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# taz.de -- Die Wahrheit: Heiteres von der Hamas
> Die Terrororganisation ist längst auch hierzulande aktiv. Und wie in
> Palästina wirkt sie vor allem unterirdisch, doch mit einer neuen
> Charmeoffensive.
„Herzlich willkommen bei der Hamas“, begrüßt uns ein Bewaffneter mit
dunklem Vollbart, um seinen Schädel trägt er das palästinensische
Kufiya-Tuch geschlungen. „Ich bin der Thorben, und meine Pronomen sind
er/sein. Vielen Dank für Ihr Interesse an unserer Arbeit. Wie gefällt Ihnen
unser neues Hauptquartier?“
Die deutsche Niederlassung der Hamas ist wegen des hierzulande erlassenen
Betätigungsverbots an einem geheimen Ort verborgen, aber immerhin kann die
Terrororganisation standesgemäß im Tunnel residieren. Wenigstens das
erkennen wir, nachdem man uns die Kapuzen abgenommen und unsere Augen sich
an das Dämmerlicht gewöhnt haben. Wir schauen uns im unterirdischen Gelass
um. An feuchten Wänden künden Parolen in Frakturschrift vom bevorstehenden
Endsieg. Offenbar ist die „Hamas/AO“ nicht der erste Mieter in diesem alten
Bunker, fügt sich aber gut ins historische Ambiente ein.
Unser Kontakt zur AO, zur Auslandsorganisation der Hamas, erfolgte
zufällig und schmerzhaft. Eigentlich hatten wir die Betreiber der Berliner
Imbissstube „Hamas & Falafel-Haus“ bloß auf den kuriosen Schreibfehler im
Wort „Hummus“ hinweisen wollen, da schlug man uns hinterrücks nieder.
Offenbar sind wir versehentlich einem Geheimnis auf die Spur gekommen, das
selbst Nachrichtendiensten lange verborgen blieb: Auch in Deutschland
verfügt die Terrorsekte über klandestine Strukturen. Und nicht alle diese
Strukturen verteilen Bonbons, predigen in Moscheen ewige Muslimbrüderschaft
oder klappern mit der Spendendose.
Thorben lässt uns schwarzen Tee bringen, während wir ein zeitgenössisches
Gemälde an der Breitseite des Raums betrachten. In naiv-farbenfroher
Volkskunstmanier tanzen dort Hamas-Gründer Scheich Yassin und Adolf Hitler
auf einem zerbrochenen Davidstern, unter dem sich eine Schlange windet,
deren Gesicht sämtliche Stereotypen einer antisemitischen Karikatur
aufweist. „Das wird der offizielle Hamas-Beitrag zur Documenta 2027“,
erklärt Thorben. „Oder ist das auf der Botschaftsebene wieder zu subtil
geraten? Beim letzten Mal hat es ja ewig gedauert, bis es jemandem
aufgefallen ist. Man muss die Leute wirklich viel besser für Antisemitismus
sensibilisieren.“
## Brandneuer Werbeslogan vom frisch entdeckten PR-Berater
Der Mittzwanziger hat kürzlich als PR-Berater bei den Islamisten
angeheuert, nachdem er auf einer Pro-Palästina-Demo von einem Talentscout
der Hamas entdeckt wurde. „Der Slogan ‚Free Palestine from German Guilt‘
ist von mir“, bekennt Thorben stolz. „Jedenfalls der Teil mit der …“, er
zeichnet Anführungszeichen in die Luft, „ … deutschen Schuld.“
Der junge Kreative soll dem eliminatorischen Antisemitismus der Hamas ein
moderneres Gesicht geben und Judenhass für progressive junge Menschen
attraktiv machen, die mit rechtsradikalen alten weißen Männern wenig
anfangen können.
„Die Kollegen in Gaza waren selbst ein wenig überrascht, wie positiv ihre
Aktion im Oktober aufgenommen wurde. Wer hätte gedacht, dass man Leuten mit
Exekutionsvideos von jüdischen Menschen so viel Freude bereiten kann.
