Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Schachturnier für Magnus Carlsen: Neue Denkräume
> Weltmeister Magnus Carlsen ermüdet das klassische Schach. Bei einem
> eigens für ihn kreierten Turnier in der Variante Chess960 steht er im
> Finale.
Bild: Unbekannte Probleme: Das Turnier in Wangels (an der Ostsee) ist für Carl…
Obwohl der schier unschlagbare Kubaner José Raoul Capablanca, Weltmeister
von 1921 bis 1927, schon in seiner Ära den „Remistod“ für das königliche
Spiel prophezeit hatte, ging der Spaß auf den 64 Feldern noch rund ein
Jahrhundert weiter. Inzwischen ist zumindest das Spitzenschach aber
tatsächlich vom „Remistod“ bedroht. Totengräber sind die Schachprogramme.
In der Eröffnungsvorbereitung helfen sie den besten Großmeistern, immer
tiefer in die Verästelungen der Varianten einzudringen. Schnelle Siege
wegen gegnerischer Patzer sind ausgeschlossen.
Es geht nur darum, sich an die Varianten zu erinnern, sie herunterzuspulen
und nach 25 bis 30 Zügen eine spielbare Stellung mit Weiß oder Schwarz zu
erhalten. Aufregende Dramen und Fehlgriffe verhindern die Elektronenhirne
im Vorfeld. All die langweiligen, weil ausbalancierten Stellungen nicht zu
remisieren und doch einen vollen Punkt herauszukitzeln, darin ist
[1][Magnus Carlsen ein wahrer Meister.]
Aber selbst der Weltranglistenerste fühlt sich müde. Auf die Verteidigung
seines WM-Titels verzichtete der Norweger im Vorjahr. Zu qualvoll schien
ihm die monatelange Vorbereitung in der Eröffnung auf einen Gegner. Um ihn
ans Brett zu bewegen, designte der schachbegeisterte Unternehmer Jan Henric
Buettner in Weissenhaus an der Ostsee ein Turnier nach den Wünschen von
Carlsen.
Der 33-Jährige schlug ein Chess960-Turnier vor, das Freestyle Chess G.O.A.T
Challenge genannt wurde, und dem Sieger 60.000 US-Dollar verspricht. „Es
ist das erste Mal, dass wir Chess960 mit klassischer, langer Bedenkzeit
spielen. Das ist bahnbrechend für unseren Sport“, begeisterte sich Carlsen
vor dem ersten Zug für das „Freistil“-Turnier.
## 960 Möglichkeiten zu Beginn
Als erster Großmeister [2][hat Bobby Fischer], legendärer US-Weltmeister
von 1972, die Idee propagiert. Der Bad Sodener Organisator Hans-Walter
Schmitt verfeinerte die Idee in den 1990er Jahren. Den sperrigen Namen
Fischer Random Chess ersetzte der Visionär durch das knackigere Chess960.
Zudem trug Schmitt in Frankfurt und Mainz erste Turniere damit aus und
förderte deutsche Meisterschaften darin. Nach anfänglicher Reserviertheit
der Spieler gewann Chess960 zunehmend mehr Fans.
Bei der Schachvariante wird die Grundstellung unter 960 Möglichkeiten
zufällig (random) direkt vor der Partie nach bestimmten Regeln ausgelost.
So bleibt ein Läufer auf den weißen Feldern und der andere auf den
schwarzen. Die 16 Bauern stehen alle wie gewohnt. Auf den beiden
Grundreihen gibt es ansonsten nur zu beachten, dass der König zwischen
beiden Türmen steht. So ist weiterhin die große und kleine Rochade möglich.
Der König und der Turm stehen danach wie im normalen Schach.
Ungewohnt ist für die Spieler lediglich, dass der König und die Türme bei
der Rochade kein Feld oder mehr Felder als normal überspringen. Letztlich
kommen die beiden Figuren nach der Rochade aber so zum Stehen wie im
herkömmlichen Schach. Das klingt komplizierter, als es ist.
