# taz.de -- Trinkwasserversorgung in Niedersachsen: Klimakrise wird teuer | |
> Bei den Harzwasserwerken muss eine Talsperre erhöht werden. Die | |
> Stadtwerke fürchten die Kosten. Einige wollen offenbar aus dem Konsortium | |
> aussteigen. | |
Bild: Soll um zwölf Meter erhöht werden: Granetalsperre im Harz | |
HAMBURG taz | Es ist ein Unternehmen, von dem Millionen Menschen täglich | |
abhängig sind. Nun aber könnte Niedersachsens größter Wasserversorger, die | |
Harzwasserwerke, zum Spielball rein finanzieller Interessen werden. Nach | |
Berichten der Braunschweiger Zeitung und der Goslarschen Zeitung denken | |
mehrere Stadtwerke, allen voran BS Energy aus Braunschweig, darüber nach, | |
ihre Beteiligungen an den Wasserlieferanten zu verkaufen. Den Berichten | |
zufolge werden ihnen [1][die Investitionen, die in Folge der Klimakrise | |
notwendig sind], zu viel. | |
Rund 90 Millionen Kubikmeter Wasser liefert das Unternehmen an die | |
regionalen Stadtwerke zwischen Göttingen, Bremen und Wolfsburg und an große | |
Industrieunternehmen wie etwa Volkswagen. Eigenen Angaben zufolge versorgen | |
die Harzwasserwerke rund zwei Millionen Menschen mit Trinkwasser. | |
Die Stadtwerke, die von den Harzwasserwerken beliefert werden, sind in | |
weiten Teilen auch Gesellschafter des Unternehmens. Bis Mitte der 1990er | |
Jahre waren die Harzwasserwerke Eigentum des Landes Niedersachsen. Dann | |
beschloss die Landesregierung unter dem damaligen Ministerpräsidenten | |
Gerhard Schröder (SPD) den Verkauf. Mit dem Erlös sollten Haushaltslöcher | |
gestopft werden. | |
Der Verkauf des Wasserlieferanten brachte dann allerdings nur | |
vergleichsweise geringe 220 Millionen Mark ein. Ein von der heute nicht | |
mehr existierenden PreussenElektra geführtes Konsortium übernahm die | |
Harzwasserwerke, dem sich dann auch die Kunden, also verschiedene | |
Stadtwerke und kommunale Wasserverbände, anschlossen. | |
## Talsperren müssen erhöht werden | |
Bisher war das kein schlechtes Geschäft, denn in der Vergangenheit machten | |
die Harzwasserwerke verlässlich Gewinn. Sieben bis neun Millionen Euro pro | |
Jahr waren es im Schnitt, von denen wiederum zwei bis vier Millionen Euro | |
ausgeschüttet wurden. Doch das dürfte sich in absehbarer Zeit ändern und | |
soll nach einem Bericht der Braunschweiger Zeitung auch Anlass für die | |
Gedankenspiele der Gesellschafter sein: Angesichts der von der Klimakrise | |
ausgelösten Veränderungen kommen auf die Harzwasserwerke hohe | |
Investitionskosten zu. | |
Bisher betreibt das Unternehmen sechs Talsperren im Harz. Das dürfte aber | |
künftig wohl nicht mehr für eine verlässliche Speicherung ausreichen, | |
[2][weil längeren Trockenphasen von Frühling bis Herbst besonders | |
regenreiche Monate im Winter gegenüberstehen.] „Wir machen uns ein Stück | |
weit Sorgen um unser Wasser“, sagte Niedersachsens Umweltminister Christian | |
Meyer (Grüne) Anfang vergangenen Jahres, als die Harzwasserwerke | |
ankündigten, die Granetalsperre deutlich erhöhen zu wollen. | |
Dort sammelt sich rund die Hälfte des Talsperren-Trinkwassers in | |
Niedersachsen. Die Sperre soll um zwölf Meter erhöht werden, um das | |
Fassungsvermögen um 50 Prozent zu vergrößern. Auch wurde der Bau einer | |
weiteren Talsperre ins Gespräch gebracht. Die Landesregierung unterstützt | |
das und hat immerhin den Großteil der Kosten für die laufende | |
Machbarkeitsstudie übernommen. | |
[3][Weil in den vergangenen Jahrzehnten vielerorts Überschwemmungsgebiete | |
entlang von Flüssen verkleinert wurden,] kommt den Talsperren in | |
Hochwasserphasen eine wachsende Bedeutung zu. Das zeigte sich zuletzt auch | |
über den Jahreswechsel: Die anhaltenden Regenfälle sorgten für zahlreiche | |
Überschwemmungen in Niedersachsen, ohne die Talsperren wäre es wohl noch | |
schlimmer geworden. „Durch die Regulierung der Wasserabgabe sind noch | |
höhere Wasserstände und weitere Überschwemmungen in tiefer gelegenen | |
Regionen vermieden worden“, teilten die Harzwasserwerke Mitte Januar als | |
Fazit mit. | |
## Kaum städtischer Einfluss | |
Wie weit die Überlegungen der Stadtwerke zu einem Verkauf der Anteile | |
fortgeschritten sind, ist unklar. BS Energy erklärte der Braunschweiger | |
Zeitung, darüber gebe es noch keine Entscheidung. Auf Nachfrage der taz | |
wollte sich das Unternehmen nicht mehr dazu äußern. | |
Die örtliche CDU jedenfalls kritisierte nun die Überlegungen vehement, weil | |
die Trinkwasserversorgung und der Hochwasserschutz in Zeiten des | |
Klimawandels immer sensibler werde. Es ist allerdings auch der CDU zu | |
verdanken, dass die Stadt Braunschweig geringen Einfluss darauf hat: Als | |
die CDU noch Braunschweig regierte, privatisierte sie ebendiese Stadtwerke. | |
3 Apr 2024 | |
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## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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