# taz.de -- Krisenherde 2024: Wo die Not weiter wachsen wird | |
> In Sudan und Gaza dürfte im kommenden Jahr der Hilfsbedarf am stärksten | |
> steigen. Doch auch anderswo ist die Lage prekär. | |
Bild: Kampf um eine Mahlzeit: Rafah in Gaza am 22. Dezember 2023 | |
BERLIN taz | Das International Rescue Committee (IRC) rechnet damit, dass | |
sich die humanitäre Lage 2024 in 20 Ländern stark verschlechtert. Laut der | |
Emergency Watchlist 2024 der NGO, die kurz vor Weihnachten vorgestellt | |
wurde, leben in diesen Staaten etwa 10 Prozent der Weltbevölkerung, auf sie | |
entfallen aber rund 86 Prozent des weltweiten Hilfsbedarfs. Fast immer sind | |
Konflikte der wesentliche Faktor. | |
An der Spitze der IRC-Katastrophenliste steht Sudan. Dort kämpfen seit | |
April die Armee und die Miliz RSF (Rapid Support Forces) um Macht und | |
Einfluss. [1][Der Krieg] wird auf dem Rücken der Zivilbevölkerung | |
ausgetragen, insbesondere in der Hauptstadt Khartum und in der Region | |
Darfur. Von rund 48 Millionen Einwohnern sind nach UN-Angaben mittlerweile | |
fast 7 Millionen auf der Flucht. „Die großflächige urbane Kriegsführung, | |
die Gefahr, dass sich die Kämpfe auf andere Regionen ausbreiten, und eine | |
geringe internationale Aufmerksamkeit können dazu führen, dass sich die | |
Lage 2024 noch dramatisch verschlechtert“, heißt es im IRC-Bericht. Seit | |
seinem Erscheinen hat der Krieg die Provinz Gezira an der Grenze zu | |
Äthiopien erreicht, wohin sich zahlreiche Menschen aus Khartum geflüchtet | |
hatten; nun sind bis zu 300.000 erneut auf der Flucht. | |
Der Gazastreifen gilt weltweit als der gefährlichste Ort für die | |
Zivilbevölkerung, seit [2][israelische Militärschläge weite Gebiete | |
zerstört und 85 Prozent der Bevölkerung obdachlos gemacht haben]. Auf der | |
IRC-Rangliste steht Gaza nur auf Platz zwei, aber UN-Hilfswerke sagen, | |
nirgendwo sonst habe sich zuletzt die humanitäre Lage so dramatisch | |
verschlechtert. Nach Datenauswertungen des internationalen | |
Hungerfrühwarnsystems IPC leben mittlerweile über 90 Prozent der rund 2,3 | |
Millionen Einwohner des Gazastreifens in „akutem Hunger“, Phase 3 der | |
fünfstufigen IPC-Skala: sie haben nicht täglich zu essen und müssen ihren | |
Besitz verkaufen, um an Lebensmittel zu kommen. Ein Viertel der Bevölkerung | |
Gazas lebe sogar in „hungersnotähnlichen Zuständen“, die weltweit sehr | |
seltene Phase 5, in der Zugang zu Nahrungsmitteln völlig fehlt und | |
mindestens zwei von 10.000 Menschen pro Tag an Hunger sterben. | |
Südsudan, die Nummer drei, leide massiv unter den Auswirkungen von | |
Konflikten und Klimawandel, heißt es im IRC-Bericht. Von den 11 Millionen | |
Einwohnern sind rund 9 Millionen nach UN-Angaben auf humanitäre Hilfe zum | |
Überleben angewiesen, dazu kommen über 400.000 Flüchtlinge aus Sudan. Für | |
das kommende Jahr werden dort erneut Überschwemmungen erwartet, ausgelöst | |
durch das Extremwetterphänomen El Niño. | |
Auch Burkina Faso, Myanmar und Mali stehen vor einer starken | |
Verschlechterung, gefolgt von Somalia, Niger, Äthiopien und der | |
Demokratischen Republik Kongo. In Kongo ist die Zahl der Binnenvertriebenen | |
nach UN-Angaben auf knapp 7 Millionen gestiegen, bei rund 100 Millionen | |
Einwohnern. | |
Die humanitäre Koordinationsstelle der Vereinten Nationen (OCHA) weist | |
darauf hin, dass 2023 zum ersten Mal seit vielen Jahren die über das | |
UN-System abgewickelte humanitäre Hilfe weltweit stark gesunken ist, von | |
41,1 auf 29 Milliarden US-Dollar. Während die UN-Hilfsprogramme für die | |
besetzten palästinensischen Gebiete im ablaufenden Jahr zu 100 Prozent | |
finanziert waren, kam keines der anderen neun Länder über 50 Prozent | |
hinaus. Südsudan liegt mit 50 Prozent Deckung des Hilfsbedarfs an der | |
Spitze, Myanmar und Mali sind mit 30 und 27 Prozent Schlusslicht. Dies hat | |
vor allem damit zu tun, wie offen die jeweiligen Regierungen für | |
ausländische Hilfe sind. | |
29 Dec 2023 | |
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## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
Dominic Johnson | |
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