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# taz.de -- Die Wahrheit: Speisefisch im Feinsediment
> Die lustige Tierwelt und ihre ernste Erforschung (190): Der Forelle geht
> die Kinderstube verloren, kaum ein Bächlein ist noch helle.
Bild: Die agile Cutthroat-Forelle aus Nordamerika ist viel netter, als ihr Name…
Bremen hat der Tierwelt mehr zu bieten als das allseits bekannte
Stadtmusikanten-Märchen einer gelungenen Nutztierflucht. In der Hansestadt
wurde die Abiturientin Leonie Prillwitz Landessiegerin im „Jugend
forscht“-Wettbewerb – mit ihren Erkenntnissen über den Einfluss von
Feinsedimenten auf Bachforellenlaich. Sie fragte sich bei ihren
Experimenten im Keller ihrer Großmutter, welchen Einfluss der Eintrag von
Sand, Schotter und Erde in Gewässer für die Fischbrut hat. Sie kam zu dem
Ergebnis: Vor allem viel Regen, der solches ins Wasser schwemmt, ist
schlecht, denn dadurch wird die Fischbrut mit Sediment bedeckt, bekommt zu
wenig Sauerstoff und die Brütlinge ersticken.
Da landauf, landab kleine Bäche renaturiert werden, sind hierzulande viele
neue Habitate für Forellen entstanden. Dennoch sind ihre Bestände
gefährdet, 2013 wurden sie deswegen zum „Fisch des Jahres“ gewählt. Neben
den freien Forellen gibt es immer mehr Forellenzuchtanlagen und
„Aquakulturen“. Einige sind pervers: Die Fische werden in Becken gesetzt
und gegen Bezahlung rausgeangelt. Andere haben eine ungesund hohe
Besatzdichte in ihren Becken, aus denen die Tiere möglichst schnell
schlachtreif verkauft werden. Fischfreundlichere Zuchtanlagen wie etwa die
des Angelsportvereins Forelle Rielasingen-Worblingen ziehen jährlich 40.000
Fische auf (anderswo sind es 100.000). Sie werden zum Teil in zwei Flüssen
ausgesetzt, der Restbestand darf langsam wachsen – bis man die Fische nach
zwei Jahren zu Festanlässen schlachtet.
## Getauschte Invasoren
Man unterscheidet bei diesen „Lachsfischen“ zwischen wandernden
Meerforellen und im Süßwasser lebenden Seeforellen. Zu den letzteren zählen
die Bachforellen und aus Nordamerika eingeführte Regenbogenforellen, die
vom Deutschen Fischereiverein an Fischzüchter verteilt wurden. Laut
Wikipedia wird sie heute jedoch in vielen Forellenbächen und -flüssen unter
anderem mittels Gesetzesauflagen verfolgt, weil sie die Bachforellen
verdrängt.
Ein Invasoren-Tausch: „Bei uns wurde Ende des 19. Jahrhunderts die
Regenbogenforelle eingeschleppt, zur selben Zeit, als die Bachforelle nach
Amerika kam,“ heißt es in der Dissertation der Wiener Universität für
Bodenkultur von Günther Unfer: „Zur Ökologie der Bachforelle unter
besonderer Berücksichtigung des ersten Lebensjahres“ (2012). Der Autor
kommt darin zu einem ähnlichen Ergebnis wie Leonie Prillwitz: „Bachforellen
laichen in Schotter, wobei ein Korndurchmesser von ca. 20 mm optimale
Voraussetzungen bietet. Durchlässiges Substrat ist Voraussetzung dafür,
dass die Eier ausreichend von Wasser umspült und so mit Sauerstoff versorgt
werden. Weibliche Tiere graben durch Schwanzschläge ein ‚Nest‘ in den
Schotter der Sohle, in das die Eier abgelegt werden. Nach dem Ablaichen
bedecken die Weibchen durch neuerliche Schwanzschläge die befruchteten Eier
mit Schotter und schützen sie so vor Fressfeinden und Abdrift.“
## Brut unter Düngemittel-Druck
Günther Unfer macht sich weniger Gedanken über die Einschwemmungen durch
Regen, sondern über das Frühlingshochwasser in den Alpenflüssen: „Unsere
Hypothese ist, dass das Risiko für Eier und Brut, durch Hochwasser
abgeschwemmt oder mechanisch zerstört zu werden, mit der Entfernung zur
Quelle zunimmt,“ schreibt er.
