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# taz.de -- Hindenburgstraße in Hamburg: Keine Ehre mehr, wem keine gebührt
> Linke, Grüne und SPD wollen den Namen von Hitlers Steigbügelhalter aus
> einem Straßennamen streichen. Anwohner*innen sollen mithelfen.
Bild: Wer will denn nach ihm heute noch eine Straße benennen? Hamburg will die…
Hamburg taz | 1917 wurde Paul von [1][Hindenburg Ehrenbürger] Hamburgs,
1926 wurde eine Straße nach ihm benannt. Jetzt soll sie nach knapp 100
Jahren umbenannt werden – das fordern die Fraktionen von Grünen, SPD und
Linken in ihrem Antrag, der am heutigen Donnerstagabend in der
Bezirksversammlung Nord diskutiert wird. Die Straße verläuft durch die
Stadtteile Alsterdorf und Winterhude. Auf ihrer Strecke befindet sich auch
die Hindenburgbrücke, die [2][ebenfalls umbenannt werden] soll.
Die Linke hatte Ende vergangenen Jahres einen ersten Antrag in der
Bezirksversammlung gestellt, die Hindenburgstraße nach dem Hamburger
Schriftsteller Wolfgang Borchert zu benennen. Dieser konkrete Vorschlag ist
im jetzigen, gemeinsamen Antrag von Grünen, SPD und Linken nicht mehr
enthalten. „Wir finden, dass es Zeit für eine Frau wäre“, sagt Timo Kranz
von der Grünen-Fraktion Nord.
Nur 474 Straßen in Hamburg sind nach Frauen benannt, das entspricht 14
Prozent aller nach Personen benannten Straßen. In 66 Fällen davon sind
Frauen allerdings nur nachträglich mitgenannt worden, sie teilen sich den
Straßennamen also mit Männern.
Das erste Mal waren die Grünen 1988 mit einem Antrag auf Umbenennung der
Hindenburgstraße gescheitert. 2013 hatten die Grünen den Vorschlag erneut
eingebracht, unterstützt von SPD und FDP im Bezirk. Die Umsetzung
scheiterte jedoch am Veto des Hamburger Senats. Der damalige
SPD-Fraktionschef und heutige Finanzsenator Andreas Dressel sagte dazu dem
Hamburger Abendblatt: „Das Eliminieren von Geschichte ist ahistorisch.“
## CDU will gegen den Antrag stimmen
Der Kompromiss: Der 1,3 Kilometer lange Teil der Hindenburgstraße zwischen
Borgweg und Jahnring wurde nach dem sozialdemokratischen
Reichstagsabgeordneten Otto Wels benannt. Wels hatte 1933 trotz Anwesenheit
von SA-Männern im Saal gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt, welches das
Ende der parlamentarischen Demokratie besiegelte. Ab dem Jahnring blieb der
Name Hindenburgstraße, deren Namensgeber als Steigbügelhalter Hitlers gilt.
Als Reichspräsident hatte Paul von Hindenburg Hitler zum Reichskanzler
ernannt.
Den Gegensatz zwischen beiden Namen findet die CDU-Fraktion im Bezirk Nord
erhaltenswert. „Wir glauben, dass die Teil-Umbenennung von 2013 das
richtige Signal für eine historische Einordnung setzt“, sagt Fraktionschef
Andreas Schott. Wenn auch der verbliebene Rest der Hindenburgstraße
umbenannt würde, würde das den Kontext für die Otto-Wels-Straße wieder
entfernen, sagt Schott. Die CDU will deshalb gegen den Antrag stimmen.
Die grundsätzliche Frage ist, ob Personen, nach denen Straßen benannt sind,
regelmäßig auf die heutige Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz überprüft
werden müssen. Schott findet das nicht. „Straßennamen müssen im Kontext
ihrer Zeit verstanden werden“, so der Fraktionsvorsitzende. Sie zu ändern,
gleiche einer „historischen Säuberung der Stadt“.
## Chancen auf Erfolg stehen besser
Kranz rechnet trotzdem mit einer Mehrheit für den Antrag. Bei der
Namensfindung soll die Nachbarschaft einbezogen werden. „Wenn der Antrag
angenommen wird, können Anwohner*innen dem Bezirksamt per E-Mail
Vorschläge für künftige Namen zukommen lassen“, sagt Kranz. Anschließend
würden diese in den Regionalausschüssen Winterhude und Alsterdorf
diskutiert, da die Straße in beiden Stadtteilen liegt. Im Frühjahr soll
dann der endgültige Namensvorschlag in der Bezirksversammlung Nord
abgestimmt und dem Senat vorgelegt werden.
Timo Kranz schätzt die Chancen auf einen Erfolg deutlich besser ein als
2013. „Wir sind noch mal zehn Jahre weiter“, sagt Kranz. Auch wenn von den
Anwohner*innen Gegenwind zu erwarten sei. „Klar ist es nervig, seine
Adresse zu ändern, das betrifft bei einer so langen Straße auch viele“,
sagt er. Diesen Aufwand mit den inhaltlichen Argumenten abzuwägen, sei
allerdings wie „Äpfel mit Birnen vergleichen“. [3][Eine Straßenbenennung
sei eine Ehrung], so Kranz, und diese [4][könne man im Falle Hindenburgs
nicht stehen lassen].
Einige Male wurde der Name Hindenburg bereits aus dem Hamburger
Straßenregister entfernt – wenn auch nicht aus politischen Gründen, sondern
um Verwechslungen zu vermeiden. Acht Straßen mit seinem Namen gab es einst,
wie ein Adressbuch von 1949 belegt. Nun ist nur noch eine übrig. Womöglich
nicht mehr lange.
25 Jan 2024
## LINKS
[1] /Ehrenbuergerwuerde-von-Hindenburg/!5656919
[2] /Namen-fuer-Bundeswehrkasernen/!5961510
[3] /Strassenumbenennung-in-Bremen/!5882164
[4] https://gruene-nord.de/wir/bezirksabgeordnete/timo-b-kranz/timo-b-kranz-vol…
## AUTOREN
Theresa Moosmann
## TAGS
Hindenburg
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Hannover
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