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# taz.de -- April, April!: Tüten für die Tonne
> Das Landesamt für Pflanzenschutz hat große Mengen eines Erregers in
> Hanfsamen festgestellt. Die erste legale Ernte nach dem Cannabis-Gesetz
> ist bedroht.
Bild: So sieht eine gesunde Ernte aus
Berlin taz | Der Zeitpunkt könnte schlechter nicht sein: Ausgerechnet zum
Start des legalen Anbaus von THC-haltigem Cannabis schlägt das Berliner
Pflanzenschutzamt Alarm: [1][In etlichen Proben importierter Hanfsamen]
wurden Sporen einer Pilzkrankheit entdeckt, die vielen Hobbygärtnern nicht
nur die erste Ernte verderben könnte. Botrytis famelica ist eine erst seit
wenigen Jahren bekannte [2][Variante des von Growern] ohnehin gefürchteten
Grauschimmels, die sich nach Angaben des Amts aber um ein Vielfaches
schneller ausbreitet.
„Dass der neue Erreger irgendwann in Europa und auch in Deutschland
ankommt, war zu erwarten“, sagt Jutta Dreher vom Pflanzenschutzamt, das im
Land Berlin unter anderem für die Überwachung von Saatgutimporten zuständig
ist. „Aber so schnell und in dieser Breite, damit hätten wir nicht
gerechnet.“ Ökologisch betrachtet sei die Pilzerkrankung zwar nur bedingt
problematisch, da sie lediglich Cannabis sativa befällt, dennoch betrachte
man das Phänomen mit Sorge.
Woher genau der neuartige Erreger stammt, ist laut Dreher unklar: „Auch
wenn der Handel mit Cannabis-Saaten nicht illegal ist, lassen sich die
Handelswege oft nur schwer zurückverfolgen.“ Vor allem in Kanada und
Australien sei der Pilz schon ein massives Problem. Nun hat er offenbar den
Sprung nach Europa geschafft. „Ich scheue den Vergleich mit Corona, aber im
Prinzip haben wir es in diesem sehr spezifischen botanischen Segment mit
einer Pandemie zu tun“, sagt die Wissenschaftlerin.
Botrytis famelica „hungert“ die Pflanzen regelrecht aus, sie können keine
Nährstoffe mehr aufnehmen und sterben ab. Wie bei anderen Pilzkrankheiten
tritt der sichtbare Befall erst kurz vor der Blüte ein. Die winzigen
Sporen, die nur unter einem hochauflösenden Mikroskop zu erkennen sind,
vermehren sich dann rasant in der Pflanze. Die schafft es nicht mehr, ihre
Blüten zu entfalten und fällt in sich zusammen. Behandeln lässt sich
Botrytis nicht, stattdessen muss das befallene Material entweder verbrannt
oder in luftdicht verschlossenen Tüten entsorgt werden.
## Behandeln lässt sich Botrytis nicht
[3][Für alle, die nach Verabschiedung des Cannabis-Gesetzes] schon ihr
erstes eigenes Gras wachsen hören, aber auch für viele BerlinerInnen, die
ihre Pflanzen schon ohne Genehmigung in der Wohnung oder im Garten ziehen,
ist das eine Hiobsbotschaft. Zumal die Sporen der neuen Botrytis-Variante
sich nicht nur über die Samen, sondern vor allem über die Luft verbreiten.
Im schlimmsten Fall droht der ersten legalen Ernte in der Kifferhauptstadt
ein Totalausfall. Die einzigen resistenten Cannabisvarianten, die bislang
bekannt sind, enthalten zwar den Wirkstoff CBD, aber so gut wie kein THC,
das für den begehrten Rausch verantwortlich ist.
Für Johanna Marin vom Deutschen Cannabisverein sind das bedrückende
Nachrichten. Gegenüber der taz gibt die Hanflobbyistin der weltweit
ausufernden Züchtung von genetisch „optimiertem“ Gras die Schuld: „Wir
glauben, dass die hemmungslose Produktion von Varianten, die in der Natur
nicht vorkommen, das Entstehen solcher Killerkrankheiten begünstigt.“ Der
Verband arbeite bereits an einer Petition, die den Bund auffordert, massiv
in die Entwicklung resistenter Sorten zu investieren.
„Ein gesunder Rausch ist nicht nur ein Menschenrecht, wie wir schon lange
betonen, sondern letztlich auch im Interesse des Staates“, findet Marin.
Dass bald Millionen von Kiffern die Grundlage dafür entzogen sein könnte,
werde am Ende nur den Missbrauch von Alkohol und synthetischen Drogen
befördern. „Da sollte auch die Politik sagen: Das kommt uns nicht in die
Tüte“, konstatiert die Aktivistin nüchtern.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Text erschien am 1. April. Entsprechend
sensibel sollte mit den Inhalten umgegangen werden.
1 Apr 2024
## LINKS
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[3] /Nordlaender-zur-Cannabis-Legalisierung/!5999755
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Cannabis
Legalisierung Marihuana
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