Trotzdem wollten sich nicht alle Zielgruppen mit der expliziten Bildsprache
anfreunden. Da müssen wir uns kommunikativ breiter aufstellen, ohne unsere
core values zu verleugnen.“
Zuvor habe er sich „in einer NGO für das Klima engagiert“, erzählt Thorbe…
zum Bruch sei es erst gekommen, als ihm Zweifel am Konzept des
menschengemachten Klimawandels gekommen sind. „Nicht Menschen, sondern
Juden machen das Klima kaputt“, weiß er heute bestimmt. Hat er Greta
Thunberg zu ihrem verstörenden Auftritt verleitet? „Kein Kommentar“, lautet
Thorbens Kommentar.
„Saß Scheich Yassin nicht eigentlich im Rollstuhl?“, versuchen wir die
Stimmung mit Blick auf den hüpfenden Rauschebart aufzulockern, aber diese
Bemerkung verbittet sich der sensible Thorben als ableistisch, kein Mensch
solle wegen seiner Behinderung ungleich behandelt werden. Viel lieber
möchte er den weißen Siedlerkolonialismus im Apartheidstaat Israel geißeln.
Sich selbst definiert der blasse Deutsche ebenfalls als „Person of Color“,
denn auch er würde als indigene Person im eigenen Land von Fremdmächten
unterdrückt. „Sie wissen schon, von wem“, zwinkert uns der junge Aktivist
zu. Wir ahnen es. Dennoch hält uns Thorben einen langen Vortrag über die
„zionistische Weltregierung“. Trotz seines obsessiven Verschwörungsglaubens
stört es den deutschen Spinndoktor, dass die Hamas immer als „Partei
fanatischer Antisemiten“ dargestellt wird.
„Obwohl es toll ist, dass der Widerstand gegen das zionistische Gebilde
postkoloniale Linke und islamische Faschisten über alle ideologischen
Gräben vereint, kommen wir dadurch immer ein wenig verkniffen und genozidär
rüber. Ich möchte eine andere Seite der Hamas zeigen.“
Thorben drückt uns ein Kochbuch in die Hand, in dem Chefideologe Haniyya
Palästina mit kulinarischen Spezialitäten „from the river to the sea“
feiert. „Ist das nicht etwas geschmacklos angesichts der verheerenden
Versorgungslage für die Zivilbevölkerung?“, wollen wir wissen. „Wieso? Die
ist in Katar ganz ausgezeichnet“, erinnert uns Thorben daran, dass sich die
Hamas-Spitze keineswegs im Gazastreifen aufzuhalten pflegt, sondern alle
Annehmlichkeiten des Golf-Emirats genießt.
## Blutrünstige Gemetzel im neuen Bildband mit Kochrezepten
Wir legen den Bildband schnell zur Seite, zu aufwendig und blutrünstig
scheinen uns die Rezepte: Die Kichererbsen vom israelischen Wochenmarkt
müssen an Ort und Stelle samt Marktstand mit Sprengstoff püriert werden,
die „jüdische Krake für den Oktopussalat nach Art des Mufti“ ist bei
lebendigem Leib zu häuten; wirklich jedes Rezept endet zwangsläufig im
Gemetzel.
„Vegan ist das nicht gerade“, lächelt Thorben entschuldigend. „Da gibt es
sicher noch einige kulturelle Reibungspunkte, aber so lange wir uns alle
darauf einigen, dass es zum legitimen Widerstand gehört, jüdische Kinder zu
töten und Frauen zu vergewaltigen, können wir doch Freunde sein. Wir von
der Hamas sind ein bunter und diverser Haufen. Apropos: Wollen Sie nicht
auch beitreten? Das Schnupperabo erlischt automatisch, wenn wir Ihnen einen
Sprengstoffgürtel anlegen. Ihnen entstehen dann keine weiteren Kosten.“
Wir lehnen dankend ab, spüren dann aber einen Gewehrlauf im Nacken. Nach
nächtelanger Bearbeitung durch einen weniger konzilianten
Außendienstmitarbeiter verpflichten wir uns, wenigstens an einem von
Thorben veranstalteten „Schweige-Retreat für internationale Volunteers“ in
den Tunneln von Gaza teilzunehmen. Offenbar gehen der Hamas die Geiseln
aus.
9 Dec 2023
## AUTOREN
Christian Bartel
## TAGS
Hamas
Terror
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