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# taz.de -- Vorwürfe gegen Österreichs EU-Kandidatin: Pfui-Bäh-Pups-Rhetorik
> Österreichs EU-Spitzenkandidatin für die Grünen, Lena Schilling, werden
> Lügen vorgeworfen. Die Reaktion ihrer Partei erinnert an
> Demokratiefeinde.
Bild: Lena Schilling, Spitzenkandidatin für die EU-Wahl, und Österreichs Grü…
taz | Es ist noch nicht gewählt worden, trotzdem ist Krise bei den Grünen
in Österreich. Mit der 23-jährigen [1][Klimaaktivistin Lena Schilling]
haben sie als einzige Partei des Landes eine Frau als Spitzenkandidatin für
die nahenden EU-Wahlen nominiert – und ausgerechnet gegen die [2][machte
die linksliberale Tageszeitung Standard am 7. Mai nun Vorwürfe publik].
Anonyme Personen aus der Klimabewegung und dem Grünen Klub werfen
Schilling vor, falsche Gerüchte verbreitet und damit „viele Menschen
verärgert oder verletzt und einige sogar in existenzbedrohende
Schwierigkeiten gebracht“ zu haben.
Unter anderem geht es um mutmaßlich falsche Vorwürfe sexueller Belästigung
gegenüber einem Journalisten und einem grünen Klubmitglied und eine
gerichtliche Unterlassungserklärung, in der sich Schilling dazu
verpflichtet, nicht mehr die falsche Behauptung zu verbreiten, dass der
Ehemann einer ihrer einst besten Freundinnen häusliche Gewalt verübe.
Die Pressekonferenz, in der Schilling, Grünenchef [3][Werner Kogler] und
andere prominente Parteimitglieder am vergangenen Mittwoch auf die Vorwürfe
reagierten, erntet nun fast ebenso viel Kritik wie Schilling selbst. Kogler
tat die Standard-Recherchen darin als „anonymes Gemurkse und Gefurze“ ab
und bediente sich läppischer Rhetorik, die man sonst von Pressekonferenzen
der rechtsextremen FPÖ gewohnt sei – ist es doch üblicherweise deren Stil,
kritische Medienberichte als „Schmutzkübelkampagnen“ abzutun und sie zu
nutzen, um sich als Opfer einer gegen sie verschworenen Parteienlandschaft
zu inszenieren. Kogler behauptete: „Wir sehen’s ja, ob Deutschland, Bayern
speziell, oder hier in Österreich, es wird vor allem gegen die Grünen
agitiert.“
Wenn nun auch in Österreich gegen die Grünen agitiert werden sollte, dann
wohl innerhalb der eigenen Reihen. Denn von den 50 Personen aus dem Umfeld
Schillings, die mit dem Standard gesprochen haben, sind immerhin auch
Personen aus dem Grünen Klub. Parteiinterne Bestrebungen, den Wahlkampf zu
sabotieren, sind eher unwahrscheinlich. Doch stützt der Standard seinen
Bericht ohnehin nicht auf Plausibilitäten, sondern auf eidesstattliche
Versicherungen einzelner Personen, Akten und Chats – so, wie es sich gehört
für eine Recherche, die journalistische Qualitätsstandards erfüllt.
## Strengere Maßstäbe bei Frauen
Indem Kogler die Glaubwürdigkeit gut recherchierter Berichte aus taktischen
Gründen in Abrede stellt, bedient er einen postfaktischen Diskurs, der
suggeriert, dass Fakten Glaubenssache sind. Würdig ist dieser Auftritt
einer Partei, die sich auch in der EU als Teil einer Front gegen
demokratiefeindliche Parteien begreift, nicht. Denn in Zeiten alternativer
Medienkanäle und Fake News müssten sie als solche auch für sie ungünstige
Fakten erst einmal zur Kenntnis nehmen.
Ob die Vorwürfe nun ein Disqualifikationsmerkmal für Schilling darstellen,
ist eine andere Frage. In der Pressekonferenz verwies Kogler darauf, dass
Frauen in der Öffentlichkeit an strengeren Maßstäben als Männer gemessen
werden. Klar, in das Stereotyp der manipulativen und missgünstigen
Karrierefrau lassen sich die Vorwürfe natürlich bestens einspeisen. Dennoch
ist dieser Punkt nicht relevant für die Frage, ob die Recherchen des
Standard nun glaubwürdig sind oder nicht, sondern nur dafür, wie anhand von
ihnen über Schilling geurteilt wird.
Aktuell sieht es für die Grünen [4][bei den EU-Wahlen] düster aus. Auf den
ersten Platz kommt in Österreich laut einer Umfrage mit 26 Prozent die
rechtsextreme FPÖ, die Grünen würden aktuell 14 Prozent wählen. Die
aktuelle Causa und ihr mediales Nachspiel dürften dazu zwar nicht allzu
viel beigetragen haben, dennoch verweist sie auf einen wichtigen Punkt in
der Frage, was es bedeutet, sich als Partei gegen Rechtsextreme zu
positionieren. Nicht nur proklamierte Werte gehören dazu, sondern auch eine
politische Praxis, die sich stets an der eigenen demokratiepolitischen
Verpflichtung ausrichtet. Koglers Pfui-Bäh-Pups-Politik tut das nicht.
13 May 2024
## LINKS
[1] /Oesterreichs-gruene-EU-Spitzenkandidatin/!6006312
[2] /Oesterreichs-gruene-EU-Spitzenkandidatin/!6006312
[3] /Bundeskongress-in-Linz/!5774759
[4] /EU-Migrationsprojekt-2024/!6008673
## AUTOREN
Lara Ritter
## TAGS
Österreich
FPÖ
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