| # taz.de -- Gipfelmarathon in Afrika: Krisengespräche am Victoriasee | |
| > Drei Gipfel vor allem ärmerer Länder finden parallel zu Davos statt. | |
| > Themen: Sudan und der Konflikt zwischen Somalia und Äthiopien. | |
| Bild: Delegierte während der Eröffnung des 19. NAM-Gipfels (Non Alligned Move… | |
| Kampala taz | Mit Sirenengeheul brausen die Staatskarossen zum | |
| Konferenzzentrum südlich der ugandischen Hauptstadt Kampala. Entlang der | |
| Straße sind Soldaten postiert, die Fahrbahn ist frisch geteert, am | |
| Straßenrand wurden kurz zuvor noch schnell Palmen gepflanzt. | |
| Während sich die weltweit führenden Industrienationen im schweizerischen | |
| Davos zum Weltwirtschaftsforum treffen, versammeln sich parallel dazu im | |
| Herzen Afrikas die Staats- und Regierungschefs der ärmeren Länder. Gleich | |
| drei große Gipfel werden in diesen Tagen nun am Victoriasee abgehalten: | |
| zunächst der NAM-Gipfel (Non Alligned Movement). In diesem 1960 gegründeten | |
| UN-Forum sind 120 Länder vertreten, die sich keinem der Blöcke des Kalten | |
| Krieges zuordnen wollten. | |
| Zahlreiche Staats- und Regierungschefs aus Afrika, Lateinamerika und Asien | |
| reisen an, selbst Russland, China und Südkorea haben Vertreter entsendet. | |
| Viele Delegationen haben sich für länger in Kampala eingebucht. Denn | |
| nächste Woche findet im selben Konferenzzentrum das Treffen der G-77 statt, | |
| in welcher 135 Entwicklungsländer vertreten sind. | |
| Zu Donnerstag hat Ugandas Präsident Yoweri Museveni zudem sämtliche | |
| Nachbarstaaten, die im Regionalblock IGAD (Intergovernmental Authority on | |
| Development) Mitglied sind, zu einem Sondertreffen eingeladen. Auf der | |
| Agenda stehen zwei Konflikte, die die ganze Region gefährden: der Krieg im | |
| Sudan und [1][die eskalierende Lage am Horn zwischen Somalia und | |
| Äthiopien.] | |
| ## Spannungen im Vorfeld | |
| Doch dieses IGAD-Treffen sorgte im Vorfeld für Spannungen. Kurzerhand hat | |
| Sudans Außenministerium am Mittwoch seine IGAD-Mitgliedschaft suspendiert – | |
| aus Protest. Und auch Äthiopiens Premierminister Abiy Ahmed sagte sein | |
| Kommen ab. | |
| Im Sudankrieg wendet sich das Blatt. Die Rebellenmiliz RSF (Rapid Support | |
| Forces) nimmt immer mehr Gebiete ein und installiert bereits in der | |
| Hauptstadt Karthum, die weitestgehend unter RSF-Kontrolle ist, eine | |
| Verwaltung. RSF-Anführer General Mohammed Hamdan Dagalo, alias Hametti, | |
| [2][gibt sich nun auch auf internationalem Parkett als Staatsmann.] | |
| Ugandas Präsident Museveni hat ihn vor zwei Wochen empfangen. Und auch | |
| jetzt ist Hametti nach Kampala gereist. Er soll auf Musevenis Wunsch dem | |
| IGAD-Treffen beiwohnen. Am Mittwoch traf er sich mit dem Sondergesandten | |
| der UN-Generalversammlung, Ramatane Lamamra. | |
| Sudans Außenministerium, das der Regierungsarmee unter General Abdel Fattah | |
| Al-Burhan nahesteht, wirft nun der IGAD und Museveni vor, parteiisch zu | |
| sein. Dass der Warlord „hofiert“ wird, hat General Burhan entzürnt. Er warf | |
| der IGAD die „Verletzung der Souveränität Sudans“ vor. | |
| ## Zu Friedensgesprächen bereit | |
| Dafür wird Sudans ehemaliger Premierminister Abdallah Hamdok anreisen, der | |
| Vorsitzende der Koalition der Zivilgesellschaft, auch Taqadum genannt. | |
| Taqadum-Vertreter hatten sich bereits Anfang Januar mit Hametti getroffen, | |
| um Möglichkeiten von Friedensverhandlungen auszukundschaften. Der | |
| RSF-Anführer beteuerte in den vergangenen Wochen mehrfach, er sei zu | |
| Friedensgesprächen mit seinem Rivalen General al-Burhan bereit. | |
| Diese Gespräche hätten eigentlich am Donnerstag im Rahmen des IGAD-Gipfels | |
| stattfinden sollen. Es wäre das erste Mal gewesen, dass sich die beiden | |
| Erzrivalen in einem Raum eingefunden hätten. | |
| Die Lage im Sudan wird immer schlimmer. UN-Experten, die zu | |
| Menschenrechtsverbrechen im Sudan ermitteln, veröffentlichten am Mittwoch | |
| einen Bericht, der die unzähligen Menschenrechtsverletzungen in den | |
| vergangenen zehn Monaten des Krieges dokumentiert. Der UN-Experte für | |
| Menschenrechte im Sudan, Radhouane Nouicer, drängte erneut die beiden | |
| Konfliktparteien, eine Ende des Krieges zu ersuchen, der bereits 7,6 | |
| Millionen Menschen vertrieben hat. | |
| Unterdessen bahnt sich in der Nachbarregion am Horn ein weitere Eskalation | |
| an. Äthiopien hat zu Beginn des Jahres mit der von Somalia abtrünnigen | |
| Region Somaliland, das international nicht anerkannt wird, ein Abkommen | |
| unterzeichnet. Laut diesem darf Äthiopien nun einen Militärstützpunkt am | |
| Roten Meer in Somaliland errichten. | |
| Somalias Regierung in Mogadischu hat diesen Deal für ungültig erklärt und | |
| nennt ihn eine „Verletzung der Souveränität“ des Landes. Als eine | |
| hochrangige äthiopische Delegation am Mittwoch nach Somaliland reisen | |
| wollte, wurde der Ethiopian-Airlines-Maschine die Landeerlaubnis | |
| verweigert. Auch hier will IGAD nun vermitteln. | |
| 18 Jan 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Simone Schlindwein | |
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