Die Forellenforschung von Prillwitz, Unfer und anderen dient letztlich der
besseren Vernutzung dieses Speisefisches. Es gibt aber noch eine ganz
andere Forellenforschung. Da wäre erstens der Braumeister Leipold von der
fast insolvent gegangenen „Peter-Brauerei“ der Frau Kowalsky in
Ostheim/Rhön zu nennen, der 1994 die „Bionade“ erfand, die beide reich
machte. Er richtete sich im Keller ihrer Villa ein Wasserlabor ein und
kreierte ein „Wunderwasser“, das er kostenlos in Flaschen abgefüllt an
Kranke abgab und außerdem die Quellen der kleinen Rhön-Flüsse damit
„heilte“, die unter zu großem Fäkalien- und Düngemittel-Druck litten.
Dieser tötet die Forellen, vor allem ihre Brut. Dem Braumeister ging es
aber nicht um die Fische, sondern um die Bäche als Ganzes, als Biotop.
Inspiriert hatte ihn die nahe limnologische Forschungsstation der
Max-Planck-Gesellschaft in Schlitz bei Fulda, namentlich deren Gründer und
Leiter Joachim Illies, der die Süßwasserinsekten im Breitenbach erforschte.
Dieser nur fünf Kilometer lange „Fluss“ gilt als das weltweit am Besten
erforschte Fließgewässer. Illies zweifelte im Laufe seines Nachdenkens über
„Leben“ immer mehr an der Evolutionstheorie. In seinem letzten Buch „Der
Jahrhundert-Irrtum“ (1982) schrieb er: Zwar gebe es eine schrittweise
Generationenkette von der Amöbe bis zum Menschen, aber der Darwinismus mit
seiner Reduktion auf Mutation und Selektion sei eine unzulässige
Vereinfachung allen Evolutionsgeschehens. Hinter der Evolution stehe mehr;
das sei etwas bisher Unverstandenes; dieses Unverstandene bilde die Brücke
zum Religiösen.
## Fischige „Wunderwaffe“
Des Weiteren wäre noch der im Böhmerwald geborene Förster Viktor
Schauberger zu nennen, der Holzschwemmanlagen konstruierte, die den
Holztransport enorm verbilligten. Dabei arbeitete er mit Holzflößern
zusammen, sie machten ihn auf Forellen aufmerksam, die in den Gebirgsbächen
nicht mit Hilfe eines Schwanzschlages hochschnellen, um Hindernisse zu
überwinden, sondern indem sie stehen bleiben und sich durch die
Wasserstrudel quasi hochschleudern lassen.
Schauberger folgerte dann aus eigenen Forellenbeobachtungen, dass sich das
herabstürzende Wasser in gewisser Weise „verzopft“ und dabei implosive
Kräfte entwickelt. Schließlich stellte er das ganze naturwissenschaftliche
Weltbild in Frage. Desungeachtet baute er Geräte zur Wasseraufbereitung als
„Transportmittel“ und zur Erzeugung „freier Energie“. Im Zweiten Weltkr…
prüfte man laut Wikipedia seine „Repulsatoren“ auf ihre Tauglichkeit als
„Wunderwaffe“. Im KZ Mauthausen entwarf er als Zivilangestellter 1944 einen
„Implosionsmotor“, um U-Boote „nach dem Prinzip der Forellenatmung
anzutreiben“. Von der Forelle lernen heißt siegen lernen, meinte dieser
Schlauberger, der ein Patent darauf besaß.
11 Apr 2024
## AUTOREN
Helmut Höge
## TAGS
Tierwelt
Fische
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Die Wahrheit
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Biologie
Zoologie
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