Die Opposition um Premierminister Succès Masra ist damit nicht
> einverstanden.
Bild: Geheime Wahl? Nicht an dieser Wahlurne ohne Wahllokal in Tschads Hauptsta…
Berlin taz | Ursprünglich sollte es mindestens zwei Wochen dauern, bis
Tschads Wahlkommission Ergebnisse der Präsidentschaftswahl vom 6. Mai
vorlegt. Am Ende benötigte die Behörde für [1][das vorläufige Endergebnis]
gerade mal drei Tage. Am späten Donnerstagabend schon rief sie Staatschef
Mahamat Déby zum Wahlsieger mit 61,03 Prozent der Stimmen aus. Sein
wichtigster Herausforderer Succès Masra kam demnach auf 18,53 Prozent.
Kurz zuvor hatte Masra sich selbst zum Sieger erklärt. Er habe 59,28
Prozent bekommen, Déby nur 14,36. Auch nach der offiziellen Verkündung
blieb er dabei und rief zu Protesten gegen „Wahlfälschung“ auf.
Der 40-jährige [2][Succès Masra] kommt aus Tschads radikaler
Demokratiebewegung, der ebenfalls 40-jährige [3][Mahamat Déby] ist der Sohn
des langjährigen Militärdiktators Idriss Déby. Als dieser im April 2021
nach 31 Jahren an der Macht verstarb, hievten Tschads Generäle seinen Sohn
an die Staatsspitze. Als der Sohn im Oktober 2022 nicht wie versprochen die
Macht nach 18 Monaten wieder abgab, rief die Opposition um die Partei Les
Transformateurs (Die Veränderer) von Succès Masra zu Massenprotesten auf,
gegen die das Militär [4][mit äußerster Brutalität] vorging: mehrere
Hundert Menschen wurden getötet.
Dass Masra ein Jahr später den Posten des Premierministers annahm, stieß
zunächst bei seinen Mitstreitern auf Befremden. Aber offenbar dachte er, er
könnte als Premier durch seine Zugriffsrechte auf den Staatsapparat eine
korrekte Wahl veranlassen, die er dann gewinnt.
## Unglaubwürdig hoch
Diese Strategie ist nun nicht aufgegangen, wobei unklar ist, woran genau
das liegt. Unregelmäßigkeiten gab es viele. Unabhängige Wahlbeobachter
waren nicht präsent – entgegen ersten Zusagen wurde die Akkreditierung der
2.900 Beobachter tschadischer Wahlbeobachtergruppen in letzter Minute
verweigert. Mancherorts waren am Wahltag die Wahlurnen unter freiem Himmel
aufgestellt.
Nach Schließung der Wahllokale wurde Oppositionsvertretern nach eigenen
Angaben vielerorts der Zugang zur Stimmauszählung verweigert. Die einzelnen
Ergebnisprotokolle wurden also wohl nicht von allen Seiten verifiziert –
deswegen liegen die Zahlen nun viel schneller vor als in vergleichbaren
afrikanischen Ländern, wo sich akribische Prüfverfahren teils über Wochen
hinziehen.
Die offizielle Wahlbeteiligung liegt mit knapp 76 Prozent unglaubwürdig
hoch – weite Teile Tschads leiden momentan unter extremer Hitze und große
Teile der Bevölkerung leben weit weg von jeder Infrastruktur.
## Opfer von „Freudenfeiern“
Proteste wurden schon in der Nacht zu Freitag im Keim erstickt, nach ersten
Berichten wurden 76 Angehörige von Masras Partei festgenommen. Offiziellen
Angaben zufolge gab es in der Hauptstadt N’Djamena neun Tote und 60
Verletzte – Opfer von „Freudenfeiern“, bei denen jubelnde Soldaten in die
Luft schossen und heruntergefallene Kugeln dann Menschen getroffen hätten.
Zu den Toten zählt allerdings ein Baby mit Kopfschuss und die meisten
angeblichen Jubelopfer gab es in Oppositionshochburgen der Hauptstadt. Am
Wochenende [5][verhängten die Behörden ein Verbot] der Veröffentlichung
weiterer Zahlen dazu und untersagten Medien den Zugang zu Verletzten in
Krankenhäusern.
Er sei nun der gewählte Präsident, stellte Déby in einer Siegesansprache
fest. Was aus Premierminister Masra wird, ist unklar. Aber er bleibt ein
politischer Machtfaktor: In den südtschadischen Logone-Provinzen um die
Stadt Moundou, dem dichtestbesiedelten Landesteil, hat Masra auch nach den
amtlichen Zahlen haushoch gewonnen. Tschad bleibt nach diesen Wahlen ein
gespaltenes Land.
12 May 2024
## LINKS
[1] https://www.alwihdainfo.com/Tchad-les-resultats-des-10-candidats-a-la-Presi…
[2] https://twitter.com/Succes_MASRA
[3] https://twitter.com/GmahamatIdi
[4] https://www.hrw.org/news/2022/10/26/chad-scores-protesters-shot-dead-wounded
[5] https://pbs.twimg.com/media/GNUCfZHXYAAfXPm?format=jpg&name=medium
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Tschad
Idriss Déby
Wahl
GNS
Tschad
Tschad
Tschad
Schwerpunkt Krieg in Sudan
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