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# taz.de -- Neues Missbrauchsgesetz: Ein Kompromiss, keine Zeitenwende
> Das neue sogenannte Missbrauchsgesetz schreibt Schutzkonzepte, Prävention
> und Forschung vor. Aber Betroffene warten noch immer auf einen
> Hilfsfonds.
Bild: Kinderschutz hat Priorität, aber kein Geld zur Unterstützung der Opfer …
Jetzt ist es also da, das Missbrauchsgesetz. Endlich. Denn der [1][Entwurf
zum UBSKM-Gesetz], wie es offiziell heißt, weil es die Belange der oder des
Unabhängigen Beauftragten für sexuellen Kindesmissbrauch (UBSKM) regeln
soll, hatte bis hierhin keinen leichten Weg. Es wurde lange gefordert, von
der Ampel schließlich im Koalitionsvertrag festgeschrieben und dann doch
von FDP-[2][Finanzminister Christian Lindner blockiert]. Geht jetzt alles
glatt, beschließt das Kabinett Ende Mai das Gesetz, zum Jahreswechsel kann
es in Kraft treten.
Klingt nach einer guten Nachricht. In Teilen zumindest. Mit dem Gesetz wird
die (oder der) Missbrauchsbeauftragte fest installiert, ähnlich wie der
Datenschutz-, die Wehr- und der Polizeibeauftragte.
Die Missbrauchsbeauftragte muss dem Parlament regelmäßig über das Ausmaß
von sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen berichten, ebenso welche
Maßnahmen dagegen ergriffen worden sind. Das ist wichtig, denn nur mit
knallharter Präsenz des Themas in der gesellschaftlichen Debatte bekommt es
das Gewicht, das es verdient. Laut der Weltgesundheitsorganisation erleben
etwa [3][zwei Kinder in jeder Schulklasse] sexuelle Gewalt. Manche
jahrelang, bis sie physisch und psychisch zerstört sind.
Daher verpflichtet das Gesetz Einrichtungen, die mit Kindern und
Jugendlichen arbeiten, dazu, Schutzkonzepte zu erarbeiten. Verankert im
Gesetz sind ebenso Prävention und Prävalenzforschung, Fortbildung für
Mediziner:innen und Familienrichter:innen. Der existierende
Betroffenenrat erfährt durch das Gesetz eine Aufwertung, auch können
Missbrauchsopfer künftig sie betreffende Akten in Jugendämtern, Heimen,
Vormundschaftsgerichten einsehen. Das blieb ihnen bislang verwehrt.
## Hilfsfonds fehlt
Und doch fehlt dem Entwurf ein wichtiges Element: Einen Hinweis auf einen
immer wieder geforderten Hilfsfonds, der Opfer materiell und immateriell
besser unterstützt, sucht man vergeblich. Betroffene werden nicht müde zu
beklagen, dass sie als Individuen zu wenig gesehen werden. So werde der
Aufarbeitung von [4][Missbrauchsfällen in den Kirchen], im Sport, [5][in
Heimen] zwar wichtige Aufmerksamkeit geschenkt. Aber die Effekte daraus
kämen bei den einzelnen Betroffenen nur selten an.
Der vorliegende Gesetzentwurf scheint eher dem Prinzip zu folgen: Bevor das
Gesetz (wieder) abgeschmettert wird, geben wir uns mit einem Kompromiss
zufrieden. Denn so ein Fonds kostet ja Geld. Der [6][Kinder- und
Opferschutz] hätte durch das Gesetz eine Zeitenwende erfahren können. Nun
ist es eher eine kleine, wenn auch wichtige Reform.
18 Apr 2024
## LINKS
[1] https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/gesetze/gesetz-zur-staerkung-der-struk…
[2] /Gesetz-gegen-sexuelle-Gewalt-an-Kindern/!5997916
[3] /Kampagne-gegen-sexuellen-Missbrauch/!5972564
[4] /Missbrauchsbeauftragte-Kerstin-Claus/!5988048
[5] /Zwischenbilanz-des-Hilfsfonds/!5059569
[6] /Gesetz-fuer-Kinderschutz-auf-Social-Media/!5987365
## AUTOREN
Simone Schmollack
## TAGS
sexueller Missbrauch
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