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# taz.de -- Sportler unter sich: Kacheln zählen
> Nach jahrelanger Sanierungspause hat die Hamburger Alsterschwimmhalle
> wieder geöffnet. Endlich wieder schwimmen auf der 50-Meter-Bahn!
Bild: 50 Meter freie Bahn
Hamburg taz | Es schimmert himmelblau, lila und orange durch die Fenster
der hochaufragenden Dachkonstruktion. Wie ein riesiges Aquarell leuchtet
Hamburgs größtes Hallenbad in der Dunkelheit. Die Schwimmhalle, die direkt
an der viel befahrenen Straße zwischen Alster und Elbbrücken liegt, schafft
es, selbst an diesem verregneten Freitagabend einladend auszusehen.
Fahrradtasche über die Schulter geworfen und schnell rein da.
Die [1][Alsterschwimmhalle] wurde erst vor Kurzem nach drei Jahren
Komplettsanierung wieder eröffnet. Als die Halle vor 16 Jahren schon einmal
saniert wurde, tauchte irgendwann über dem Haupteingang ein riesiges Plakat
auf, auf dem „Quäl Dich“ stand. Jetzt sieht es im Eingang eher aus wie in
einer Hotellobby, mit Sofas und so. Aber noch immer gilt für das Gebäude:
form follows function.
Die unter Denkmalschutz stehende Dachkonstruktion besteht aus zwei
aneinander gelehnten Spannbetonschalen, die weit über die Glasfassade
hinausragen. Die Form erinnert an die Schwanzflosse eines abtauchenden
Wals. Während der letzten Sanierung war diese Dachkonstruktion, die auf nur
drei Punkten ruht, das einzige, was stehenblieb. Alles andere wurde
weggerissen und [2][komplett neu aufgebaut]. Mehr als 80 Millionen Euro hat
das gekostet.
Drinnen wartet das Herzstück: das größte 50-Meter-Hallenbad-Becken der
Stadt. Schwimmbrille auf und hineingleiten, nach etwa der Hälfte der
Strecke wird es tief, tiefer, am tiefsten. Irgendwo da unten ist der
geflieste Boden. Es dauerte mehr als zehn Tage, die rund 4,5 Millionen
Liter Wasser hier reinfließen zu lassen. Hält man in der Mitte des
50-Meter-Beckens inne und lässt sich bäuchlings treiben, fühlt es sich
beinahe so an, als schaukele man auf dem Meer. Jedenfalls dann, wenn der
Sommer so fern ist wie jetzt und die Sehnsucht nach der Freiheit im Meer so
groß. Na ja, und wenn man [3][die anderen Hamburger Schwimmbäder] kennt.
## Quietschende Kinder
Im großen Becken geht es bis auf 4,50 Meter runter. In vielen anderen
Bädern der Stadt mit ihren 25-Meter-Becken kann man jederzeit die Füße auf
den Boden sinken lassen und sich hinstellen. Machen auch viele, unterhalten
sich, werfen ihre quietschenden Kinder durch die Luft oder stehen einfach
nur so im Weg rum.
Auch wenn das „Quäl Dich!“-Plakat lange fort ist: Zehn Bahnen, zehn
Startblöcke, in der Alsterschwimmhalle geht es im großen Becken immer noch
um Sport, um das stoische Bahnen ziehen, Kacheln zählen, so nennen die
Profis das auch manchmal. Hier trödelt [4][kaum einer quer durchs Becken],
keiner kreischt und die wenigen Unterhaltungen verlieren sich in der
riesigen Halle.
Früher, vor der Komplettsanierung, fiel der Blick beim Doppelzug-Kraulen
abwechselnd auf die 250 Menschen fassende Tribüne hoch oben und auf die
große Anzeigetafel für Wettkämpfe gegenüber. Es fiel ganz leicht, sich
vorzustellen, wie die Atmosphäre bei ausverkauftem Haus sein würde, wie die
Stimmen der Zuschauer in der Halle aufsteigen – und so angefeuert in
Gedanken schwamm ich gleich ein bisschen schneller. [5][Franziska van
Almsick] ist hier bei den Deutschen Meisterschaften 1998 vom Startblock
gesprungen. Im Oktober 2013 fand in der Alsterschwimmhalle das Auftaktspiel
der Wasser World League statt.
Heute fehlt die Tribüne, die ist der Sanierung zum Opfer gefallen.
Stattdessen gibt es nun ein extra Becken für den Drei- und den
Fünf-Meter-Sprungturm, ein extra 25-Meter-Becken, ein Schwimmenlernbecken
und in der oberen Etage ein Fitnessstudio sowie ein langgezogenes Becken
mit sehr warmem Wasser gefüllt. In dem kann man die Arme über den
Beckenrand hängen und unten den Leuten im 50-Meter-Becken beim Bahnenziehen
zuschauen.
## „Schwimmoper“ sagt keiner
Immer wieder ist zu lesen, dass dieser elegante Koloss von den Hamburgern
„[6][Schwimmoper]“ genannt werde. Nein, sogar „liebevoll Schwimmoper“
genannt werde. Ich hab das noch nie jemanden sagen hören, ich habe aber
auch noch nie jemanden „[7][Telemichel]“ sagen hören, so nennen die
Hamburger angeblich „liebevoll ihren Fernsehturm“.
Jedenfalls mögen die Hamburger die Alsterschwimmhalle, das kann als
gesichert gelten. Als zu Beginn des Jahrtausends laut über eine Schließung
des Bades diskutiert wurde, protestierten sie, wollten das Schwimmbad
behalten. Es wurde dann im Sommer 2007 für rund eine Million Euro instand
gesetzt.
Von der Idee bis zur Eröffnung der Alsterschwimmhalle dauerte es 17 Jahre.
1956 wurde bekannt, dass das 1943 von alliierten Bombern zerstörte
Hallenbad am Berliner Tor durch einen Neubau ersetzt werden sollte. 1968
begannen die Hamburger Wasserwerke als Bauherr mit den Bauarbeiten, und als
die Alsterschwimmhalle am 19. Januar 1973 eingeweiht wurde, hatte das
Projekt statt der veranschlagten 25 Millionen Mark 36 Millionen Mark
gekostet. Noch ein bisschen Namedropping: Mike Krüger hat während seiner
Lehre als Betonbauer auf der Baustelle gearbeitet.
Das Hamburger Abendblatt nannte die neue Schwimmhalle mit dem
Zehn-Meter-Sprungturm, der sich hoch über dem Becken unter die Flossendecke
geschmiegt hat, damals ein „Juwel aus Glas, Stahl und Beton“. Und irgendwie
stimmt das auch heute noch.
4 Mar 2024
## LINKS
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Alsterschwimmhalle
[2] https://www.gmp.de/de/projekte/8645/alsterschwimmhalle
[3] /Hinfaellig-am-Beckenrand/!5909021
[4] /Eindruecke-aus-der-Schwimmhalle/!5831081
[5] /Franziska-van-Almsick-in-Rio/!5329752
[6] https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Sanierte-Schwimmoper-Alsterschwimmha…
[7] https://www.hamburg.de/fernsehturm/
## AUTOREN
Ilka Kreutzträger
## TAGS
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