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# taz.de -- Lesbisches Wohnprojekt: Regenbogen hinter grauer Fassade
> In Mitte wurde der Grundstein für das erste Wohnprojekt für lesbische
> Seniorinnen gelegt. Lange wurde dafür gekämpft.
Bild: In der Berolinastraße steht bald der schiefe Turm von Mitte
Berlin taz | 2007 hatten sie die Idee, zusammen alt zu werden. Die Frauen
von der lesbischen Initiative Rad und Tat Berlin (RuT) wollten ohne
Diskriminierung und in Würde ihre goldenen Jahre gemeinsam verbringen. Am
Donnerstag sind sie ihrem Traum einen Schritt näher gekommen. Der
Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) steht an einem Rednerpult und
schaufelt Spachtelmasse auf einen kleinen Turm. Er legt den symbolischen
Grundstein darauf und versucht ihn gerade zu klopfen. Eine Zuschauerin
witzelt: „Das wird der schiefe Turm von Mitte.“
Genauer gesagt wird es [1][ein lesbisches Wohnprojekt]. „Was hier heute
passiert, ist wirklich etwas Besonderes“, sagt Wegner. Besonders, weil es
das erste seiner Art in Berlin ist. „Schade, dass es immer noch etwas
Besonderes ist.“ Schade, weil die Frauen von RuT seit einem Jahrzehnt für
dieses Projekt kämpfen. Dabei sah der Traum von einem Lebensort für
lesbische Seniorinnen am Anfang noch anders aus und sollte anderswo
realisiert werden. Schade auch, denn sie mussten große Abstriche für ihren
Traum machen.
2018 bewarben sich sowohl RuT als auch die Schwulenberatung um [2][ein
Grundstück in Schöneberg.] Die landeseigene Berliner Immobilienmanagement
GmbH hatte sich zunächst für RuT entschieden – doch dann eskalierte der
Streit durch ein von der Schwulenberatung angestrengtes Gerichtsverfahren.
Am Ende gewannen die finanziell besser gestellten Männer.
RuT wandte sich dann dem Grundstück in der Berolinastraße zu, wollte es
ursprünglich auch kaufen. Denn das war immer der Traum: von Frauen, für
Frauen. Sie wollten unabhängig alt werden. Obwohl die Finanzierung für das
lesbische Wohnprojekt stand, vergab der Senat das Grundstück aber an die
Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM). Stattdessen werden die Frauen von RuT
nun doch Mieterinnen, dürfen immerhin selbst über die zukünftigen
Mitbewohnerinnen entscheiden. Der Mietvertrag, der voraussichtlich Mitte
dieses Jahres unterschrieben wird, läuft vorerst über maximal 30 Jahre. Das
könnte bei den jüngeren Seniorinnen [3][für Bauchschmerzen sorgen.]
## Denn das war immer der Traum: von Frauen, für Frauen.
Die Frauen der RuT haben jedoch vorerst keine andere Wahl. Das hält sie
nicht davon ab, weiterzukämpfen. „Wir hoffen, dass wir längerfristig noch
ein Grundstück finden können“, erklärt Geschäftsführerin Jutta Brambach.
Die Ressourcen sind jedoch begrenzt. „Im Moment ist es wichtig, dass wir
das Projekt in der Berolinastraße erst einmal realisieren können.“
Eine künftige Bewohnerin freut sich schon auf die Einweihungsparty, wenn
sie endlich einziehen kann. „Es war schon immer mein Ding, mit Frauen zu
leben“, sagt sie. Sie wird fast 80 Jahre alt sein, wenn sie umzieht – wenn
alles nach Plan läuft. Anfang 2026 soll das Haus bezugsfertig sein.
„In dem Alter zieht man nicht mehr so gerne um“, sagt sie. Auch die Kosten
werden für sie steigen. Die WBM hat zwar vorerst einer Miete von 7 Euro pro
Quadratmeter zugesagt, aber das ist immer noch mehr als das, was sie
derzeit zahlt. Doch sie ist bereit, all das auf sich zu nehmen. „Das Motiv
sind wirklich die Frauen“, sagt sie mit funkelnden Augen.
Die Grundsteinlegung steht ganz im Zeichen der lesbischen Sichtbarkeit. Zum
Ende der Pressekonferenz überreicht Wegner ein besonderes Dankeschön an
Brambach: einen Bärenknopf. Normalerweise gebe es die Hauptstadtsymbole nur
in Kupfer oder Silber. Er habe dafür gekämpft, dass es sie für die
Regenbogenhauptstadt auch in bunt gibt. Stolz zieht er seine Jacke auf und
nimmt das kleine Schmuckstück heraus. „Ich schenke es Ihnen jetzt, weil Sie
dieses Bärchen verdient haben“, sagt er. „Vielen Dank für das, was Sie f�…
Berlin geleistet haben.“
Wegner erwähnt nicht, dass der erste Bauantrag 2020 unter anderem deshalb
abgelehnt wurde, weil die Frauen das Haus gerne in Lila gehabt hätten.
Welche Farbe wird das Haus nun haben? Grau. Aber davon lassen sich die
Frauen nicht unterkriegen. Zu lange haben sie für dieses Projekt gekämpft.
„Wir müssen es anders realisieren, um sichtbar zu sein“, sagt die
zukünftige Bewohnerin Ilona Böttcher. „Wir werden kreative Wege finden, um
das Haus bunt zu gestalten.“
11 Jan 2024
## LINKS
[1] /Berlins-Queerbeauftragter-ueber-Pride/!5983935
[2] /FrauenKulturWohnen-wird-doch-gebaut/!5614396
[3] /Gewalt-gegen-LGBTIQ-Community/!5738694
## AUTOREN
Clara Suchy
## TAGS
lesbisch
Schwulenberatung Berlin
Schwerpunkt LGBTQIA
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Intersektionalität
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Queer
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