# taz.de -- GDL-Streik bei der Deutschen Bahn: Weselsky gibt sich unerschütter… | |
> Eine Lösung des Tarifkonflikts bei der Deutschen Bahn ist weiter nicht in | |
> Sicht. Der GDL-Chef wirft dem Bahnvorstand „Arroganz der Macht“ vor. | |
Bild: GDL-Chef Claus Weselsky bei einer Kundgebung der GDL vor dem Dresdner Hau… | |
DÜSSELDORF taz/dpa/afp | Am vierten Streiktag gibt sich die Gewerkschaft | |
Deutscher Lokomotivführer (GDL) weiter kämpferisch. „Es muss Schluss sein | |
mit Scheinangeboten“, sagte der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky am Freitag | |
auf einer Kundgebung in Dresden. Er „wünsche vor allem nicht unseren | |
Fahrgästen, dass irgendjemand ausloten will, wie lange wir als GDL | |
durchhalten“. | |
Dem Bahnvorstand warf Weselsky eine [1][„Arroganz der Macht“] vor und | |
titulierte ihn als „Nieten in Nadelstreifen“. Während die | |
Topmanager:innen im Frühjahr des vergangenen Jahres die Grundgehälter | |
um 14 Prozent erhöht bekommen hätten und anschließend [2][auch noch | |
Millionenboni] hätten einstreichen können, seien sie immer noch nicht | |
bereit, auf die Gewerkschaft zuzugehen. „Tricksen, täuschen, Taschen füllen | |
– das ist deren Slogan“. | |
Trotz erheblicher Auswirkungen für Reisende und Pendler verteidigte | |
Weselsky [3][den laufenden Bahnstreik]. Arbeitskampf für bessere | |
Einkommens- und Arbeitsbedingungen sei weder unanständig noch kriminell. | |
„Ich erlebe Disziplin auf breiter Front“, zog er in der Rheinischen Post | |
vom Freitag eine positive Zwischenbilanz. „Die Stimmung ist exzellent.“ | |
Außerdem gebe es Solidarität mit den Eisenbahner:innen in der | |
Bevölkerung: „Viel mehr Kunden haben Verständnis für den Streik, als | |
mancher behauptet“, sagte Weselsky. „Wir werden diesen Streik erfolgreich | |
zu Ende bringen, und dann schauen wir, was passiert.“ Gebe es keine | |
Bewegung seitens der Bahn-Spitze, „werden wir wieder streiken. Und dann | |
vielleicht noch länger.“ | |
Die GDL ist inszwischen [4][von ihren Ursprungsforderungen abgerückt] und | |
hat dem Bahnvorstand angeboten, ihre Tarifabschlüsse mit mehreren kleineren | |
Eisenbahnverkehrsunternehmen zur Grundlage neuer Verhandlungen zu machen. | |
Das würde eine Erhöhung des monatlichen Grundgehalts in zwei Stufen um | |
insgesamt 420 Euro sowie eine Verringerung der Wochenarbeitszeit für | |
Schichtarbeiter:innen in vier Stufen bis 2028 von 38 auf 35 Stunden | |
ohne Lohnverlust bedeuten. Hinzu käme eine Inflationsausgleichsprämie von | |
3.000 Euro. Die Laufzeit des Tarifvertrags würde 24 Monate betragen. | |
Demgegenüber bietet die Deutsche Bahn bislang eine Lohnerhöhung um 4,8 | |
Prozent ab August 2024 und weitere 5 Prozent ab April 2025 an. Außerdem | |
solle es „so schnell wie möglich“ eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe | |
von 2.850 Euro geben. Zum 1. Januar 2026 sollen die Lokführer:innen und | |
das Zugpersonal dann zwischen einer weiteren Lohnerhöhung um 2,7 Prozent | |
oder einer Arbeitszeitverkürzung von 38 auf 37 Stunden wählen können. | |
Allerdings steht die angebotene Stundenreduzierung „unter dem Vorbehalt, | |
dass dann genügend Lokführer:innen und Zugpersonal an Bord sind“. Die | |
Laufzeit soll 32 Monate betragen. | |
## Scharfe Kritik an Rufen nach Einschränkung des Streikrechts | |
Vorwürfe, die GDL verursache mit ihrem Ausstand einen erheblichen | |
wirtschaftliche Schaden, wies Weselsky zurück. „Das ist doch Unfug. Für den | |
angeblichen, wirtschaftlichen Schaden sind nicht wir, sondern ist das | |
Bahn-Management verantwortlich.“ Auch kritisierte er Forderungen nach einer | |
Verschärfung des Streikrechts. Es sei „unverfroren“, die Rechte der | |
Arbeitnehmer:innen beschneiden zu wollen, nur weil sie für bessere | |
