# taz.de -- Fragen und Antworten zu Insolvenzen: Nicht das Ende der Welt | |
> Huch, das KaDeWe ist insolvent. Das muss nicht das Ende sein. Solche | |
> Verfahren sind keine Seltenheit, häufig können so Unternehmen gerettet | |
> werden. | |
Bild: Kann man trotz Insolvenz wohl auch künftig im KaDeWe kaufen: goldene Rol… | |
Das KaDeWe hat [1][Insolvenz angemeldet]. Was bedeutet das? | |
Für eine Insolvenz gibt es viele Synonyme: Konkurs, Bankrott, Pleite, | |
Zahlungsunfähigkeit. Ursprünglich kommt das Wort vom lateinischen „solvere�… | |
für zahlen. Von Insolvenz spricht man also, wenn ein Unternehmen oder eine | |
Privatperson nicht in der Lage sind, ihre Schulden beziehungsweise | |
Verbindlichkeiten zu begleichen. Dem KaDeWe beziehungsweise der KaDeWe | |
Group GmbH, die das Berliner Luxuskaufhaus sowie das Alsterhaus in Hamburg | |
und das Oberpollinger in München betreibt, ist also schlicht das Geld | |
ausgegangen. So [2][klagte der Kosmetikverband VKE], dass das KaDeWe | |
Rechnungen etwa für Parfüm und Make-up nicht bezahlt habe. | |
Führt die Insolvenz dazu, dass das KaDeWe schließen muss? | |
Nicht unbedingt. Eine Insolvenz kann auch gesunde Unternehmen treffen, zum | |
Beispiel, wenn ein großer Auftraggeber seine Schulden nicht bezahlt. Auch | |
das KaDeWe betont, dass man eigentlich profitabel sei und gerade erst das | |
umsatzstärkste Geschäftsjahr verzeichnet habe – nur seien die Mieten, die | |
man zahlen müsse, unverhältnismäßig hoch. So kann eine Insolvenz auch dazu | |
dienen, ein Unternehmen von Altlasten zu befreien und zu sanieren. | |
Wie häufig gibt es Insolvenzen? | |
Unternehmenspleiten [3][kommen regelmäßig vor]. Allein im Oktober 2023 | |
wurden bei den Amtsgerichten 1.481 Unternehmensinsolvenzen angemeldet, | |
bezogen auf 10.000 Unternehmen machte das insgesamt 4,4 Insolvenzen. Das | |
waren zwar 19 Prozent mehr als im Oktober 2022, trotzdem kann man nicht von | |
einer Insolvenzwelle sprechen. | |
Verglichen mit dem Vergleichszeitraum des Vor-Corona-Jahres 2019 war die | |
Zahl der Unternehmensinsolvenzen von Januar bis Oktober 2023 sogar um 7,7 | |
Prozent niedriger. Während der Coronapandemie lockerte die Bundesregierung | |
übrigens das Insolvenzrecht, um zu verhindern, dass eigentlich gesunde | |
Firmen wegen Umsatzeinbrüchen pleite gingen. So war etwa zeitweilig für | |
betroffene Unternehmen, die zahlungsunfähig oder überschuldet waren, die | |
Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags ausgesetzt. | |
Wie beginnt eine Insolvenz? | |
Eine Insolvenz muss beim zuständigen Amtsgericht beantragt werden. Es prüft | |
den Antrag und bestellt auch eine*n vorläufigen | |
Insolvenzverwalter*in ein. Vorrangiges Ziel des Verfahrens ist, dass | |
die Gläubiger zumindest einen Teil ihres Geldes wiedersehen. Allerdings | |
kann sich der Schuldner dadurch vom Rest seiner Verbindlichkeiten auch | |
befreien. | |
Wer kann eine Insolvenz beantragen? | |
Eine Insolvenz beantragen können sowohl Gläubiger als auch Schuldner, wenn | |
eine Zahlungsunfähigkeit droht oder gar schon vorliegt. | |
Geschäftsführer*innen sind gegebenenfalls sogar verpflichtet, | |
Insolvenz anzumelden. Machen sie das nicht oder erst zu spät, können sie | |
sich der Straftat der Insolvenzverschleppung schuldig machen. Dafür drohen | |
bis zu drei Jahre Haft. | |
