| # taz.de -- Eindrücke von der Leipziger Buchmesse: Literarisches Gedenken | |
| > Das Projekt „Stolpertexte“ erzählt Geschichten von Verfolgten des | |
| > NS-Terrors. 30 Autorinnen und Autoren beteiligen sich bislang daran. | |
| Bild: Ähnlich den Stolpersteinen erinnern die „Stolpertexte“, an die Opfer… | |
| Gerdy Stoppleman, die Gerdy Stoppelmann hieß, als sie in der Cottbusser | |
| Lessingstraße lebte, erinnerte sich so an den Abschied von ihren Eltern: | |
| „Selbst heute noch, nach 50 Jahren, habe ich immer noch das traurigste Bild | |
| im Gedächtnis: als ich mich auf dem Flughafen außerhalb Münchens von meinen | |
| Eltern verabschiedete, sie zum letzten Mal umarmend und küssend, sah ich in | |
| ihren Augen unendliche Hoffnungslosigkeit. Nachdem ich eine an Grausamkeit | |
| grenzende körperliche Untersuchung überstanden hatte, stieg ich ins | |
| Flugzeug ein – ich winkte meinen Eltern zu, und tapfer winkten sie zurück.“ | |
| Die Erinnerungen der deutschen Jüdin Gerdy Stoppelmann befinden sich im | |
| Archiv des Leo Baeck Instituts, zitiert werden sie von der ebenfalls aus | |
| Cottbus stammenden Autorin Ruth-Maria Thomas in ihrem literarischen Text | |
| „Der Himmel leuchtete rot“. | |
| Thomas sitzt am Donnerstag mit Ulrike Draesner, Norbert Hummelt und Karosh | |
| Taha an der Stirnseite des Veranstaltungsraums des Capa-Hauses in Leipzig. | |
| Dort stellte das Leo Baeck Institut New York/Berlin sein Literaturprojekt | |
| „Stolpertexte“ vor. Das Institut hat sein Archiv für Autorinnen und Autoren | |
| geöffnet, die sich wie Ruth-Maria Thomas auf die Spur von Lebenszeugnissen | |
| deutscher Juden im Nationalsozialismus begeben haben. Deren persönliche | |
| Dokumente hat das Institut über die Jahrzehnte hinweg gesammelt. | |
| Bisher 30 Autorinnen und Autoren haben sich an dem Projekt beteiligt, und | |
| neben den in Leipzig Vortragenden befinden sich unter ihnen Fred | |
| Breinersdorfer, Lena Gorelik, Olga Grjasnowa, Tanja Kinkel, Moritz Rinke, | |
| Tijan Sila, Dana von Suffrin und Julie Zeh. | |
| ## Manchmal nah an den Geschichten, manchmal fiktionalisiert | |
| Sie schufen literarische Texte, die, ähnlich den [1][Stolpersteinen des | |
| Künstlers Gunter Demnig], an diejenigen Menschen erinnern, die unter der | |
| Terrorherrschaft der Nazis verfolgt wurden. Manche dieser „Stolpertexte“ | |
| bleiben nah an den Geschichten der Exilierten und an ihrem überlieferten | |
| Material, andere collagieren und fiktionalisieren. | |
| Sie sollen in deutschen Zeitungen erscheinen, vor allem dort, wo die | |
| Menschen einst lebten, von denen sie handeln. Danach werden sie [2][auf der | |
| Webseite des Leo Baeck Instituts] New York zu finden sein und mit | |
| Originaldokumenten, Ton- und Filmaufzeichnungen sowie Aufzeichnungen von | |
| Autorenlesungen ergänzt werden. Ende des Jahres sollen sie bei Hentrich & | |
| Hentrich erscheinen, dessen Verlegerin die zahlreichen Gäste – der Raum ist | |
| bis zum letzten Platz gefüllt – durchs Programm führt. | |
| Mitinitiiert hat das Projekt der Publizist Matthias Pfeffer, der auch | |
| Direktor des Council for European Public Space ist. Eigens nach Leipzig | |
| gereist war David Brown vom Leo Baeck Institut New York. Er erinnerte an | |
| die „Volunteers“. Sie transkribierten die einst in Sütterlin geschriebenen | |
| Briefe und Erinnerungen, die nun literarisch weitergetragen werden. | |
| 23 Mar 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ulrich Gutmair | |
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