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# taz.de -- Modellprojekt setzt auf gute Bedingungen: Bremen lockt Ex-Pflegekr�…
> Kommt Pflegepersonal zurück, wenn Arbeitsbedingungen sich verbessern? Ein
> Modellprojekt versucht, im Praxistest einen Teufelskreis zu durchbrechen.
Bild: Süß! Wenn jetzt noch die Arbeitsbedingungen stimmen, kommt vielleicht a…
Bremen taz | Sie arbeiten als Verwaltungskräfte und Pädagog*innen, sitzen
an Supermarktkassen, sind [1][Pferdewirtin oder Segelmacherhelfer] – und
fehlen an Krankenhaus- und Altenheimbetten: Zahlreiche examinierte
Pflegekräfte haben ihren Ausbildungsberuf verlassen, um anderswo
glücklicher zu werden.
In Bremen hat vor drei Jahren eine Studie von Arbeitnehmerkammer und
Universität aus dieser Problemlage [2][eine gute Nachricht extrahieren]
können: Bis zu 1.500 Pflegefachkräfte könnten im Land Bremen zusätzlich zur
Verfügung stehen, so das Ergebnis – wenn sich nur die Arbeitsbedingungen
verbessern. Zahlreiche Pflegekräfte, die raus sind aus dem Job, könnten
sich demnach vorstellen, zurückzukehren. Und die Hälfte aller Pflegekräfte,
die in Teilzeit arbeiten, würden unter besseren Umständen gerne wieder
Stunden aufstocken.
Dieses Potenzial an Pflegekräften auch praktisch zu heben, das versuchen
nun das Gesundheitsressort, das Arbeitsressort und die Arbeitnehmerkammer
Bremen mit einem gemeinsamen Modellprojekt.
An der Geburtsstation des kirchlichen St.-Joseph-Stifts darf nun über vier
Jahre im Projekt „Ich pflege wieder, weil …“ versucht werden, die
[3][Arbeitsbedingungen so weit zu verbessern, dass offene Stellen besetzt]
werden können – und zwar ohne die neuen Arbeitskräfte bei anderen Kliniken
abzuziehen. 1,2 Millionen Euro aus dem Europäischen Sozialfonds stehen
dafür zur Verfügung.
## Belastende Bedingungen
„Es ist der Elchtest, ob das praktisch funktioniert“, sagt Elke Heyduck,
Geschäftsführerin der Arbeitnehmerkammer. Leicht wird es nicht, so viel
steht schon fest. „Die Katze beißt sich da in den Schwanz“, sagt
Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke): Pflegekräfte verlassen den
Job oder reduzieren ihre Stellen, weil die Arbeitsbedingungen so belastend
sind. Und die Arbeitsbedingungen sind vor allem deshalb so belastend, weil
es an Personal fehlt.
An der Geburtsstation am St.-Joseph-Stift sind 4,5 volle Stellen in der
Pflege nicht besetzt – bei insgesamt 22 vorgesehenen Stellen laut
Personalschlüssel; rund 20 Prozent fehlen. Die Vorschläge, wie genau das
fehlende Personal gewonnen werden soll, bleiben in Teilen schwammig. Das
liegt auch an der Projektkonzeption: Verbesserungsvorschläge sollen von der
Belegschaft selbst entwickelt werden.
Für eine Startphase setzt das St.-Joseph-Stift auf zwei Springerkräfte aus
Zeitarbeitsfirmen. Eine wirkliche personelle Verbesserung gibt es damit
allerdings nicht. Die beiden Springerkräfte decken keine der fehlenden
Stellen ab, sondern sollen nur die Mehrbelastung auffangen, die das
bestehende Personal für das Modellprojekt aufbringen muss – zum Beispiel,
um an Befragungen teilzunehmen, an Fortbildungen oder für die
Projektleitung selbst.
## Eine Frage der Glaubwürdigkeit
Gewonnen werden muss das zusätzliche feste Personal also, bevor es die
Verbesserungen im Dienstplan geben kann, die zu besseren Arbeitsbedingungen
führen würden. Etwa eine Stelle könnte aus dem aktuellen Team heraus
gewonnen werden: Die Hälfte der 17 Pflegenden dort arbeitet in Teilzeit.