Arbeitszeiten und ein höheres Einkommen kämpfen würden. „Wir werden beim | |
Streikrecht kein einziges Zugeständnis machen. Dann wären wir doch | |
bescheuert“, sagte er der Rheinischen Post. | |
In der Bild-Zeitung hatte der Unionsfraktionsvize Jens Spahn der GDL | |
vorgeworfen, ihr Verhalten „grenzt an Erpressung und muss schnellstens | |
enden“. Zugleich forderte der CDU-Politiker ein neues Streikrecht für die | |
kritische Infrastruktur des Landes – dort müsse vor Streiks ein | |
Schlichtungsverfahren zur Pflicht werden. | |
Ähnlich äußerte sich der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands BDA, | |
Steffen Kampeter. „Wir brauchen Spielregeln für faire, nicht das ganze Land | |
in Geiselhaft nehmende Arbeitskämpfe“, sagte der frühere | |
CDU-Bundestagsabgeordnete am Freitag im Deutschlandfunk. Kampeter forderte, | |
„dass der Gesetzgeber sich Gedanken darüber macht, ob er die | |
Verhältnismäßigkeit gesetzlich definiert, ob er Schlichtungsverpflichtungen | |
kodifiziert, ob er Regeln macht, die insbesondere Warnstreiks umfassen“. | |
Wenn gerade in der Union über eine Einschränkung des Streikrechts | |
nachgedacht werde, sei das „bezeichnend“, entgegnete Weselsky. „Denn es w… | |
die CDU, die die Bahn im Privatisierungswahn mit heruntergewirtschaftet | |
hat“, so das CDU-Mitglied. Die Union habe zu verantworten, dass aus der | |
Bahn ein marodes Unternehmen geworden sei, „das nicht in der Lage ist, | |
seine Kunden pünktlich an die Zielorte zu bringen“. Dafür seien nicht die | |
Arbeitnehmer:innen verantwortlich. | |
Einer Schlichtung des Tarifkonflikts erteilte Weselsky zum jetzigen | |
Zeitpunkt eine Absage. „Bisher sehe ich die nicht. Ich lehne eine | |
Schlichtung auch genauso lange ab, wie Personalvorstand Seiler es ablehnt, | |
mit mir Tarifverträge über andere Berufsgruppen im Konzern zu schließen.“ | |
Die GDL bestreikt seit Dienstagabend den Güterverkehr und seit | |
Mittwochmorgen den Personenverkehr der Deutschen Bahn. Der Ausstand soll | |
erst am kommenden Montagabend enden und wäre damit der längste GDL-Streik | |
in der Geschichte der Bahn. | |
## Rekordentschädigungszahlungen | |
Unterdessen teilte die Deutsche Bahn am Freitag mit, dass sie ihren | |
Fahrgästen im vergangenen Jahr eine neue Rekordsumme an Entschädigungen | |
wegen Zugausfällen und Verspätungen ausgezahlt hat. Laut den Angaben des | |
Unternehmens wurden 2023 rund 5,6 Millionen Anträge auf Entschädigung | |
bearbeitet und insgesamt 132,8 Millionen Euro ausgezahlt. Im Jahr 2022 | |
waren es 3,8 Millionen Anträge und 92,7 Millionen Euro an Entschädigungen – | |
das war bereits ein Rekord. | |
Die Bahn nannte mehrere Gründe für die gestiegene Zahl an Anträgen und | |
ausgezahlten Beträgen. Das liege zum einen an „gegenüber dem Vorjahr | |
deutlich gestiegenen Reisendenzahlen“ und zum anderen an einer „Rekordzahl | |
von kurzfristigen Baustellen“. Mittlerweile würden rund 75 Prozent der | |
Fernverkehrszüge auf ihrer Fahrt durch mindestens eine Baustelle | |
„ausgebremst“, erklärte ein Sprecher. | |
Die Bahn verwies außerdem auf mehrere Sonderereignisse im vergangenen Jahr, | |
die ebenfalls zu den hohen Summen beigetragen hätten. Das bezog sich auf | |
die beiden Streiktage der EVG im März und April sowie die jeweils | |
eintägigen Warnstreiks der GDL im November und Dezember, vor allem jedoch | |
auf die Wintereinbrüche im Dezember. Auch der aktuelle sechstägige Streik | |
der GDL dürfte sich deutlich auf die Entschädigungssummen auswirken. | |
Fahrgäste können bei ausgefallenen und verspäteten Zügen ihren Ticketpreis | |
ganz oder teilweise zurückverlangen. | |
26 Jan 2024 | |
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## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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