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# taz.de -- Extreme Dürre in Griechenland: Inseln ohne Wasser
> Naxos, Paros, Mykonos, Santorin: Die Kykladeninseln in der Ägäis leiden
> unter einer heftigen Dürre. Das spüren Landwirte und Touristen.
Bild: Ganz schön und ganz schön trocken: die Ägäisinsel Mykonos
Athen taz | Anfang April strahlt die Sonne aus einem tiefblauen Himmel auf
die Kykladen in der Ägäis. Die Lufttemperaturen kratzen schon die
30-Grad-Marke, während die Inselbewohner sich fieberhaft auf die
einträgliche Tourismussaison vorbereiten. Eine Idylle, möchte man meinen.
Der Haken: Die Wasserreservoirs sind leer.
„Auch 2023 war ein schlechtes Jahr“, sagt Kostas Lagovardos,
Forschungsleiter am Nationalen Observatorium in Athen. „Seit 2020 liegt die
Niederschlagsmenge weit unter dem langjährigen Durchschnitt. Besonders auf
den Kykladen, wo die Regenzeit ohnehin maximal nur fünf Monate dauert,
braucht es nur zwei schlechte Jahre, um ein Problem zu haben. Jetzt sind es
schon vier Jahre.“ Und Besserung ist nicht in Sicht.
Beispiele: Auf der Kykladeninsel Andros fiel im Gesamtjahr 2023 nur 363
Millimeter Regen. Der Durchschnitt liegt dort bei 506 Millimeter. Auf der
Nachbarinsel Tinos waren es 299 Millimeter bei einem Durchschnitt von 330
Millimeter, in Naxos 270 Millimeter (Durchschnitt: 306 Millimeter), in Ios
195 Millimeter (Durchschnitt: 285 Millimeter). Zum Vergleich: In Berlin
fällt pro Jahr im Schnitt etwa 600 Millimeter Regen, deutschlandweit sind
es im langjährigen Durchschnitt rund 800 Millimeter pro Jahr.
Die unweigerliche Folge kurz vor dem trockenheißen Sommer mit eingebauter
Sonnengarantie: „Die Wasserreservoirs auf den Inseln sind leer. Viele
Kykladeninseln werden in diesem Sommer mit Problemen zu kämpfen haben. Die
ersten Opfer werden die Landwirte und Viehzüchter sein. Wenn es nicht
regnet, gibt es keine Vegetation, sodass die Landwirte Futtermittel für ihr
Vieh kaufen müssen. Letztes Jahr haben die Bauern auf Naxos Kleeballen aus
Bulgarien kaufen müssen“, erklärt Elias Nokas, Leiter der Wasserdirektion
Südägäis.
## Kartoffelbauern fürchten Dürre
Kartoffeln, Fleisch, Käse: Naxos ist die einzige Insel auf den Kykladen,
die über eine nennenswerte Landwirtschaft verfügt.„Naxos verfügt über zwei
Staudämme. Vor einem Jahr hatten sie 375.000 Kubikmeter Wasser, dieses Jahr
sind es lediglich 30.000 Kubikmeter“, offenbart Dimitris Lianos,
Bürgermeister der Insel.
„Dieses Jahr werden wir zu kämpfen haben. Wir wollen uns nicht nur um den
Tourismus kümmern, sondern auch um unsere Landwirtschaft und Viehzucht. Die
Kartoffelbauern denken bereits darüber nach, dieses Jahr nicht zu pflanzen,
weil sie selbst nicht in der Lage sein werden, zu bewässern. Es wird für
alle ein schwieriges Jahr werden“, sagt er.
„Für alle“ heißt auch für die Touristen. Sie werden in diesem Sommer ern…
zahlreich auf den Kykladen erwartet. Auf den Inseln, die fast
ausschließlich vom Tourismus leben, verschlimmern die gegenwärtig leeren
Stauseen die ohnehin schon schwierige Situation.
