# taz.de -- Fast Fashion in Frankreich: Gesetz gegen Wegwerfmode | |
> Zu Tiefstpreisen können auf Online-Plattformen wie Shein oder Temu | |
> Kleider bestellt werden. Frankreich will das nun teurer und unattraktiver | |
> machen. | |
Bild: Viel, schnell, billig, fragwürdige Standards – eine Primark-Filiale in… | |
PARIS taz | Frankreich wird als erstes Land mit einem Gesetz gegen Umwelt- | |
und Sozialdumping des Ultra-Fast-Fashion-Sektors vorgehen. Einstimmig haben | |
die Abgeordneten der Nationalversammlung einer Vorlage zugestimmt, die | |
jetzt noch vom Senat gebilligt werden muss. Das Gesetz sieht unter anderem | |
vor, dass Konsument*innen besser darüber informiert werden müssen, wie | |
sich die Dumpingpreise auf Umwelt und Arbeitsbedingungen auswirken. | |
Der Begriff Ultra Fast Fashion bezeichnet ein Modesegment mit extrem | |
niedrigen Preisen und gleichzeitig extrem schnellen Produktionszyklen. Neue | |
Modelle kommen hier teilweise im Minutentakt auf den Markt, Waren wie | |
Schuhe oder Abendkleider gibt es für weniger als 10 Euro. Populärster | |
Händler ist die chinesische Plattform Shein. Unternehmen wie [1][H&M] oder | |
Zara zählen dagegen zum [2][Fast-Fashion-Sektor]. | |
Der französische Gesetzgeber will Ultra Fast Fashion nun eindämmen. Für die | |
schlimmsten Umweltsünder unter den Online-Textilunternehmen soll ein | |
Werbeverbot gelten. Auch Influencer sollen nicht mehr für Produkte dieser | |
Hersteller werben dürfen. Zudem sollen die geringen Preise der Unternehmen | |
durch Zuschläge ausgeglichen werden, die die Umwelt- und Sozialstandards | |
bei der Produktion berücksichtigen. | |
Die genauen Zahlen werden erst in den Ausführungsbestimmungen stehen, wenn | |
das Gesetz in Kraft tritt. In die Debatte hatte die Regierung aber einen | |
Zuschlag von 50 Prozent des Verkaufspreises eingebracht: Ein T-Shirt würde | |
dann, so die Händler die Preise weitergeben, statt 5 Euro 7,50 Euro kosten. | |
Ein Shein-Sprecher kritisierte daher, das französische Gesetz werde zu | |
Lasten der Kaufkraft der Kunden gehen. | |
## Drei Händler im Visier | |
„Die Textilindustrie gehört zu den größten Verschmutzern und ist für 10 | |
Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich“, erklärte die | |
Abgeordnete Anne-Cécile Violland von der Regierungspartei „Horizons“ im | |
Rahmen der Debatte vor der Nationalversammlung. Wenn nichts geschehe, | |
steige dieser Anteil bis 2050 auf 26 Prozent. | |
Und das rücksichtloseste Geschäftsmodell setzt sich durch: „Heute kommen 7 | |
von 10 Kleiderartikeln aus dem Lowcost-Bereich, wir sind mit einer | |
Quasi-Hegemonie der Tiefstpreismode konfrontiert“, sagt Julia Faure, | |
Gründerin der Modefirma Loom. Die Firma ist auch Mitglied des von mehreren | |
NGOs gegründeten Kollektivs „En Mode Climat“, das sich für eine | |
umweltverträglichere Textilproduktion einsetzt und das nun abgestimmte | |
Gesetz unterstützt. Die Initiative bemängelt allerdings, dass mit den darin | |
vorgesehenen Kriterien nicht auch für Modeketten wie Zara oder H&M | |
Zuschläge vorgesehen sind. | |
Im Visier der französischen Gesetzgebung stehen vor allem drei Händler: | |
Temu, Shein und Primark. Nicht nur jüngere Fashion-Addicts kennen diese | |
Firmen. Die ersten beiden funktionieren als reine Online-Plattformen, | |
Primark betreibt auch Filialen. | |
Dank aggressiver Marketing-Methoden stößt man ständig auf ihre preislichen | |
Tiefstangebote. Bezahlt von den Unternehmen tragen zahlreiche Influencer | |
das Ihre bei, um das laufend wechselnde und erweiterte Angebot der | |
Online-Kataloge einem möglichst breiten Konsumentenkreis zugänglich zu | |
machen. Schätzungsweise 7.000 neue Artikel werden darin pro Tag aufgeführt. | |
„Von 2,8 Milliarden neuen Bekleidungsartikeln für das Jahr 2022 sind wir in | |
nur einem Jahr auf 3,3 Milliarden angelangt“, sagte der französische | |
Umweltminister Christophe Béchu. Immer mehr Kleider und ständig schlechtere | |
Produktionsbedingungen bedeuteten eine exponentielle Steigerung der | |
[3][Umweltbelastung]. | |
18 Mar 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Designerin-ueber-Wiederverwertung/!5519300 | |
[2] /Fast-Fashion/!t5015089 | |
[3] /Greenpeace-untersucht-Modeindustrie/!5817409 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
## TAGS | |
Fast Fashion | |
Mode | |
Textilindustrie | |
Mode | |
Fast Fashion | |
Upcycling | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Greenpeace untersucht Modeindustrie: Weniger Chemie, mehr Müll | |
Freiwillige Verpflichtungen der Modehersteller können gegen Probleme | |
helfen, findet Greenpeace. Trotzdem solle die Politik stärker eingreifen. | |
Giftige Stoffe in der Modeindustrie: Fast Fashion macht Detox | |
Die Textilindustrie gehört zu den Hauptverschmutzern von Trinkwasser. Aber | |
immer mehr Firmen verzichten auf giftige Chemikalien. | |
Designerin über Wiederverwertung: „H&M kann man kaum upcyceln“ | |
Kaum ein Konsumartikel ist schnelllebiger als die Klamotte. Junge | |
Designer*innen arbeiten dagegen an, indem sie alte Kleidung wieder | |
aufwerten. |