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# taz.de -- Bald zu fünft: Die allerletzte Schwangerschaft
> Unsere Autorin ist zum dritten Mal schwanger und merkt: Unsere
> Gesellschaft ist nicht auf fünfköpfige Familien ausgelegt. Zwei Kinder
> sollen reichen.
Bild: Selbst Wickelraumschilder zeigen: Unsere Gesellschaft ist maximal auf vie…
Ich bin schwanger mit meinem dritten Kind und es wird meine letzte
[1][Schwangerschaft] sein. Also sofern alles weiterhin gut verläuft. Und
sofern ich nicht bald im Lotto gewinne oder mir eine verschollene, reiche
Großtante ihr Vermögen vererbt.
Denn Kinder kosten viel Geld und das [2][Patriarchat] kostet Mütter
obendrauf noch mehr Geld. Das kann sich keiner leisten, der nicht groß erbt
oder zumindest vier Großeltern in Reichweite hat, die regelmäßig gute Teile
der Care-Arbeit übernehmen.
Drei Kinder gelten heute außerdem schon als „viele Kinder“. Unsere
Gesellschaft ist ausgelegt auf Familien, die maximal vierköpfig sind, alles
darüber sprengt die Vorstellungskraft. Das sieht man an Wohnraumaufteilung,
an Mobilitäts- und Urlaubsangeboten. Drei Kinder werden als „zu viel“
verstanden. Als ich bei Bekannten meine Schwangerschaft verkündet habe, kam
nicht selten so was wie: „Wow, du musst ja viel Zeit haben“ oder „Du
kriegst ja gar nicht genug“.
## Keine Zeit
Bisschen eigenartig fand ich das, aber ich habe mich nicht lange damit
aufgehalten. Denn ich weiß ja, dass ich eigentlich gar keine Zeit habe, die
ich noch vergeben könnte. Dass alle, die schon da sind, zurückstecken
müssen, wenn das Baby kommt. Mir ist aber auch klar, dass diese
Entscheidung eine ist, die ich wegen ihrer Langfristigkeit treffe, nicht
weil es kurzfristig so viel Spaß macht, nochmal von vorne anzufangen.
Nochmal die kleinste Windelgröße, nochmal primäre Nahrungsquelle sein,
nochmal die schlaflosen Nächte und nochmal eine Geburt, die meinen Körper
über viele Monate, wenn nicht Jahre, zeichnen wird.
Die Entscheidung für ein drittes Kind war nicht einfach. Aber drei klang
trotzdem richtiger als zwei. Was vielleicht daran liegt, dass ich selbst
viele Geschwister habe, auch wenn das bei uns so verpatchworked ist, dass
wir nur Lebensabschnitte miteinander verbracht haben.
Vielleicht liegt es daran, dass ich Teile meiner Familie nie kennengelernt
habe, dass Teile von ihnen in Bürgerkriegen und im Nationalsozialismus
ermordet wurden. Dass dieses Gefühl von Familie für mich nie ein konstantes
oder überhaupt greifbares war, wie es bei anderen zu sein schien.
Vielleicht ist das der Grund, warum ich so sehr hoffe, dass meine Kinder
sich ihr Leben lang begleiten, einander lieben und unterstützen werden –
auch wenn wir Eltern schon lange nicht mehr für sie da sein können.
## Die Schwangerschaft läuft so dermaßen nebenbei
Dass es die letzte Schwangerschaft ist, macht mich gleichermaßen glücklich
und traurig. Glücklich, weil ich es wirklich kaum erwarten kann, dass alle
Familienmitglieder eigenständig die Toilette besuchen können. Traurig, weil
es mir gerade gar nicht möglich ist, diese Schwangerschaft bewusst zu
erleben. Die dritte Schwangerschaft läuft dermaßen nebenbei, dass ich
[3][in der letzten Kolumne] geschrieben habe, ich sei im fünften Monat,
dabei war ich damals schon lange im sechsten.
Würde ich nicht meinen Partner um 19.30 Uhr noch in den Supermarkt
schicken, um mir Liptauer zu kaufen, weil ich an nichts anderes als diesen
Brotaufstrich mehr denken kann; würde mich nicht das Baby dermaßen stark
treten, dass sich kurz kleine Hügel auf meinem Bauch bilden, und würde mich
der 3-Jährige nicht jeden Tag fragen, wann denn nun endlich das Baby kommt,
ich würde glatt vergessen, dass ich überhaupt schwanger bin.
11 Mar 2024
## LINKS
[1] /Schwangerschaftsuebelkeit/!5989350
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[3] /Muetter-und-Selfcare/!5988771
## AUTOREN
Saskia Hödl
## TAGS
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