Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Weltwirtschaftsforum in Davos: Genug Gesprächsstoff am Tisch
> Außerhalb von Davos driftet die Welt auseinander. Doch beim
> Weltwirtschaftsforum soll der freundliche Plausch die Gegensätze
> überbrücken.
Bild: Emmanuel Macron spricht mit dem CEO von OpenAI, Sam Altman, am Rande des …
DAVOS taz | Man muss das alljährliche Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos
nicht mögen. Diesen Kongress [1][der Milliardäre], die die Welt gestalten
wollen, weil sie es können, und es auch tun. Aber es ist ein guter Ort, um
zu sehen, welche Kräfte den Lauf der Dinge prägen. Jake Sullivan, der unter
anderem für Kriege zuständige enge Mitarbeiter von US-Präsident Joe Biden,
beschrieb die internationale Lage so: „strategische Konkurrenz in einer Ära
der gegenseitigen Abhängigkeit“.
Den eindrucksvollsten Auftritt legte dieses Jahr der ukrainische Präsident
Wolodimir Selenski hin. „Putin ist ein Raubtier, das sich nicht mit
Tiefkühlkost zufriedengibt“, sagte er im vollen Saal des Kongresszentrums
von Davos. Damit spielte er auf die Forderungen an, den Krieg Russlands
gegen sein Land „einzufrieren“ und die Gebietsverluste der Ukraine zu
akzeptieren. Russlands Präsident Putin werde jegliches Entgegenkommen als
Einladung zu weiterer Aggression verstehen.
Davos steht auf Seiten der Ukraine, offiziell wird Russland boykottiert.
Deutschlands Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) versuchte,
Unternehmen zur Investition in dem angegriffenen Land zu bewegen.
[2][Erhoffte ausländische Firmenansiedlungen in seinem Land] bezeichnete
Selenski als Investitionen in die Sicherheit Europas. VertreterInnen von 80
Staaten nahmen an einer Friedenskonferenz mit der ukrainischen Regierung
teil.
Die Welt hat sich nach dem russischen Angriff neu sortiert – und teils
separiert. Aber nicht nur um diesen Konflikt ging es: China einerseits, die
USA und Europa andererseits konkurrieren um die politische und
wirtschaftliche Führung. Chinas Ministerpräsident Li Qiang machte
Vorschläge zur Güte, indem er mehr wirtschaftliche Kooperation anregte,
doch westliche PolitikerInnen wie Habeck und EU-Kommissionspräsidentin
Ursula von der Leyen verhielten sich reserviert. Gleichzeitig wissen die
Regierungen, dass ihre Ökonomien stark verknüpft sind. Ein scharfer
Konflikt könnte gigantische Schäden auf beiden Seiten verursachen.
## Momente der Annäherung
Eine Entwicklung, die man in Davos nicht gutheißen kann. Der WEF arbeitet
als Lobbyorganisation der größten Konzerne und setzt sich traditionell für
freien Handel weltweit ein. „Nun leben wir in einer Welt, in der
wirtschaftliche Konkurrenz zunehmend mit Mitteln von Zöllen, Sanktionen,
Importkontrollen und Protektionismus ausgetragen wird“, sagte Geoökonomin
Katrin Kamin vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel. „Ökonomie fungiert
mehr und mehr als Waffe in der Auseinandersetzung zwischen Staaten.“
Die OrganisatorInnen des WEF wollen dem entgegenwirken. Sie betrachten den
Kongress als alljährlich stattfindenden runden Tisch der Welt, an dem
freundliche Gespräche die Gegensätze überbrücken sollen. Solche Momente
gibt es immer wieder. So konnte der saudi-arabische Außenminister Prinz
Faisal bin Farhan die Anerkennung Israels in Aussicht stellen, wenn das
palästinensische Volk im Gegenzug wirklich einen eigenen Staat bekäme.
Israels Präsident Izchak Herzog bezeichnete das als „Chance“. Wenngleich
er darauf hinwies, dass die Zweistaatenlösung in Israel nach dem Angriff
der Hamas vom 7. Oktober wenig Unterstützung finde. UN-Generalsektretär
António Guterres beklagte, beide Kriegsparteien träten das Völkerrecht mit
Füßen.
Am meisten interessierten sich viele ManagerInnen jedoch für die neuen
Möglichkeiten des Maschinenlernens. Die entsprechenden Veranstaltungen
waren immer voll. Werden KI-Programme [3][wie ChatGPT] so durchschlagende
Wirkung entfalten wie die Entwicklung der Elektrizitätsversorgung im 19.
Jahrhundert – und das Leben aller verändern? „Ja“, sagte Qualcomm-Chef
Cristiano Amon. Economist-Chefredakteurin Zanny Beddoes machte einen
skeptischen Eindruck.
Wenn die Welt, zum Teil zumindest, auseinandertreibt, gibt es großen
Gesprächsbedarf. So kamen dieses Jahr 60 Staats- und Regierungsspitzen nach
Davos, mehr als sonst. Wobei von den Staatschefs der westlichen G7-Gruppe
nur Emmanuel Macron aus Paris anreiste. Afrika und Südamerika waren
insgesamt schwach vertreten, Asien und der Nahe Osten dagegen stark. So
oder so: Wenn in zwei Jahren möglicherweise der 2024 neu gewählte
US-Präsident per Helikopter einschwebt, wie Donald Trump 2020, werden im
Pressezentrum alle Tische besetzt sein.
18 Jan 2024
## LINKS
[1] /Ungleichheit-vorm-Weltwirtschaftsgipfel/!5982853
[2] /Wiederaufbau-der-Ukraine/!5939046
[3] /Kuenstliche-Intelligenz/!5948779
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Weltwirtschaftsforum
Ukraine
Wolodymyr Selenskij
China
Emmanuel Macron
Weltwirtschaftsforum
Schwerpunkt Krieg in Sudan
Monopol
soziale Ungleichheit
## ARTIKEL ZUM THEMA
Wirtschaftsgeograf über Klimapolitik: „Das WEF ist der falsche Ort“
Die Klimakrise lässt sich in Davos nicht bekämpfen, sagt der
Wirtschaftsgeograf Christian Zeller. Er plädiert für eine ökosozialistische
Gesellschaft.
Gipfelmarathon in Afrika: Krisengespräche am Victoriasee
Drei Gipfel vor allem ärmerer Länder finden parallel zu Davos statt.
Themen: Sudan und der Konflikt zwischen Somalia und Äthiopien.
Warnung vor Macht der Großunternehmen: Extraprofite für Musk und Co.
Eine neue Studie warnt vor der Macht der global größten Konzerne: Danach
konnten Riesenunternehmen ihre monopolartige Stellung noch steigern.
Ungleichheit vorm Weltwirtschaftsgipfel: Die Profiteure der Krisenjahre
Trotz Krisen und Inflation werden die reichsten fünf Männer noch reicher.
Sie haben ihr Vermögen seit 2020 mehr als verdoppelt, zeigt der
Oxfam-Bericht.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.