# taz.de -- Palästinensische Häftlinge: Unter Jubel empfangen | |
> Im Westjordanland wird die Freilassung von dutzenden palästinensischen | |
> Häftlingen gefeiert. Zugleich geht dort die Gewalt weiter. | |
Bild: Jerusalem, 26.11.2023, von Israel freigelassen: Israa Jaabis (Bildmitte) … | |
BERLIN taz | Als der Bus des Roten Kreuzes in al-Bireh, einer an Ramallah | |
angrenzenden Stadt im Westjordanland, eintrifft, brechen Jubelstürme aus: | |
Videos zeigen maskierte Männer, junge Männer und Frauen, die die grüne | |
Fahne der Hamas schwenken. Daneben wehen auch die palästinensische Fahne | |
und die der Fatah in den Straßen. Am Freitagabend und in der Nacht zum | |
Sonntag hat Israel jeweils 39 palästinensische Gefangene, ausschließlich | |
Frauen und Minderjährige, aus israelischen Gefängnissen entlassen. Die | |
Freilassungen sind Teil des zunächst auf vier Tage angelegten | |
Waffenstillstands und geschehen im Gegenzug zur Freilassung israelischer | |
Geiseln, die die Hamas am 7. Oktober in den Gazastreifen verschleppt hat. | |
Die 78 palästinensischen Häftlinge, die bislang freigelassen wurden, leben | |
alle entweder [1][im Westjordanland] oder in Ostjerusalem. Der | |
rechtsextreme israelische Minister für Nationale Sicherheit, Itamar | |
Ben-Gvir, hatte zuvor angeordnet, mögliche Feiern zur Freilassung der | |
Inhaftierten in Israel zu unterbinden – Menschenmengen in Ostjerusalem | |
wurden von Sicherheitskräften aufgelöst. | |
Bei den Freigelassenen handelt es sich ausschließlich um weibliche und | |
minderjährige Gefangene. Einige von ihnen waren rechtskräftig verurteilt, | |
andere befanden sich in Verwaltungshaft. Im Westjordanland können | |
Palästinenser*innen in Verwaltungshaft genommen werden, wenn das | |
israelische Militär ein Sicherheitsrisiko vermutet. Die maximale Haftdauer | |
beträgt sechs Monate, kann aber beliebig und ohne Gerichtsverfahren | |
verlängert werden. | |
Viele NGOs, auch israelische, kritisieren diese Form des Freiheitsentzugs; | |
auch weil die Inhaftierten mangels Anklage keine Möglichkeit haben, sich | |
auf legalem Weg zu verteidigen. Unter den Freigelassenen war auch Shuruk | |
Dwajat, die die längste Haftstrafe unter den palästinensischen weiblichen | |
Gefangenen in israelischen Gefängnissen verbüßte. Sie soll im Oktober 2015 | |
während der auch als „Messerintifada“ bezeichneten Welle von Anschlägen a… | |
Israelis in der Jerusalemer Altstadt einen Israeli mit einem Messer in Kopf | |
und Schulter gestochen haben. | |
## Öffentliche Hinrichtung | |
Laut der israelischen Tageszeitung Haaretz weigert sich Israel, wegen | |
Mordes verurteilte Gefangene freizulassen. Diejenigen, die wegen versuchten | |
Mordes verurteilt wurden, könnten jedoch freigelassen werden – ebenso wie | |
diejenigen, die wegen terroristischer Aktivitäten oder weniger | |
schwerwiegender Vergehen inhaftiert sind. Dazu gehören beispielsweise | |
Sachbeschädigung, Steinewerfen, Angriffe auf Polizeibeamte, das Werfen von | |
Brandbomben, der Besitz von Schusswaffen oder Sprengstoff. | |
Während Palästinenser in Ramallah die Freilassung feierten, soll | |
Medienberichten zufolge eine mit der Al-Aksa-Märtyrerbrigade der Fatah | |
verbundene Terrorgruppe zwei Männer öffentlich hingerichtet haben, die sie | |
der Kollaboration mit Israel beschuldigten. Wie anonyme Augenzeugen | |
berichteten, sollen die beiden Männer im Flüchtlingslager Tulkarem im | |
Norden der Westbank zunächst auf offener Straße erschossen worden sein. | |
Anschließend seien sie von Bewohnern des Lagers niedergetrampelt worden. | |
Auf Twitter ist zu sehen, wie eine Menschenmenge zusieht, wie einige Männer | |
versuchen, die Leichen an einem Strommast aufzuhängen. Am frühen Sonntag | |
wurden bei einer Razzia des israelischen Militärs in Jenin zudem sieben | |
Palästinenser getötet, darunter auch zwei Jugendliche. | |
26 Nov 2023 | |
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## AUTOREN | |
Judith Poppe | |
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