Mangels vorbereiteter Varianten beschreiten die Großmeister bereits ab dem
ersten Zug neues Terrain. Carlsen startete zwar in der Vorrunde bescheiden
mit nur 3,5 Punkten aus sieben Schnellschachrunden, weil er dem
erstplatzierten Usbeken Nodirbek Abdusattorow (5,5) unterlag. [3][Die
deutsche Nachwuchshoffnung Vincent Keymer (5)] wurde Zweiter. In der
K.o.-Runde mit langer Bedenkzeit zog der Weltranglisten-17. aber gegen
Lewon Aronjan (USA) den Kürzeren.
## „Das ist wie frische Luft!“
Carlsen ließ sich im Viertelfinale nicht durch eine weitere Niederlage aus
dem Konzept bringen, glich gegen Alireza Firouzja (Frankreich) aus und
setzte sich in der Verlängerung mit 3:1 durch. Anschließend eliminierte der
Norweger seinen Bezwinger Abdusattorow mit einem Sieg und einem Remis.
Gegner im Finale, das am Freitag entschieden wird, ist Fabiano Caruana
(USA), der Aronjan nach einem wilden Schlagabtausch ohne Remis mit 3:2
schlug.
Während Carlsen von den Fans als „Positionsmonster“ für sein virtuoses
Positionsspiel gefeiert wird, kam es für Weltmeister Ding Liren ganz dicke.
Dabei hatte sich der nach dem Titelgewinn ausgebrannte und mehrere Monate
abgetauchte Chinese so auf das Turnier gefreut: „Das ist wie frische
Luft!“, ordnete der 31-Jährige Chess960 gegenüber der Zeit ein. „Es gibt
keine vorbereiteten Varianten, aber es ist deshalb auch schwieriger zu
spielen.“
Das bestätigte sich bei ihm besonders. Ding Liren kassierte allein in der
Vorrunde sechs Niederlagen und remisierte die siebte Partie. Besonders
heftig fiel seine Schlappe gegen Aronjan in nur 18 Zügen aus! Im üblichen
Schach hätte das eine gute Eröffnungsvorbereitung verhindert.
15 Feb 2024
## LINKS
[1] /Schach-WM-in-Dubai/!5818946
[2] /Mythisches-Schachduell/!5873044
[3] /Deutscher-Schach-Star-Vincent-Keymer/!5968395
## AUTOREN
Hartmut Metz
## TAGS
Schach
Magnus Carlsen
Bobby Fischer
Weltmeister
Ostsee
FC St. Pauli
Schach
Schach
Kolumne Helden der Bewegung
Kolumne Helden der Bewegung
Schach
## ARTIKEL ZUM THEMA
Bundesligaclub holt Großmeister: Schachgenie soll Abstieg von St. Pauli verhin…
Magnus Carlsen ist der beste Schachspieler der Welt – und spielt jetzt für
den FC St. Pauli in der Schach-Bundesliga. Er passt zum Image des Vereins.
Schach-Genie Gukesh aus Indien: Einzigartige Züge
Der erst 17-jährige Inder Dommaraju Gukesh gewinnt in Toronto das
Kandidatenturnier und fordert nun Schachweltmeister Ding Liren heraus.
Schach-Weltmeister Ding Liren: „Ich möchte ein netter Mensch sein“
Ding Liren ist nach dem WM-Triumph in ein tiefes Loch gefallen. Bald steht
die Titelverteidigung an, in die er mit einem neuen Spielstil gehen will.
Schachweltmeister Ding in der Krise: Unerklärliche Schwankungen
Knapp ein Jahr nach dem WM-Titel-Gewinn verliert Ding Liren eine
Schachpartie nach der anderen. Plagen ihn Selbstzweifel?
Schach-Weltverband in der Kritik: Kinderkirmes und Krieg
Der Verbandspräsident ermöglicht eine unwürdige Punktejagd auf dem Weg zum
WM-Titel im Schach. Ein Putin-Pudel ist der Russe obendrein.
Deutscher Schach-Star Vincent Keymer: Im Endspiel souverän
Deutschlands bester Schachspieler deutet an, dass er seine Schwäche
überwunden hat. Das WM-Kandidatenturnier verpasst Vincent Keymer knapp.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.