Überträgt man die Ergebnisse der Studie, so dürften davon etwa vier
Personen unter besseren Umständen dazu bereit sein, bis zu zehn Stunden
mehr zu arbeiten – gemeinsam kämen sie auf bis zu 40 Stunden.
Auf die vorhandenen Teilzeitkräfte setzt Kadah im ersten Schritt auch
deshalb Hoffnung, weil sie den versprochenen Wandel als Erste merken und
mit bestimmen können. „Das Schöne an dem Projekt ist, dass wir es in den
nächsten Monaten selbst entwickeln können.“
Die ausgeschiedenen Pflegekräfte dagegen müssen erst einmal gefunden
werden: Die Bundesagentur für Arbeit soll ehemalige Pflegende anschreiben,
auch Annoncen werden geschaltet. Damit auch sie das Versprechen auf
Besserung glauben, braucht es handfeste Argumente.
Ein paar konkrete Ideen gibt es schon, um bestehende Probleme anzugehen:
Für Führungskräfte soll es Fortbildungen geben – deren Wertschätzung für
die Pflegekräfte wurde im Rahmen der Studie als wichtigste Bedingung für
den Wiedereinstieg identifiziert.
## Neues Ausfallmanagement
Klar ist auch, dass es Zeit für sogenannte „Kollegiale Beratung“ geben soll
– eine Methode, um fachliche Fragen oder psychologische Belastungen im
Austausch zu diskutieren. Das klingt zunächst nicht nach einem Gamechanger
– aber laut Studie halten 86 Prozent der Befragten feste Zeiten für einen
solchen Austausch für sehr bedeutsam.
„In der Praxis ist das einfach bisher nicht ausreichend vorgesehen“,
erklärt Güzide Kadah, die als Pflegedienstleitung an der Geburtsstation das
Projekt leiten wird. Eine längere und akademisch fundierte Einarbeitung
beim Wiedereinstieg sowie bessere Karrieremöglichkeiten durch Schulungen
ergänzen die Vorschläge.
Laut Projektkonzeption strebt Kadah vor allem auch zwei strengere
Betriebsvereinbarungen an – die [4][Personalbemessung in der Geburtshilfe
muss angepasst werden,] damit in Zukunft nicht mehr fünf Gebärende auf zwei
Hebammen kommen können.
Und das Ausfallmanagement, also die Frage, wie man mit kurzzeitigen
Personalausfällen umgeht, muss ebenfalls neu geregelt werden. Ziel eines
modernen Ausfallmanagement ist es meist, dass Beschäftigte nur noch in
absoluten Ausnahmen aus dem „Frei“ geholt werden. Stattdessen soll mit
Jokerdiensten immer etwas über Bedarf geplant werden.
## Verbesserungen beim Arbeitgeber durchsetzen
Kadah kündigte bei der Pressekonferenz an, dass in Zukunft auch ein
Bettenbelegungsstopp konsequent durchgesetzt werden müsse, wenn nicht genug
Personal da sei. Die Klinik selbst hält sich zu dieser Frage bisher zurück:
„Es ist nicht vorgesehen, dass extra für die Durchführung des Projekts in
unserem Haus Betten gesperrt werden“, heißt es aus der Pressestelle.
Durchgesetzt werden muss eine solche neue Betriebsvereinbarung am Ende ohne
Betriebsrat: Wie bei kirchlichen Trägern üblich, hat das St.-Joseph-Stifts
nur eine Mitarbeitendenvertretung mit weniger einklagbaren Rechten.
15 Feb 2024
## LINKS
[1] https://www.arbeitnehmerkammer.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Politik/R…
[2] /Mangel-an-Pflegekraeften-behebbar/!5745075
[3] /Rechtsanspruch-auf-Pflege/!5933217
[4] /Arbeitsbedingungen-fuer-Hebammen/!5831074
## AUTOREN
Lotta Drügemöller
## TAGS
Pflegekräftemangel
Bremen
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