| # taz.de -- Meeresnationalpark Port-Cros: Auf den Spuren blauer Riesen | |
| > Wie wir eine Woche auf einem polynesischen Katamaran auf dem Mittelmeer | |
| > recherchierten – und dabei viele unerwartete Geschichten auftauchten. | |
| Mittelmeer, Katamaran „Waka“ taz | Von Cannes aus gingen wir an Bord des | |
| Katamarans „Vaka“ der Okeanos Stiftung, um die Berichterstattung über das | |
| Meer mit einem [1][Recherchestipendium] kennenzulernen. Ziel unserer Reise | |
| waren die Pott- und Finnwale, denen wir im Schutzgebiet Pelagos begegnen | |
| wollten. Doch wir haben auch die Unterwasserwelt des französischen | |
| Meeresnationalparks Port-Cros erkundet. Wir segelten, aßen, arbeiteten, | |
| lachten und schwiegen als Team, eine Woche lang, auf kleinem Raum, | |
| angetrieben von den Winden des Meeres oder dem solarbetriebenen | |
| Elektro-Motor, der in Flauten aushalf. | |
| Manche kletterten in den Mast. Andere tauchten nachts im fluoreszierenden | |
| Meer oder sahen Manta-Rochen, die aus dem Meer sprangen. Ein Stachelrochen | |
| grüßte das Boot, ein Mondfisch begleitete uns. Wir tranken das Wasser des | |
| mare nostrum, nachdem es durch die Entsalzungsanlage gelaufen war. Wir | |
| sahen in kaum bekannten Buchten unter Wasser eine Natur, die es im | |
| Mittelmeer kaum noch gibt, mit riesigen Zackenbarschen und weiten | |
| Seegraswiesen. Und doch begegneten uns wenig weiter die Kreuzer der | |
| französischen Marine in ihrem Manövergebiet, das im Nationalpark liegt. | |
| Wir, das waren (von links nach rechts) Kapitän Jorge Sanchez Lopez aus | |
| Spanien, Bord-Dozent Prof. Dr. Torsten Schäfer von der Hochschule | |
| Darmstadt, Luisa Gohlke (freie Journalistin, Leuphana Universität | |
| Lüneburg), Skipper Nicholas Schmidt aus Südafrika (stehend), Janina Käppel | |
| (Universität Mainz), Carlotta Böttcher (damals freie Journalistin, aktuell | |
| Henri Nannen-Schule), Meeresbiologin Elle Gibson aus Neuseeland, Emanuel | |
| Arzig (Volontär Verlagsgruppe VRM), Anna Ballay (Hochschule Darmstadt), | |
| Luka Simon (freie Journalistin und bis 2023, Universität Hamburg). | |
| Wir segelten im französischen Nationalpark Port-Cros, der gleichzeitig ein | |
| militärisches Sperrgebiet ist. Die Marine hält hier Manöver ab und zündet | |
| Bomben unter Wasser. Für die Wale sind die Sprengungen eine Qual. Und | |
| insofern kann man fragen, ob es sich hier nur um einen „paper park“, einen | |
| Nationalpark handelt, der vor allem auf dem Papier existiert. Weit kamen | |
| wir mit den Fragen dazu in unseren Recherchen nicht. Da herrscht Schweigen, | |
| wissen die Expert:innen wenig bis nichts – weshalb Okeanos zu den | |
| Schutzgebieten auf dem Papier nochmal ein eigenes Projekt starten wird. | |
| Unser Katamaran ist polynesischer Bauart. Okeanos-Stifter Dieter Paulmann | |
| und sein Team haben ihn aus der Südsee ins Mittelmeer überführen lassen, um | |
| hier mit jungen Erwachsenen vorwiegend „Ocean Camps“ auszurichten. Dabei | |
| geht es um Umweltbewusstsein, Meeresschutz und viel Wissenswertes rund um | |
| Ozeane, Artenvielfalt und Klimawandel. Eine dreiköpfige Crew, erfahrene | |
| Segler:innen und Meeresbiolog:innen, begleiten die Gruppen – so auch bei | |
| uns, dem ersten journalistischen Team an Bord. | |
| Ohne Teamwork ging nichts. Wir mussten oft mit anpacken, Segel hissen, | |
| Anker lichten, das Ruder führen, kochen, putzen oder navigieren. Alle | |
| hatten täglich ihre festen Aufgaben. Wenn wir nachts segelten, gab es | |