Ein bekanntes Beispiel für Insolvenzverschleppung ist die Pleite der | |
einstigen Drogeriekette Schlecker. [4][Das Landgericht Stuttgart | |
verurteilte die Kinder des Unternehmensgründers] Anton Schlecker, Lars und | |
Meike Schlecker, unter anderem wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung | |
zu Freiheitsstrafen. Dabei sah es das Gericht als erwiesen an, dass die | |
Kinder zusammen mit ihrem Vater Geld aus dem Unternehmen schafften, um es | |
dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen. | |
Was macht eigentlich der*die Insolvenzverwalter*in? | |
Er*sie ist von Gläubigern und Schuldnern unabhängig und hat die | |
Verantwortung über die sogenannte Insolvenzmasse. Ein*e | |
Insolvenzverwalter*in wickelt unter anderem Verträge ab, verwertet | |
Vermögensgegenstände und verteilt die verbliebene Vermögensmasse unter den | |
Gläubigern, damit diese wenigstens noch einen Teil ihrer ausstehenden | |
Gelder bekommen. Dabei gilt der Grundsatz „Par conditio creditorum“ | |
(gleiche Lage der Gläubiger), der besagt, dass sämtliche Gläubiger | |
gleichmäßig befriedigt werden sollen. | |
Das KaDeWe hat einen Antrag auf ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung | |
gestellt. Ist das etwas Besonderes? | |
Eine Insolvenz in Eigenverwaltung kann für ein zahlungsunfähiges | |
Unternehmen sehr attraktiv sein, da das Management die Verantwortung über | |
das Unternehmen nicht an eine*n Insolvenzverwalter*in abgeben muss. | |
Der Geschäftsführung wird lediglich ein*e Sachwalter*in an die Seite | |
gestellt, die*der sie überwachen und bei der Sanierung beraten soll. Diese | |
Möglichkeit soll einen Anreiz schaffen, frühzeitig Insolvenz anzumelden und | |
das Unternehmen noch sanieren zu können. | |
Es gibt eine Reihe bekannter Beispiele für Insolvenzen in Eigenverwaltung: | |
etwa beim einstigen Medienkonzern Kirch, der Airline Air Berlin oder 2020 | |
bei Galeria Karstadt Kaufhof. Allerdings wird diese Form der Insolvenz | |
durchaus kritisch beäugt, da die Insolvenz eine Folge von Managementfehlern | |
sein kann und dadurch bezweifelt wird, dass das Unternehmen erfolgreich | |
saniert wird. | |
Was passiert bei Pleiten mit den Beschäftigten? | |
Mit der Insolvenz eines Unternehmens endet das Arbeitsverhältnis nicht. Die | |
Rechte und Pflichten der Angestellten bleiben also prinzipiell bestehen. | |
Stehen Gehaltszahlungen aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung aus, muss | |
der Arbeitgeber diese allerdings nicht mehr zahlen. Die Angestellten sind | |
dann Gläubiger wie die anderen auch, weder besser noch schlechter gestellt | |
und können nur hoffen, dass sie wenigstens einen Teil ihres ausstehenden | |
Gehaltes aus der Insolvenzmasse vom Insolvenzverwalter überwiesen bekommen. | |
Angestellte haben aber Anspruch auf ein Insolvenzgeld. Dieses zahlt die | |
Bundesanstalt für Arbeit für ausstehende Gehälter von bis zu drei Monaten | |
vor Insolvenzeröffnung oder der Abweisung des Verfahrens, falls gar kein | |
Vermögen mehr vorhanden ist. Das Insolvenzgeld wird in Höhe des Nettolohns | |
ausgezahlt und ist auf Höhe der Beitragsbemessungsgrenze der | |
Sozialversicherungen gedeckelt. | |
2 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Simon Poelchau | |
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