# taz.de -- Greenpeace untersucht Modeindustrie: Weniger Chemie, mehr Müll | |
> Freiwillige Verpflichtungen der Modehersteller können gegen Probleme | |
> helfen, findet Greenpeace. Trotzdem solle die Politik stärker eingreifen. | |
Bild: Immer größeres Umweltproblem: Textilmüll | |
BERLIN taz | Die Modeindustrie verzichtet zunehmend auf giftige Chemikalien | |
bei der Textilproduktion. Die Menge an produzierten Textilien aber steigt | |
weiter an. Damit werde der Fortschritt bei den Produktionsbedingungen vom | |
Fast-Fashion-Boom aufgefressen, kritisiert Greenpeace in seinem am Dienstag | |
vorgestellten Bericht. | |
Dafür haben die Umweltschützer:innen die 29 Unternehmen untersucht, | |
die sich im Rahmen der vor zehn Jahren gestarteten Kampagne „Detox My | |
Fashion“ Kampagne angeschlossen hatten, unter anderem C&A, Adidas, H&M und | |
Primark. Insgesamt sind die Unternehmen, die sich der Kampagne | |
angeschlossen haben, für etwa 15 Prozent des weltweiten Textilmarkts | |
verantwortlich. Greenpeace hat nun überprüft, ob sich die Moderiesen auch | |
über die Kampagne hinaus weiter für die Selbstverpflichtungen der Kampagne | |
einsetzen. Dafür hat Greenpeace die öffentlich zugänglichen Informationen | |
von den Websites und Berichten der Unternehmen analysiert. | |
Insgesamt fällt die Bewertung in Bezug auf [1][gefährliche Chemikalien] gut | |
aus. Die 29 Unternehmen verzichten dem Report zufolge in 90% ihrer | |
Produktionsstätten auf besonders giftige Chemikalien. Mehr als die Hälfte | |
der untersuchten Unternehmen stellt sicher, dass ihre Zulieferer mindestens | |
einmal im Jahr Abwasserdaten für den Großteil ihrer Produktionsstätten | |
liefern. H&M und C&A überprüfen alle ihre Standorte, Lidl allerdings nur 21 | |
von 570. Viele veröffentlichen darüber hinaus eine Liste mit ihren | |
Lieferanten. | |
## Jede Sekunde eine LKW-Ladung Textilmüll | |
Bauchschmerzen bereitet Greenpeace vielmehr die Überproduktion der | |
Modeindustrie. In den vergangenen sechs Jahren habe sich die Zahl der | |
produzierten Kleidungsstücke auf 200 Milliarden mehr als verdoppelt. Im | |
Schnitt lande jede Sekunde eine Wagenladung auf der Müllkippe oder werde | |
verbrannt. 20 der 29 Textilunternehmen, die sich zu den Detox-Zielen | |
verpflichtet haben, würden weiter auf [2][Wegwerfmode] setzen, kritisiert | |
Greenpeace. Allein in Deutschland werden einer Hochrechnung des | |
Marktforschungsinstituts Euromonitor International aus dem Jahr 2019 | |
zufolge 230 Millionen Kleidungsstücke pro Jahr nicht verkauft. | |
Insgesamt bezweifeln die Autor:innen der Studie deswegen, dass | |
Freiwilligkeit die Modeindustrie grundlegend ändern kann. | |
Selbstverpflichtung aufgrund von Druck durch NGOs könne ein Startpunkt | |
sein, aber keine dauerhafte Lösung bieten. Die Politik müsse „endlich die | |
Verantwortung für den Wandel in der Textilherstellung übernehmen“, heißt es | |
in dem Bericht. Dennoch, betont Greenpeace weiter, die Erfahrungen mit der | |
Umsetzung der [3][Detox-Kampagne] würden belegen, dass internationale | |
Marken Verantwortung für ihre Lieferketten und die Umwelt übernehmen | |
können, wenn sie denn wollen. | |
23 Nov 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Giftige-Stoffe-in-der-Modeindustrie/!5521901 | |
[2] /Arte-Doku-Fast-Fashion/!5752418 | |
[3] https://www.greenpeace.org/international/act/detox/ | |
## AUTOREN | |
Lukas Nickel | |
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