Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Nach der Wahl in Portugal: Rechter Premier braucht Sozialisten
> Portugals neuer konservativer Premier Luís Montenegro will eine
> Minderheitsregierung führen. Bisher stützt ihn nur der Rückhalt des
> Präsidenten.
Bild: Antonio Costa (rechts) begrüßt Luís Montenegro zu einem Treffen im Sao…
Madrid taz | Portugal bekommt erstmals seit acht Jahren wieder einen
konservativen Ministerpräsidenten. Der Spitzenkandidat des rechten
Wahlbündnisses Alianza Democrática (AD), Luís Montenegro, und sein
17-köpfiges Kabinett, sollten noch am Dienstagabend vereidigt werden.
Die AD hatte die portugiesische Parlamentswahl am 10. März mit 28,8 Prozent
sehr knapp gewonnen. Allerdings verfügt Montenegro nur über 80 der 230
Sitze im Parlament und ist damit weit von der Mehrheit in der Versammlung
der Republik entfernt.
Montenegro wird eine Minderheitsregierung führen. Die einzige Alternative
dazu wäre eine Koalition mit der rechtsextremen Partei Chega („Genug“). Die
Formation rund um den ehemaligen TV-Moderator André Ventura verfügt über 50
Sitze. Doch Ventura will Montenegro nur dann dauerhaft unterstützen, wenn
er mit am Kabinettstisch sitzen kann. [1][Montenegro lehnte ein solche
formale Koalition bisher strikt ab.]
Der Preis: eine Fundamentalopposition der extremen Rechten. Was dies
bedeutet, hat schon das Hin und Her bei der Bildung des
Parlamentspräsidiums in der vergangenen Woche gezeigt. Diese gelang erst im
zweiten Anlauf, nach dem die Sozialisten (PS), die über 78 Sitze verfügen,
Montenegro aus der Patsche halfen.
## Sozialisten wollen Montenegro nicht dauerhaft stützen
AD und PS einigten sich auf eine Rotation auf dem Posten des
Parlamentspräsidenten. Die ersten zwei Jahre gehen an die AD, die kommenden
zwei an die PS – wenn es denn überhaupt zu einer vier Jahre andauernden
Legislaturperiode kommt. Denn der Chef der Sozialisten, Pedro Nuno Santos,
besteht darauf, dass er für eine dauerhafte Unterstützung Montenegros oder
gar eine große Koalition nicht zur Verfügung stehen werde.
Der 51-jährige Anwalt Montenegro gehört seit 2002 dem portugiesischen
Parlament an. Seit 2022 ist er Vorsitzende der konservativen
Sozialdemokratischen Partei (PSD), die den Kern des Bündnisses AD
darstellt.
In seinem Kabinett sitzen mehrere erfahrene Politiker aus den Reihen der
Konservativen. Außenminister wird der langjährige Europaabgeordnete Paulo
Rangel. Das Finanzministerium führt künftig Joaquim Miranda Sarmento,
bisher Fraktionschef der PSD. Wirtschaftsminister wird Pedro Reis, früherer
Leiter der Behörde für Exportförderung und Auslandsinvestitionen. Sieben
der 17 Ministerposten gehen an Frauen, darunter Richterin Margarita Blasco
als Innenministerin.
Vor der Vereidigung des Kabinetts von Montenegro findet nicht, wie etwa in
Deutschland oder Österreich notwendig, eine Vertrauensabstimmung im
Parlament statt. Montenegro wird vereidigt, weil Staatspräsident Marcel
Rebelo de Sousa ihn ernannt hat.
## Ein Deal ist nicht ausgeschlossen
Wirklich ernst wird es deshalb erst am Donnerstag kommender Woche. Dann
muss Montenegro sein Regierungsprogramm im Parlament vorlegen und die
dortige Mehrheit hinter sich vereinen. Montenegro erklärte immer wieder, er
hoffe, dass ihn die Sozialisten regieren lassen. Diese könnten tatsächlich
– im Gegenzug für Sozialmaßnahmen im Regierungsprogramm – einwilligen.
Damit wäre der AD-Chef erst mal wirklich im Amt.
Doch dann kommt der Regierungsalltag. Montenegro muss für jede Maßnahme
eine eigene Mehrheit verhandeln oder per Dekret regieren. Letzteres ist
möglich, aber unterliegt einem Kontrollmechanismus durch das Parlament.
Wenn nur 10 der 230 Angeordneten eine Debatte zur Beurteilung der Maßnahme
fordern, muss diese stattfinden. Chega hat 50 Abgeordnete und kann dies
leicht durchsetzen.
So richtig ernst wird es für Montenegro schließlich mit der
Haushaltsdebatte im Herbst. Dann wird er einmal mehr auf die Sozialisten
zugehen müssen, will er nicht mit Chega zusammengehen. Einmal mehr könnten
soziale Maßnahmen einen solchen Pakt ermöglichen. Sicher ist nur:
Montenegro wird mindestens sechs Monate im Amt sein. Denn solange darf
Präsident Rebelo de Sousa laut Verfassung keine Neuwahlen ausrufen.
2 Apr 2024
## LINKS
[1] /Nach-Wahl-in-Portugal/!5999603
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Portugal
Marcelo Rebelo de Sousa
Sozialisten
Parlamentswahl
Portugal
Portugal
Portugal
Portugal
## ARTIKEL ZUM THEMA
50 Jahre Nelkenrevolution in Portugal: Panzer und Blumen
Am 25. April 1974 beendete ein Putsch die rechte Diktatur in Portugal.
Zeitzeugin Helena Rato erinnert sich.
Unter linker Regierung: Portugal hat Haushaltsüberschuss
Das als Schuldensünder bekannte Land hat viele Fortschritte gemacht. Dazu
gehören enorme Sparanstrengungen, die sich nun auszahlen.
Rechtsruck in Portugal: Es bleibt Ratlosigkeit
Die Niederlage der Sozialisten in Portugal hat mit Logik wenig zu tun. Sie
liegt aber auch an eigenen Versäumnissen.
Vorgezogene Parlamentswahlen: Rechtsruck in Portugal
Konservative gewinnen knapp vor den Linken, doch die rechtsextreme Partei
Chega vervierfacht ihre Sitze. Die Regierungsbildung wird sehr schwierig.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.