| mehrere Schichten. Schlafen und mit den eigenen Kräften haushalten wurde zu | |
| einem großen Thema für alle. Die Meisten hatten keine Segelerfahrung. | |
| Ins Führerhaus der Vaka zogen wir uns bei Sturm zurück. Hier ging der Funk | |
| ein, plante Kapitän Jorge die Route, fanden Besprechungen statt oder | |
| Seekranke ein Bett, um sich zu erholen. Denn wir hatten raue Bedingungen | |
| Mitte September vor der französischen Küste. Von hier aus lauschten wir | |
| auch mit dem Hydrophon den Gesängen der Pottwale, die wir einmal auch aus | |
| der Ferne sahen. | |
| Es gab genügend Zeit für Entspannung, gerade in diesem Netz, in dem Einige | |
| schliefen. Doch lange Pausen machen wir nie, selbst wenn wir vor Anker | |
| gegangen waren. Oft schnorchelten wir, um die Fischfauna unter Wasser | |
| kennenzulernen und die Schäden zu begutachten, die die Anker von Yachten in | |
| Seegraswiesen hinterlassen – ein großes, weniger bekanntes Problem an der | |
| Küste des Mittelmeeres. | |
| Vor Ort recherchierten und schrieben wir auch schon die Geschichten für das | |
| Dossier auf. Hier sinniert Luka über die nächsten Zeilen. Wir hatten uns | |
| vorher online kennengelernt und einige Male getroffen, um nach der ersten | |
| Themenabsprache mit der taz die Recherchen genauer zu entwickeln. So kamen | |
| alle jungen Journalist:Innen mit einem Plan für ihre Geschichte an | |
| Bord. Schreibübungen gab es auch an Deck mit Torsten Schäfer. | |
| Besonders schön waren die Sonnenuntergänge und die Abendstimmung an Bord, | |
| gerade wenn sich nach einem stürmischen Segeltag das Wetter gebessert hatte | |
| und die Sonne herauskam. Dann waren wir still und schauten einfach auf die | |
| Küste im Zwielicht. | |
| Wir schliefen in Kojen, zu Zweit und zu Dritt. Manchmal aber auch an Deck, | |
| wenn es nicht regnete und warm genug war. Manche Nächte waren ruhig, andere | |
| das Gegenteil: Heftiges Schaukeln des Katamarans, der in voller Fahrt | |
| nachts Meilen machten musste, hinderte Einige am Schlaf. | |
| Die Crew setzte uns für einen Tag in einer einsamen Bucht auf der Îles | |
| d’Hyères ab, von wo aus wir durch den Steineichenwald zur Recherche in den | |
| Hafen liefen. Der Landgang war nach einigen Tagen auf See etwas ungewohnt, | |
| für unsere Geschichten aber sehr wertvoll. Denn wir trafen spannende | |
| Charaktere. | |
| Hier führen wir ein Interview mit dem Leiter einer Tauchschule und einem | |
| Bootslackierer. Nur so erfuhren wir Details zu Artenvielfalt und | |
| Meeresschutz im Nationalpark – und bekamen ein Gefühl dafür, wo die | |
| Probleme liegen: bei der Überfischung, bei Waldbränden oder auch zerstörten | |
| Seegraswiesen, die viel C02 speichern und die Kinderstube der Fische sind. | |
| Natürlich war auch der Plastikmüll im Mittelmeer ein Thema. Wir fischten | |
| jede größere Tüte heraus, die wir fanden. Wenn es sein musste, mit dem | |
| Beiboot, das dann zu Wasser gelassen wurde. In den Buchten des | |
| Nationalparks war Plastikmüll zum Glück kein großes Thema, hier scheint der | |
| Schutz der Küste durch strenge Regeln zu funktionieren. | |
| Dieser Text entstand im Rahmen eines [2][Recherchestipendiums der Okeanos | |
| Stiftung für das Meer]. | |
| 6 Mar 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://okeanos-stiftung.org/recherchestipendium/ | |
| [2] https://okeanos-stiftung.org/recherchestipendium/ | |
| ## AUTOREN | |
| Torsten Schäfer | |
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