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# taz.de -- Mark Rutte als neuer Nato-Chef: Ein Transatlantiker aus Holland
> Führende Nato-Staaten haben sich für Mark Rutte als nächsten
> Generalsekretär ausgesprochen. Was qualifiziert den niederländischen
> Regierungschef?
Bild: Mark Rutte soll der neue Generalsekretär der Nato werden
München taz | Zwei Drittel der Nato-Länder haben sich Berichten zufolge auf
den Niederländer Mark Rutte (57) als neuen Generalsekretär des Bündnisses
geeinigt, darunter führende Staaten wie die USA und Großbritannien,
Frankreich und auch Deutschland. Rutte soll ab Oktober den amtierenden
Nato-Chef Jens Stoltenberg ablösen. Aber was qualifiziert den
liberal-konservativen niederländischen Regierungschef für den Top-Job?
Nachdem die Unterstützung von Joe Biden für Ruttes Kandidatur bekannt
wurde, legte Deutschland am Donnerstag sofort nach. Rutte sei ein
„herausragender Kandidat“, so Staatssekretär Steffen Hebestreit. Er lobte,
im Namen des Kanzlers, dessen „immense Erfahrung, große
sicherheitspolitische Expertise und sein ausgeprägtes diplomatisches
Geschick“. Zuvor hatten auch London und Helsinki Rutte Unterstützung
zugesagt.
„Ich machte im Oktober den Fehler, dass ich sagte, Interesse an der
Funktion zu haben“, gestand Rutte der taz bei der Münchner
Sicherheitskonferenz vor einer Woche. „Das war unvernünftig, darüber sollte
man nicht reden.“ Von einem gelaufenen Rennen ging er aber noch nicht aus.
Nach Viktor Orban ist Rutte der erfahrenste EU-Regierungschef. Mit dem
autoritären Ungar legte er sich wegen der Aushöhlung des Rechtsstaats oft
an; eine niederländische Parlamentsdelegation war in Budapest nicht mehr
willkommen.
## Berlin unterstützt Rutte
Ungarn ist nun einer der Staaten, die sich gegen Rutte als Nato-Chef
wehren, Rumänien möglicherweise auch sowie die Türkei. Als ein türkischer
Minister im Jahr 2017 ohne Erlaubnis in den Niederlanden Wahlkampf machen
wollte, zwangen Polizisten mit gezogenen Waffen den unangemeldeten Besucher
zur Ausreise, mit dem Auto über die Grenze nach Deutschland.
Es war ein offenes Geheimnis, dass Berlin den Regierungschef des kleinen
Königreichs an der Nordsee unterstützt. Die Welt am Sonntag hatte bereits
berichtet, dass Scholz Rutte präferiere und nicht die christdemokratische
Landsfrau Ursula von der Leyen, die nun eine neue Amtszeit als
Kommissionspräsidentin in Brüssel anstrebt.
Rutte und Bundeskanzler Scholz und kennen sich lange, auch mit Angela
Merkel gab es ein enges Verhältnis. Diese lud den studierten Historiker,
der früher Konzertpianist werden wollte, privat zu den Bayreuther
Festspielen ein. Die Niederlande und Deutschland haben enge
Wirtschaftsbeziehungen.
Auch militärisch wird die Kooperation stark ausgebaut. Vor weniger als
einem Jahr stimmte Rutte zu, dass niederländische Landstreitkräften unter
deutsches Kommando kommen – ein besonderer Akt damals in der Kunsthalle von
Rotterdam, weil die Wehrmacht die Stadt 1940 ohne Vorwarnung bombardiert
und das historische Zentrum zerstört hatte. Nun verteidigen die
Streitkräfte beider Länder gemeinsam die Ostflanke der Nato in Litauen.
## Rutte hat Armee kaputtgespart
Rutte bekam diese Woche als ausgewiesener Transatlantiker Unterstützung aus
Washington: „Rutte hat ein tiefes Verständnis für die Bedeutung des
Bündnisses“, sagte ein US-Regierungsvertreter. Das mag sein, allerdings hat
Rutte die Armee seines Landes auch kaputt gespart. Alle Panzer wurden
verkauft, militärische Ausbildung zurückgefahren.
Die Amerikaner loben den „guten Kommunikator“, er sei eine „natürliche
Führungspersönlichkeit“. Rutte hatte neben Donald Trump im Weißen Haus 2018
keine Scheu, den US-Präsidenten vor laufenden Kameras mit einem ‚no!‘ zu
unterbrechen, um den EU-Handel mit Amerika zu fördern.
Problematisch könnte sein, dass für Rutte solide Staatsfinanzen immer
wichtiger waren als militärische Kraft. Seit dem Nato-Versprechen in Wales
erreichte der Flachlandstaat mit dem damaligen Parteiführer der rechten VVD
niemals die 2014 verabredete Nato-Norm von Verteidigungsausgaben in Höhe
von zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts.
Erst dieses Jahr will Rutte diese Zahl erreichen. Inzwischen ist seine
Partei bereit, mit der pro-russischen PVV vom EU-Gegner Geert Wilders
zusammenzuarbeiten, um nach der Wahl im vergangenen November eine Regierung
zu bilden. Der will die Ukraine-Flüchtlinge aus dem Land ausweisen, einen
Diktatfrieden mit Moskau schließen und keine Waffen und kein Geld mehr an
Kyjiw überweisen. „Ich gehe davon aus, dass sich nichts an der Haltung der
Niederlande zur EU, Nato und Ukraine verändert“, versicherte Rutte aber der
taz in München.
Dumm nur, dass [1][Wilders die Wahl klar gewonnen] hat. Rutte hatte schon
2010 in seiner Regierung mit Wilders, der wegen Beleidigung von
Minderheiten verurteilt wurde, zusammen gearbeitet. Auf Provinzebene
arbeitete seine liberale Partei auch mit der extrem rechten Partei FVD
zusammen, ebenso eine verschwörungsideologische fünfte Kolonne des Kremls.
23 Feb 2024
## LINKS
[1] /Rechtsruck-in-Niederlanden/!5974954
## AUTOREN
Rob Savelberg
## TAGS
Nato
Mark Rutte
Niederlande
Militär
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Geert Wilders
Schwerpunkt Zwei Jahre Krieg in der Ukraine
Sicherheitskonferenz
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