Beispiel Mykonos, die Partyinsel, die im Sommer von Urlaubern aus aller
Welt geradezu überschwemmt wird. „Die städtische Wasserversorgungs- und
Abwasserentsorgungsgesellschaft von Mykonos verfügt über zwei Staudämme und
zwei Entsalzungsanlagen, um die Insel mit Wasser zu versorgen“, erklärt
Dimitris Lazaridis, Chef des Unternehmens. „Der Staudamm im Ort Marathi hat
eigentlich eine Kapazität von drei Millionen Kubikmetern, der Staudamm in
Ano Mera weist eine Kapazität von einer Million Kubikmetern auf. Wegen der
anhaltenden Trockenheit sind beide fast leer und werden nicht genutzt.“
Parallel zur Dürre haben die Inseln in der Ägäis in den letzten Jahren
einen wahren Tourismusboom erlebt. Ob zum Duschen, Kochen oder Trinken, die
Besucher erhöhen Wassernutzung und -verbrauch drastisch. In Santorin etwa
lag sie nach Angaben der hiesigen Wassergesellschaft im Jahr 2013 noch bei
929.000 Kubikmetern, 2023 waren es schon 2,36 Millionen Kubikmeter. Die
Tendenz ist steigend.
Auf Mykonos – im Winter ein beinahe gottverlassener Ort – beläuft sich der
Gesamtverbrauch von Wasser wegen der allsommerlichen Touristenflut sogar
auf rund 3 Millionen Kubikmeter. Wer auf Mykonos baut, deckt seinen Bedarf
entweder mit privaten Bohrlöchern, die überpumpt werden – was zu einer
schlechten Wasserqualität führt –, oder er kauft Wasser.
Die biologische Kläranlage von Mykonos ist für höchstens 50.000 Einwohner
ausgelegt. Im Sommer müssen jedoch täglich über 100.000 Menschen versorgt
werden. Das Gros sind Touristen. „Beim Wasserverbrauch hat der Tourismus
das Sagen“, sagt Elias Nokas von der Wasserdirektion Südägäis. Die derzeit
31 Entsalzungsanlagen seien dabei schlicht „nicht ausreichend“, erklärt er.
## Der Klimawandel verschärft das Problem
Zur extremen Dürre kommen die steigenden Lufttemperaturen in ganz Hellas
hinzu, einschließlich der Kykladen. Der diesjährige Winter war der wärmste
seit Beginn der Aufzeichnungen in Griechenland. Dies haben Analysen des
Nationalen Observatoriums von Athen auf Grundlage der Daten des Climate
Change Services (C3S) des europäischen Copernicus-Programms ergeben.
[1][Konkret waren die Monate Dezember, Januar und Februar in Griechenland
durch lange Perioden hoher Temperaturen gekennzeichnet.] Sie lagen weit
über den normalen saisonalen Temperaturen: In Nordgriechenland lag die
durchschnittliche Höchsttemperatur um zwei bis drei Grad Celsius über dem
Durchschnittswert des Zeitraums von 1991 bis 2020, so die Analyse des
Nationalen Observatoriums von Athen. Im Rest des Landes waren die
Höchsttemperaturen zudem um ein bis zwei Grad Celsius höher als im Schnitt
der Jahre 1991 bis 2020. In den letzten zehn Jahren wurden die sechs
wärmsten Winter aller Zeiten in Griechenland verzeichnet. Obendrein weist
die durchschnittliche Höchsttemperatur für den Winterzeitraum von 1960 bis
einschließlich 2024 einen Anstieg von 1,8 Grad Celsius auf.
Zurück zur Ägäis: Die Folgen der sich verschärfenden Klimakrise sind fatal,
auch mit Blick auf das Meerwasser. Wie der Professor für Meeresbiologie an
der Universität der Ägäis, Drosos Koutsoumbas, betont, nahm die
Meerwassertemperatur in den letzten 30 Jahren um etwa 1,5 Grad Celsius zu.
Dies führe, so Koutsoumbas, zu einer „Tropisierung der Ägäis“, was zur
Invasion zahlreicher nichtheimischer Arten in das Mittelmeer geführt hat.
Festzustellen seien ferner die Versauerung des Meeres, also die Abnahme des
pH-Werts des Meerwassers, und die Zunahme des Säuregehalts, Hitzewellen im
Meer sowie der Anstieg des Meeresspiegels.
7 Apr 2024
## LINKS
[1] /Deutscher-Wetterdienst-zur-Klimakrise/!5997749
## AUTOREN
Ferry Batzoglou
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