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# taz.de -- Vor Aufmarsch in Göttingen: Querdenker kriegen Gegenwind
> Corona-Leugner und Reichsbürger wollen erneut in Göttingen
> aufmarschieren. Beim letzten Versuch mussten sie umkehren.
Bild: So ähnlich könnte es am kommenden Samstag auch aussehen: Querdenken-Dem…
Göttingen taz | Das Göttinger Bündnis gegen Rechts macht gegen einen
neuerlichen Aufmarsch der Querdenker-Szene an diesem Samstag in der
Universitätsstadt mobil. Es sind sechs Demonstrationen und eine zentrale
Protest-Kundgebung geplant, teilte das Bündnis mit. Die Querdenker-Szene
mobilisiert ihrerseits unter dem Motto „Versammlungsfreiheit statt
Extremismus „in den sozialen Medien für ihren geplanten [1][Aktionstag in
Göttingen].
Die Parole spielt auf die gescheiterte [2][Demonstration im vergangenen
September] an. Damals waren rund 1.500 Menschen gegen die Querdenker auf
die Straße gegangen und hatten dem Aufzug mit Sitzblockaden und – teils
brennenden – Barrikaden den Weg versperrt, der Demo-Zug musste daraufhin
zunächst seine Route ändern und schließlich ganz kehrtmachen.
Als Schmach haben die Querdenker den erzwungenen Rückzug damals empfunden
und sofort angekündigt, dass sie das so nicht stehenlassen wollen. Nun ist
klar: Am kommenden Samstag werden [3][Querdenker, Reichsbürger und
Coronaleugner] aus ganz Deutschland erneut im niedersächsischen Göttingen
aufmarschieren. Und das vermutlich in großer Zahl.
Statt wie im vergangenen Herbst rund 500 Anhänger erwarten sie nun 2.000
Teilnehmer. Außer einer Demo durch die Stadt haben die Veranstalter auch
zwei Autokorsi angekündigt, um ihre Botschaften zu verbreiten. Auf dem
Instagram-Profil „goettingen1301“ der Querdenker heißt es: „Wir werden
nicht weichen! Nach Grundgesetz Art. 8 ‚Alle haben das Recht, sich ohne
Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.‘ – Wir
bestehen darauf!“
## Demo-Anmelder kritisiert Polizei
Der Demo-Anmelder Michael Schele beklagt sich im selben Kanal über die
Polizei: „Sie haben ihren Versammlungsschutz nicht gewährt. Wir sind am
Lautsprecherwagen teilweise hart attackiert worden – dann hätten wir da
auch Playmobil-Männchen hinstellen können.“ In einem Video inszenieren sich
die Querdenkenden als mundtot gemachte.
Schele gilt als Kopf der Querdenker-Szene in Nordrhein-Westfalen und war
häufig Anmelder von Autokorsi und Demonstrationen. Er ist Anhänger der
Verschwörungserzählung vom „Great Reset“, auf Deutsch: „Der große
Neustart“, derzufolge das Weltwirtschaftsforum eine „neue Weltordnung“
installieren wolle – zugunsten der „Elite“ und auf Kosten der „einfache…
Bevölkerung. Schele hat außerdem an der „Wanderausstellung der Impf-Opfer“
mitgewirkt und ist vorbestraft wegen Beleidigung und übler Nachrede.
Als Feind ihrer eigenen Agenda haben die Querdenker mittlerweile aber vor
allem die Grünen ausgemacht. So beschuldigen sie die Partei, ihre Politik
führe „Krieg gegen das Volk“. Weitere „Anklagen“ stehen in bekanntem
Reichsbürger- und Querdenken-Zusammenhang: „Gegen den Pandemievertrag“,
„für den Bargelderhalt“, „für die Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen“.
Relativ neu im Agitationsspektrum der Szene ist die Hetze gegen queere
Menschen – manifestiert etwa am Beispiel queerer Ampelfiguren in Göttingen.
## Bündnis gegen Rechts kündigt Widerstand an
Das Göttinger [4][Bündnis gegen Rechts] will dem was entgegensetzen und hat
daher für den 13. Januar Widerstand angekündigt. „Querdenken einfrieren“,
heißt es in dem dieser Tage verbreiteten Aufruf: „Unter dem Deckmantel
einer Demo für freie Meinungsäußerung wollen die Querdenker in Göttingen
nun zum dritten Mal auftreten. Aber Transfeindlichkeit, Antisemitismus und
offene Drohungen gegen demokratische Politiker sind keine Meinung.“
Bei den Organisatoren des Querdenker-Aufmarsches handele es sich um „eine
gefährliche Mischung aus Wissenschaftsfeinden, Demokratiegegnern,
Reichsbürgern, Esoterikern und extrem Rechten“, sagt Bündnissprecherin
Agnieszka Zimowska vom DGB- Kreisverband Göttingen. „Wir wollen die
winterlichen Temperaturen für eisklare Positionen nutzen: Göttingen lässt
Querdenken einfrieren! Gemeinsam können wir diese Aufmärsche von Rechts
stoppen. Und wir freuen uns darauf, wieder stabil geeint mit vielen dagegen
zu halten.“
„Wir dürfen nicht zulassen, dass rechte Hetze und Verschwörungsideologien
in Göttingen Fuß fassen!“, erklärt die Göttinger Gruppe „Basisdemokrati…
Linke“. „Egal, wie oft sie betonen, dass sie für die Kinder, das Volk, den
Frieden oder jetzt auch die Versammlungsfreiheit seien: Diese Menschen sind
mehr als rechts offen, sie sind offen rechts.“ Sie gewähren zu lassen oder
ihre vermeintlichen Sorgen ernst zu nehmen, bedeute nichts anderes, als
rechtem Gedankengut Tür und Tor zu öffnen.
„Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!“, sagt
Linken-Ratsherr Torsten Wucherpfennig. Querdenker seien davon nicht mehr
weit entfernt, wenn sie gegen Geflüchtete, queere Menschen und Linke
hetzten, „und das werden wir ihnen lautstark entgegnen“.
Die zentrale Kundgebung des Bündnisses gegen Rechts und anderer Gruppen
soll am Samstag um 12 Uhr am Gauß-Weber-Denkmal starten. In Sicht- und
Rufweite des Neuen Rathauses, dessen Vorplatz sich die Querdenker für ihren
Aufmarsch ausgeguckt haben.
10 Jan 2024
## LINKS
[1] /Querdenker-Demo-in-Goettingen/!5959242
[2] /Querdenker-Szene-in-Goettingen/!5956749
[3] /Querdenken-Bewegung/!t5718280
[4] /Antifaschismus/!5954972
## AUTOREN
Reimar Paul
## TAGS
"Querdenken"-Bewegung
Göttingen
Schwerpunkt Demos gegen rechts
Demonstration
Reichsbürger
Verschwörungsmythen und Corona
Kolumne Der rechte Rand
Rechte Szene
Göttingen
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