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# taz.de -- Internationaler Tag der Roma: Eine starke Bewegung
> Zum Romaday ist am Montag in allen Berliner Bezirken vor den Rathäusern
> die Roma-Flagge zu sehen. Ein wichtiges Zeichen, findet Andrea Wierich
> von Amaro Foro.
Bild: Himmel, Erde und ein Chakra als Verweis auf die indische Herkunft der Sin…
Heute wird in Berlin vor allen Bezirksrathäusern die Roma-Flagge gehisst.
Das ist ein starkes Zeichen. 2020 fing es an: Meine Kolleg*innen [1][von
Amaro Foro] haben frühzeitig alle Bezirke angeschrieben und ihnen
vorgeschlagen, am Weltromatag auf diese Art für mehr Sichtbarkeit zu
sorgen. In den ersten Jahren war das mitunter noch etwas chaotisch, mein
Kollege fuhr im Vorfeld durch die halbe Stadt und brachte Flaggen zu den
Rathäusern, weil nicht alle eine hatten.
Jetzt ist es endlich geschafft: Zum ersten Mal sind wirklich alle Bezirke
dabei. Manche verbinden das mit einer kleinen Zeremonie, bei der
Bezirksbürgermeister*innen ein paar Sätze sagt. Andere hissen nur
die Flagge – auch in Ordnung.
Dieses Zeichen ist nötiger denn je: Den Rechtsruck in der Gesellschaft
bekommen wir alle zu spüren, aber marginalisierte Gruppen spüren ihn früher
und stärker. Wir warnen seit Jahren davor. Wer von uns wäre wohl von einer
Deportation betroffen?
Für Menschen, die Roma sind oder dafür gehalten werden, hat sich
gesellschaftlich „nur“ eine ohnehin dramatische Situation weiter
verschärft. Antiziganismus ist eine der am weitesten verbreiteten und am
tiefsten verankerten Formen von Rassismus. Wir hatten hier in Berlin das
erste Projekt in Deutschland zur Erfassung von antiziganistischen
Vorfällen, die Dokumentationsstelle Antiziganismus, und die Fallzahlen
steigen jedes Jahr. Das bedeutet nicht nur Beleidigungen und Ausgrenzung,
sondern hat für die Betroffenen existenzbedrohende Konsequenzen.
Antiziganismus tötet.
Während im deutschen Fernsehen eine Runde von weißen Menschen sich darauf
einigt, dass die rassistische Fremdbezeichnung doch gar nicht so schlimm
sei, werden Rom*nja abgeschoben, wird das Asylrecht bis zur
Unkenntlichkeit reduziert. Menschen leben in täglicher Angst vor
Nazi-Angriffen und EU-Bürger*innen ohne deutsche Staatsbürgerschaft sind
rechtlich längst zu Menschen zweiter Klasse geworden, ohne dass es
irgendwen groß interessiert hätte.
Zuletzt waren es Rom*nja aus der Ukraine, gegen die in Medien dermaßen
gehetzt wurde, dass in Thüringen eine Geflüchtetenunterkunft wegen eines
Brandanschlags und der damit einhergehenden Bedrohungslage nicht bezogen
werden konnte.
Angesichts dieser Entwicklungen ist ein Zeichen wie das heutige von großer
Bedeutung. Wir stehen zusammen, wir alle sind diese Stadt und jede*r von
uns ist gleich viel wert. Dabei darf es jedoch nicht bleiben. Wir erwarten
von der Politik und übrigens auch von den Medien, dass sie dem Anspruch,
den sie heute formulieren, in ihrer Praxis auch an allen anderen Tagen des
Jahres gerecht werden. Nur als solidarische Gesellschaft werden wir dem
Rechtsruck wirklich etwas entgegensetzen können.
Dabei können wir übrigens von der Roma-Bewegung etwas lernen.
[2][Spätestens seit 1971] hat die weltweit sichtbare Erfolge errungen –
gegen enorme Widerstände. Sie hat einen langen Weg zurückgelegt. Der
Genozid wurde anerkannt, ebenso wie Antiziganismus als eine Form von
Rassismus erkannt wurde. Die Selbstbezeichnungen haben die rassistische
Fremdbezeichnung verdrängt und der Weltromatag wurde als Datum etabliert.
Das sind Erfolge, die kaum überschätzt werden können. Viel zu oft sind
Rom*nja für die Dominanzgesellschaft vor allem als Opfer sichtbar. Aber
dadurch wird zu viel unsichtbar. Niemand ist nur Opfer. Und gerade die
Roma-Bewegung hat eine beispiellose Kraft und Hartnäckigkeit gezeigt. Heute
ist der Tag, an dem das gefeiert und gewürdigt wird.
8 Apr 2024
## LINKS
[1] https://amaroforo.de/
[2] /50-Jahre-Roma-Emanzipationsbewegung/!5759110
## AUTOREN
Andrea Wierich
## TAGS
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