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# taz.de -- Queerfeindlichkeit in Russland: Erniedrigung per Gesetz
> Ein russisches Gericht stufte „die LGBT-Bewegung“ als „extremistisch“
> ein. Kurz darauf gibt es in Moskau Razzien der Polizei gegen queere
> Clubs.
Bild: Angst schüren: Moskauer Polizisten halten Ausschau
Die Polizisten kamen in Masken, mitten in der Nacht. Sie drehten die Musik
ab, sie ließen keinen hinaus aus einem Club im Moskauer Zentrum. Alle
sollten sich bis auf die Unterhose ausziehen, so erzählen die erschrockenen
Partygänger, die sich noch zu sprechen trauen.
„Wir waren etwa 300 Leute, alle standen in Reihen da und warteten darauf,
dass sie ihre Kleidung wiederbekommen. Die Polizisten fotografierten die
Pässe ab. Ich dachte, ich komme für Jahre hinter Gitter“, sagte ein
Augenzeuge nach einer Razzia in der Nacht auf Samstag in einem Moskauer
Schwulenclub dem Telegram-Kanal „Vorsicht, Nachrichten“.
In vier Schwulenbars und mehreren Männersaunas der Hauptstadt wollen
Polizisten Drogen gesucht haben. Währenddessen machte der älteste
Schwulenclub in Sankt Petersburg zu, der Vermieter will den Mietvertrag
nicht mehr verlängern. Und der russische Popstar Sergei Lasarew muss eine
Ordnungsstrafe bezahlen, weil [1][in einem mittlerweile von Youtube
gelöschten Musikvideo] zwei ineinander verschränkte Frauenhände zu sehen
sind. Ein Hinweis auf lesbische Liebe?
Erst am vergangenen Donnerstag hatte der Oberste Gerichtshof Russlands
[2][die „internationale LGBT-Bewegung“ für „extremistisch“ erklärt].
[3][Was diese Bewegung sein soll und wen das Gericht überhaupt für schuldig
hält], war auch nach der Verhandlung hinter verschlossenen Türen nicht
deutlich geworden. Deutlich geworden ist der Schreck, den das groteske wie
menschenverachtende Urteil auslöst. Nicht nur bei [4][Queer-Personen in
Russland], sondern auch bei Polizisten.
Im vorauseilenden Gehorsam rücken sie aus, um – ja was? Um einzuschüchtern?
Um zu zeigen, wie kleinlich ihr Denken ist, wenn sie unter LGBT offenbar
nur Gayprides und Gayclubs verstehen, die es zu zerstören gilt? Um das
Spiel zu spielen: „Errate den Willen des Chefs“?
Die Entscheidung vom Donnerstag ist eine rein willkürliche. Das Gericht hat
etwas verboten, bei dem niemandem klar ist, was das Verbotene ist und wer
zu bestrafen ist. Niemand weiß, wie das Urteil durchzusetzen ist. Also tun
die sogenannten Silowiki, [5][Russlands Sicherheitsdienste], das, was sie
immer tun: Sie schlagen zu, auch ohne zu verstehen, was sie da eigentlich
durchzusetzen versuchen.
Sie wissen, dass sie damit ihr Ziel erreichen: eine von Angst durchsetzte
Atmosphäre schüren. Nicht nur bei jenen, die bei einer LGBT-Party feiern
wollen, sondern bei allen, die sich in irgendeiner Weise für sexuelle
Minderheiten im Land einzusetzen bereit sind.
Die staatliche Erniedrigung ist nun Gesetz, so sehr, dass die Vertreter
dieses Staates Menschen in Unterhosen aufstellen lassen, um ihnen zu
zeigen, was sie von ihnen halten: nichts. Einfach so, weil die Menschen
sind, wer sie sind. Und der Staat immer systematischer seine unmenschliche
Art auslebt – weil er es kann.
3 Dec 2023
## LINKS
[1] https://web.archive.org/web/20220530045114/https://www.youtube.com/watch?v=…
[2] /Russland-verbietet-LGBT-Bewegung/!5973323
[3] /Queerfeindliche-Allianzen/!5921394
[4] /Gesetzgebung-in-Russland/!5945185
[5] /Vorwurf-der-Spionage-fuer-Russland/!5949568
## AUTOREN
Inna Hartwich
## TAGS
Schwerpunkt LGBTQIA
Russland
Homophobie
GNS
IG
Kolumne Russisch Brot
Kolumne Krieg und Frieden
Schwerpunkt LGBTQIA
Ukraine
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