| # taz.de -- Kinoempfehlungen für Berlin: Komplexe Gemengelage | |
| > Züge sind Thema der Reihe „Einsteigen bitte!“, „Geliebte Köchin“ is… | |
| > Hommage an gute Speisen. Wer die produzieren soll, beleuchtet „Bauer | |
| > Unser“. | |
| Bild: „Bauer Unser“ (2016), Regie: Robert Schabus | |
| Die Eisenbahn ist seit der Frühzeit des Kinos ein unabdingbarer Bestandteil | |
| der filmischen Darstellung von Reisen. Die Bahn war ja damals noch gar | |
| nicht so lange in Betrieb und immer noch ein technisches Faszinosum, zudem | |
| waren die Autos und Flugzeuge um die Wende zum 20. Jahrhundert deutlich in | |
| der Minderzahl. | |
| Aber die Bahn besitzt auch klare dramaturgische Vorteile: Anders als beim | |
| Auto muss man die Maschine nicht selbst bedienen, man kann innerhalb des | |
| Zuges umherspazieren, und es gibt viele Abteile, in denen viele | |
| verschiedene Dinge passieren können. Und im Übrigen ist das Bahnreisen mit | |
| seinem steten Ausblick auf vorbeiziehende Landschaften und Städte dem Kino | |
| und seinen „Reisen“ in andere Länder und Wahrnehmungsebenen gar nicht so | |
| unähnlich. Jedenfalls sofern man nicht irgendwo festsitzt, weil der Zug | |
| nicht fährt. | |
| Ironischerweise passiert genau dies in dem Film „Der Geisterzug“, einer | |
| deutsch-britischen Coproduktion aus dem Jahr 1927, den das Zeughauskino in | |
| seiner Reihe „Einsteigen bitte!“ zeigt. Gedreht bei der UFA in Berlin und | |
| inszeniert vom Ungarn Géza von Bolváry (sonst eher bekannt für seine | |
| Operettenfilme), spielt der kammerspielartige Film vornehmlich auf einem | |
| Landbahnhof in England, wo eine Gruppe von Reisenden mitten in der Nacht | |
| strandet. | |
| Die Geschichte eines Geisterzuges, dessen Anblick den Tod bringt, macht die | |
| Runde, doch diese Legende hat in der Mischung aus Mystery, Kriminalhandlung | |
| und komödiantischen Elementen natürlich einen handfesten Grund. Musikalisch | |
| begleitet wird der Film von Ekkehard Wölk am Klavier. [1][Die Reihe | |
| „Einsteigen bitte!“ läuft noch bis zum 3. März] (17. 2., 19 Uhr, | |
| Zeughauskino). | |
| Die Produktion von Nahrungsmitteln ist eines der großen Themen unserer | |
| Zeit. Dass die Devise „immer mehr, immer billiger“ nicht funktionieren | |
| kann, ist vermutlich den meisten Menschen klar. Zugleich ist es aber enorm | |
| schwierig, eingefahrene Gewohnheiten von Verbraucher:innen zu ändern, | |
| ganz zu schweigen von jenen Menschen, die es sich gar nicht leisten können, | |
| mehr Geld für Bio-Lebensmittel auszugeben. | |
| Und natürlich gehen die meisten EU-Subventionen in der Landwirtschaft immer | |
| noch an die falschen Betriebe: je größer, desto mehr Geld. Das fördert | |
| natürlich nicht die kleinen, regional produzierenden Betriebe. | |
| Diese komplexe Gemengelage erforscht der österreichische Dokumentarfilm | |
| „Bauer unser“ von Robert Schabus, der zugleich aufzeigt, dass es auch | |
| anders geht. Das Acud-Kino zeigt den Film in seiner Reihe „PlantAge | |
| Kinoabende 2023/24“, [2][in deren Rahmen sich der genossenschaftliche | |
| Betrieb PlantAge aus Frankfurt (Oder) selbst vorstellt] (21. 2., 19 Uhr, | |
| Acud Kino). | |
| Ob die Leute von der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft alle | |
| jene Dinge gutheißen würden, die im Film „Geliebte Köchin“ auf den Tisch | |
| kommen, weiß ich nicht zu sagen. Aber regional produziert wird im | |
| Frankreich des ausgehenden 19. Jahrhunderts schon noch. Vom Titel, der | |
| einmal mehr einen französischen Wohlfühl-Liebesfilm suggeriert, sollte man | |
| sich hier nicht täuschen lassen: Die Handlung des Films, für den Regisseur | |
| Trần Anh Hùng beim Festival von Cannes den Regiepreis erhielt, ist | |
| tatsächlich äußerst reduziert. | |
| Stattdessen ist die Geschichte um einen Gourmet und die von ihm umworbene | |
| Köchin und Lebensgefährtin (Juliette Binoche) eine ausgesprochen | |
| bildgewaltige und sinnliche Hommage an das Kochen. Eine Tätigkeit, die hier | |
| so ernst genommen wird, wie es nur geht. Nichts ist wichtiger (16. & 20. 2. | |
| 20.30 Uhr, 17. 2., 18. 2., 21. 2. 17.45 Uhr, 19. 2., 15 Uhr, | |
| [3][Bundesplatz-Kino]). | |
| 15 Feb 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.dhm.de/zeughauskino/filmreihe/einsteigen-bitte/ | |
| [2] https://acudkino.de/Programm/bauer_unser_billige_nahrung_-_teuer_erkauft/85… | |
| [3] http://www.bundesplatz-kino.de/index.php?p=m&mid=4331 | |
| ## AUTOREN | |
| Lars Penning | |
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