| # taz.de -- UN-Plastikabkommen: Viel Stoff für Verhandlungen | |
| > In Rekordzeit wollen die Vereinten Nationen ein Abkommen gegen | |
| > Plastikmüll beschließen. Sonntag startet die vorletzte Verhandlungsrunde. | |
| Bild: Ist das schon zirkulär? Plastikrecycling in Belgien | |
| Berlin taz | Das Problem ist so groß wie das Vorhaben, es zu lösen: | |
| Plastikmüll in der Umwelt. Am Sonntag startet in Ottawa die vorletzte | |
| Verhandlungsrunde für ein globales UN-Abkommen gegen Plastikmüll. Der Ball | |
| müsse jetzt auf den Elfmeterpunkt gelegt werden, damit er Anfang nächsten | |
| Jahres im Tor lande, heißt es aus Verhandlungskreisen. Bislang ist | |
| allerdings nicht mal das Stadion ausgemessen. | |
| [1][Die Interessen der rund 180 Staaten liegen nämlich weit auseinander], | |
| die kaum lesbaren 69 Seiten des Textentwurfes bieten ein buntes | |
| Durcheinander verschiedener Vorstellungen und Optionen. Nach der | |
| vergangenen Verhandlungsrunde in Nairobi im Herbst hatten ambitionierte | |
| Staaten, die sich für ein wirkmächtiges Abkommen einsetzen – etwa | |
| Deutschland, Schweden, der Senegal und Ruanda – frustriert zur Kenntnis | |
| nehmen müssen, dass vor allem Erdölstaaten wie Saudi-Arabien und Russland, | |
| aber auch Südafrika und Ägypten die Verhandlungen blockierten. | |
| Bislang konnten sich die Länder nicht einmal auf Verfahren einigen. Offen | |
| ist etwa, in welchen Fällen Mehrheitsentscheidungen ausreichen und wann | |
| Einstimmigkeit notwendig ist. So werden die Staaten in Ottawa klären | |
| müssen, über welche Themen sie nach welchen Regeln verhandeln. | |
| Dabei gibt es zwei ganz unterschiedliche Herangehensweisen: „Wir müssen den | |
| Fokus auf den Anfang der Wertschöpfungskette legen“, formuliert etwa Carla | |
| Wichmann, Koordinatorin des zivilgesellschaftlichen Bündnisses Exit | |
| Plastik, dem unter anderem die großen Umweltverbände angehören. Das Ziel | |
| müsse eine echte Kreislaufwirtschaft sein, „die Ressourcen spart und frei | |
| ist von schädlichen Chemikalien“, sagt Wichmann. Das bedeutet, weniger | |
| Plastik zu produzieren, mit Obergrenzen oder Verboten etwa von | |
| Einwegverpackungen. „Wir können uns nicht aus der Krise rausrecyceln“, sagt | |
| Wichmann. | |
| ## „Höchste Zeit zu handeln“ | |
| Doch genau hier setzt etwa der Wirtschaftsverband Plastics Europe an. Der | |
| effektivste Weg, um die Transformation von einer linearen zu einer | |
| zirkulären Wertschöpfungskette für Kunststoffe zu beschleunigen, bestehe | |
| darin, „dass das UN-Plastikabkommen Kunststoffabfälle als wertvollen | |
| Rohstoff behandelt“, sagt Virginia Janssens, Geschäftsführerin von Plastics | |
| Europe. „Je wertvoller Kunststoffabfälle sind, desto mehr Anreize gibt es, | |
| sie wiederzuverwerten und zu recyceln, anstatt sie wegzuwerfen, zu | |
| verbrennen oder zu deponieren“, so Janssens. | |
| Je nach Ansatz sind unterschiedliche Instrumente nötig: Plastiksteuern, | |
| Mehrwegpflichten, Obergrenzen für Produktionsmengen hier – Einsatzquoten | |
| für Recyclingplastik, Vorgaben für Sammelquoten und Forschung für | |
| chemisches Recycling dort. Vor allem auf chemisches Recycling setzt die | |
| Industrie: Dabei werden unterschiedliche Kunststoffsorten eingeschmolzen | |
| und zu neuwertigem Granulat verarbeitet. Die Umweltverbände lehnen das | |
| ressourcenintensive Verfahren ab. | |
| [2][Die Herausforderung in Kanada ist nun, die unterschiedlichen | |
| Vorstellungen in einen Text zu bringen], der dann im nächsten Jahr | |
| abschließend verhandelt werden kann. Es sei „höchste Zeit zu handeln“, | |
| heißt es aus dem Bundesumweltministerium. Demnach gelangen jedes Jahr | |
| weltweit zwischen 4,8 und 12,7 Millionen Tonnen Plastik in die Ozeane. Bis | |
| Mitte des Jahrhunderts könnte sich diese Menge verdreifachen. | |
| 19 Apr 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Heike Holdinghausen | |
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