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# taz.de -- Tödlicher Brandanschlag in Solingen: Trauerkundgebung für die Opf…
> Nach dem mutmaßlichen Mord an einer Familie in Solingen wird am
> Donnerstag um die Opfer getrauert. Ein rassistisches Motiv ist nicht
> auszuschließen.
Bild: Beim mutmaßlichen Brandanschlag in Solingen ist eine vierköpfige bulgar…
Solingen/Berlin dpa/taz | Nach dem [1][mutmaßlichen Brandanschlag auf ein
Mehrfamilienhaus mit vier Toten] haben mehrere Vereine für Donnerstag zu
einer Trauerkundgebung in Solingen aufgerufen. Der „Türkische Volksverein
Solingen und Umgebung“, die „Armin T. Wegner Gesellschaft“, die
„Antifaschist*innen aus dem Bergischen Land“ und der „Solinger Appell“
riefen dazu auf, gemeinsam um 17 Uhr vor dem Haus in der Grünewalder Straße
69 zu trauern.
Man trauere um die vierköpfige bulgarische Familie und sorge sich um die
Schwerverletzten. Beim Großbrand am 25. März in dem Mehrfamilienhaus sind
neben den 28 und 29 Jahre alten Eltern ihr drei Jahre altes Kleinkind und
ein fünfmonatiger Säugling gestorben. Weitere Bewohner verletzten sich
teils schwer. Weil der Fluchtweg über das Treppenhaus versperrt war, waren
einige Bewohner aus den Fenstern gesprungen.
In dem gemeinsamen Aufruf kritisierten die Vereine, dass die
Staatsanwaltschaft keine Anhaltspunkte für ein rassistisches Motiv sehe.
„Das sehen wir nach den Erfahrungen mit dem mörderischen Brandanschlag von
Solingen 1993, nach den NSU-Morden, nach Hanau und Halle anders“, hieß es
im Aufruf, „die aktuell laufende rassistische Mobilisierung erinnert –
nicht nur uns – an die gesellschaftliche Stimmung der Neunziger Jahre vor
Rostock, Mölln und Solingen.“
Der mutmaßliche Brandanschlag schockierte viele Menschen, weil das
katastrophale Feuer nicht nur bei vielen Solingern schlimme Erinnerungen
geweckt hat: Im Mai 1993 waren bei einem rassistischen Brandanschlag fünf
Menschen ermordet worden. Es war einer von vielen Anschlägen einer
bundesweiten Welle rechter Gewalt Anfang der neunziger Jahre auch im Zuge
der damaligen „Asyldebatte“.
## Bewohner mehrheitlich mit Migrationshintergrund
Tatsächlich war vor anderthalb Jahren im selben Haus schon einmal ein Feuer
gelegt worden, [2][wie der WDR berichtete] – damals ebenfalls im
Treppenhaus. Der Sozialdezernent der Stadt Jan Welzel sagte, er sei
zutiefst schockiert und sprach den Hinterbliebenen sein Mitgefühl aus. Er
sicherte Betroffenen unbürokratische und schnelle Hilfe zu. Insgesamt sind
demnach 30 Personen von dem Brand betroffen.
In dem mutmaßlich vorsätzlich in Brand gesetzten Solinger Mehrfamilienhaus
haben laut Staatsanwaltschaft auch weitere Menschen mit
Migrationshintergrund gewohnt. „Das Haus war zweifellos auch von Migranten
bewohnt“, sagte ein Sprecher der Wuppertaler Staatsanwaltschaft am
Donnerstag. Der Islamverband Ditib hatte in einer Mitteilung vom
Mittwochabend angegeben, das Feuer sei „in einem mehrheitlich von Menschen
mit Migrationshintergrund bewohnten Haus“ gelegt worden.
Die Staatsanwaltschaft geht von vorsätzlicher Brandstiftung aus. In dem
hölzernen Treppenhaus seien Reste eines Brandbeschleunigers nachgewiesen
worden, hatte die Ermittlungsbehörde am Mittwoch erklärt. Ermittelt werde
wegen Mordes und versuchten Mordes. Anhaltspunkte für ein
„fremdenfeindliches Motiv“ lägen aus Sicht der Staatsanwaltschaft nicht
vor. Allerdings geht auch die Behörde davon aus, dass es sich bei den
Getöteten wahrscheinlich um eine aus Bulgarien kommende Familie handelt,
eine Identifizierung stand aber noch aus.
## Auch die Schwerverletzten bulgarisch
Der Sprecher der Staatsanwaltschaft ergänzte am Donnerstag, man gehe
derzeit davon aus, dass es sich neben der getöteten Familie auch bei einer
weiteren schwer verletzten Familie um Bulgaren handele. Ob unter den
Bewohnern womöglich weitere Nationalitäten vertreten seien, könne man noch
nicht sagen.
Nach Angaben der Türkisch-Islamischen Union Ditib (Köln) sind bis auf eine
Person alle Hausbewohner „türkischstämmige Muslime aus Bulgarien oder der
Türkei“. Bei der getöteten Familie handelt es sich dem Islamverband zufolge
um eine „muslimische Familie mit bulgarischer Staatsbürgerschaft“.
Die Ditib-Gemeinde vor Ort habe bereits erste Gespräche mit den
Hinterbliebenen aufgenommen. Bewohner waren in der Nacht zu Dienstag in
Todesangst aus dem etwa 100 Jahre alten brennenden Altbau auf die Straße
gesprungen. Laut Mitteilung der Stadt Solingen wurden drei Menschen schwer
verletzt. Weitere fünf Personen erlitten der Staatsanwaltschaft zufolge
ebenfalls Verletzungen, aber weniger schwer.
Viele Politiker*innen und politische Initiativen forderten Aufklärung.
So mahnte die Amadeu Antonio Stiftung auch mit Blick auf den Brandanschlag
von 1993 „umfassende Ermittlungen“ an. Die Staatsanwaltschaft habe in
„kürzester Zeit verkündet, es läge kein ‚fremdenfeindliches Motiv‘ vor.
Hinweise für das Gegenteil liegen aber auch nicht vor“, schrieb die
Stiftung. Es stelle sich die Frage, ob die Lehren aus der Vergangenheit
ignoriert werden: Bevor der Fall vorschnell zu den Akten gelegt werde,
brauche es jetzt umfassende Ermittlungen – „die Geschichte hat zu oft
gezeigt, dass Rassismus in Deutschland eine tödliche Realität ist“. (mit
dpa)
28 Mar 2024
## LINKS
[1] /Brandanschlag-in-Solingen/!6001088
[2] https://www1.wdr.de/nachrichten/brandstiftung-feuer-in-solingen-wurde-laut-…
## AUTOREN
Gareth Joswig
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
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