# taz.de -- AfD und Jugendclub: Auf in die Zukunft | |
> Dem Träger des Müncheberger Jugendclubs wurde das Aus mitgeteilt. Die | |
> Stadt bot dem Club an, zeitversetzt in eine Räumlichkeit mit der AfD zu | |
> ziehen. | |
Bild: Der Jugendclub war eine wichtige Anlaufstelle für die Jugendlichen in M�… | |
Sie kamen her, um Fußball zu spielen, Hausaufgaben zu machen oder | |
persönliche Probleme zu besprechen. Damit soll jetzt Schluss sein. Wie | |
Mitte November überraschend bekannt wurde, soll den Müncheberger Kindern | |
und Jugendlichen ihr Club „2nd Home“ genommen werden. Dagegen protestieren | |
sie am Donnerstagabend auf dem Müncheberger Marktplatz. | |
Nachdem das Clubgebäude im März 2021 abgebrannt war, hatten sich zwei | |
Sozialarbeiter*innen, Meral Kurt und Sven Zepke, zweieinhalb Jahre lang | |
engagiert, um Übergangslösungen zu finden. Sie trafen sich mit den Kids | |
draußen, im Winter in einem benachbarten Raum, schließlich in Containern | |
auf dem Gelände. Die Unterstützung, die sie erhielten, kam von allen, „aber | |
nicht von der Stadt,“ so Zepke. | |
Nach einer Schadstoffmessung auf dem ehemaligen Gaswerkgelände im | |
September, habe die Stadt eine „Vorabinformation“ des Labors erhalten, dass | |
eine „vorläufige Kinder- und Jugendarbeit nicht zu empfehlen“ sei, so | |
Bürgermeisterin Uta Barkusky. Am 01.Oktober wurde das Gelände geschlossen, | |
einen Einblick in das Gutachten wurde den Sozialarbeiter*innen nicht | |
gewährt, erzählt Meral Kurt. Auch nicht auf Anfrage des Bauausschusses. | |
Die Bürgermeisterin versprach den Kids einen Raum, der laut Barkusky eine | |
„gute Übergangsvariante“ darstelle. Das sah der Träger des Clubs, die | |
Stiftung SPI, anders. Die Nutzungsbedingungen sahen eine zeitversetze | |
Doppelnutzung mit der AfD vor sowie ein Verbot zur Gestaltung des Raumes. | |
Zudem sollte die SPI die Haftung für das Gesamtgelände übernehmen, welches | |
jedoch auch von anderen Vereinen genutzt würde, so Friederike Fuchs, | |
ehrenamtliche Unterstützerin. | |
„Das war Schikane!“, empört sie sich. Es sei Struktur in der Stadt, | |
Bedingungen zu setzen, mit denen man nicht arbeiten könne und sich so aus | |
der Verantwortung zu ziehen. Dies sei nur ein weiteres Glied in einer | |
langen Kette von Projekten und Jugendclubs, die von der Stadt zerstört | |
würden. Nach den Uneinigkeiten über den Raum brach die Stadt die | |
Verhandlungen mit SPI ab. Barkusky begründet das mit dem Auslaufen des | |
Vertrags. Zepke und Fuchs vermuten vielmehr, dass die Stadt sich „auf den | |
Schlips getreten“ gefühlt habe. | |
Stadt will Jugendarbeit in eigene Hand nehmen | |
Statt der Fortführung der Arbeit mit SPI teilte die Stadt mit, die offene | |
Jugendarbeit fortan selbstständig zu organisieren. Ein Jugendkoordinator | |
werde eingeführt, der gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen Konzepte | |
und Projekte erarbeite und durchführe. Er soll alle Ortsteile abdecken, für | |
Kinder- und Jugendbeteiligung sorgen und die Seniorenarbeit koordinieren, | |
so Zepke. Dass eine Person das in 39 Stunden in der Woche abdecken könne, | |
hält er für unmöglich. „Meral und ich haben zusammen 36 Stunden in der | |
Woche gearbeitet und die Stunden haben hinten und vorne nicht gereicht.“ | |
Mit der Einführung des Jugendkoordinators möchte die Stadt mehr Kinder und | |
Jugendliche unterstützen. „Im ‚2nd Home‘ wurden nur 10 bis 15 Kinder | |
betreut“, sagt Barkusky. „Wir haben aber ca. 1.100 Kinder und Jugendliche | |
in Müncheberg.“ Die Protestierenden entgegnen, dass sie 60 bis 70 | |
Jugendliche erreicht hätten. Zudem gebe es im Ortsteil Müncheberg fast | |
dreimal so viele Kinder und Jugendliche, wie in allen anderen Ortsteilen. | |
„Der Brennpunkt ist hier!“ sagt Fuchs. Müncheberg habe die höchste Dichte | |
an Kindeswohlgefährdungen, hier lägen Spritzbestecke rum und seien die Kids | |
so alkoholisiert, dass die jungen Mütter sich nicht mehr in den Park | |
trauten. | |
Fuchs glaubt, dass ein Jugendkoordinator ein „Feigenblatt“ ist, der „Sach… | |
für die Stadt abarbeitet“. Als „weisungsbefugter Einzelkämpfer“ würde … | |
durch fachfremde und andere Interessen als die der Kinder und Jugendlichen | |
beeinflusst. „Die Jugend wird hier als ein Störfaktor behandelt, die im | |
Verwaltungsakt bereinigt werden muss“, kritisiert sie. | |
Kurt und Zepke befürworten die Einführung eines Jugendkoordinators, aber | |
nicht zum Opfer des „2nd Home“. Dass zwei Menschen die Stellen gestrichen | |
werden, die zu den Jugendlichen eine vertrauensvolle Beziehung aufgebaut | |
haben, können die Protestierenden nicht nachvollziehen – zuletzt angesichts | |
des Fachkräftemangels. „Wenn qualifizierte und motivierte Personen vor Ort | |
sind, sollten diese unter allen Umständen gehalten werden.“ | |
Der massive Widerstand der Bürger*innen hat Bewegung in Gang gesetzt. | |
Die Stadt zeige sich Gesprächsbereitschaft mit der SPI, sagt Zepke am | |
Donnerstagabend. Am 12. Dezember finden Gespräche zwischen der Stadt und | |
dem Träger statt. Initiiert worden waren sie von einem Drittvermittler. Auf | |
die Gespräche schauen die Protestierenden optimistisch. Sie glauben auf | |
einem guten Weg zu sein, dass „2nd Home“ unter der Trägerschaft der SPI zu | |
retten. | |
„Never change a winning team!“, ruft ein Protestierender in die Menge. „U… | |
mit Meral und Sven ist der Jugendclub das.“ | |
10 Dec 2023 | |
## AUTOREN | |
Lilly Schröder | |
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