# taz.de -- Tino Chrupalla bei Markus Lanz: Kuscheln mit Rechten | |
> Millionen Menschen demonstrieren gegen die AfD. ARD, ZDF und Co. stellen | |
> deren Parteichef unterdessen ins Rampenlicht. Die Sender verfehlen so | |
> ihren Auftrag. | |
Bild: AfD-Chef Tino Chrupalla in der Show von Markus Lanz beim ZDF | |
Seit Wochen gehen Millionen von Menschen in Deutschland auf die Straße, um | |
gegen die AfD zu protestieren. Trotzdem scheint vor allem der | |
öffentlich-rechtliche Rundfunk einen Crush auf AfD-Chef [1][Tino Chrupalla] | |
zu haben. Zuerst war er Ende Januar bei Sandra Maischberger zu Gast, am | |
Sonntag im Deutschlandfunk zum Interview der Woche geladen und | |
Dienstagabend dann auch noch bei [2][Markus Lanz]. Seinem Kollegen | |
Leif-Erik Holm wurde bei „Hart aber fair“ am Montag sogar eine Plattform | |
zur besten Sendezeit geboten. | |
Die Verantwortlichen begründen diese Entscheidung gern mit dem Argument, | |
[3][bei der AfD] handle es sich um eine demokratisch gewählte Partei. Auch | |
in Talkshows müsse sie deshalb ausreichend vertreten sein. Tatsächlich ist | |
der öffentlich-rechtliche Rundfunk an den Grundsatz der Chancengleichheit | |
der Parteien gebunden. Was dabei gern übersehen wird: Dieser Grundsatz gilt | |
für das Gesamtprogramm einer Anstalt und nicht für jedes einzelne Format. | |
Es wird also niemand dazu gezwungen, AfD-Politiker:innen zu sich in die | |
Sendung einzuladen. | |
Stattdessen sind ARD, ZDF & Co laut Medienstaatsvertrag zu etwas anderem | |
verpflichtet: die Achtung der Menschenwürde zu schützen sowie die Achtung | |
vor Leben, Freiheit und der Meinung anderer zu stärken. Dass die AfD diese | |
Werte infrage stellt, ist mittlerweile mehrfach juristisch bewiesen. In | |
sechs Bundesländern ebenso wie auf Bundesebene gilt die Partei als | |
rechtsextremer Verdachtsfall, in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen als | |
„gesichert rechtsextreme Bestrebung“. Zuletzt hatte das Verwaltungsgericht | |
Köln einen Beschluss veröffentlicht, wonach der Verfassungsschutz die | |
Junge Alternative weiterhin als solche einstufen darf. Demokratisch gewählt | |
bedeutet eben nicht gleich demokratisch. | |
## Wenig Konfrontation | |
Dass Chrupalla das nicht einsehen möchte, war zu erwarten. Bei Lanz | |
behauptete er, der Beschluss zur Jugendorganisation der AfD sei bloß ein | |
weiterer Versuch, den Verfassungsschutz politisch zu missbrauchen, um die | |
Opposition kurz vor den Landtagswahlen klein zu halten. Wenige Stunden | |
zuvor war bekannt geworden, dass Teilnehmer:innen einer Wanderung der | |
Jungen Alternative über Ghettos und Arbeitslager für Migrant:innen | |
schwadroniert hatten. | |
Anstatt den AfD-Chef „inhaltlich zu stellen“, wie es so viele Fanatiker der | |
Habermas’schen „Kraft des besseren Arguments“ in diesen Tagen fordern, gi… | |
Lanz auf Kuschelkurs. „Es gibt Menschen in dieser Sendung, die reden viel | |
extremer als Sie“, meinte der Moderator zu Chrupalla und betonte dann auch | |
noch, er kenne „sehr viele“ gemäßigte Parteimitglieder. Es war der | |
verzweifelte Versuch, die moderate, vernünftige Seite der AfD noch irgendwo | |
in den Sesselritzen aufzuspüren. Als wäre sie dann leichter von guten | |
Argumenten zu überzeugen. | |
Dass diese Idealvorstellung ohnehin reichlich naiv ist, führte Chrupalla | |
bei Lanz wieder einmal bilderbuchmäßig vor. Kunstvoll wich er Fragen aus, | |
drehte Vorwürfe um und stellte Fakten auf den Kopf. Am Ende stellte Lanz | |
resigniert fest: „Heute geht es nur um Sie, Herr Chrupalla!“ Ursprünglich | |
sollte es in der Sendung um Wirtschaft gehen. Stattdessen bekam Chrupalla | |
die Chance, sich und seine Partei weitere 75 Minuten lang zum Opfer zu | |
stilisieren. | |
Ein Argument gegen den Ausschluss von AfDler:innen lautet: Man sollte dem | |
Opfermythos nicht in die Hände spielen. Lanz hat bewiesen: Man tut es auch, | |
wenn man sie einlädt. Als Chrupalla sich beim Moderator beschwerte, als | |
„Parasit“ und „Rattenfänger“ bezeichnet zu werden, pflichtete der ihm … | |
den Worten bei: „So sollte man nicht übereinander sprechen.“ Fehlte nur | |
noch, dass er ihm zärtlich über den Kopf streichelt. | |
8 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Clara Löffler | |
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