# taz.de -- Israelisches Militär in Gaza: Rückzug vom Al-Schifa-Krankenhaus? | |
> Israels Armee ist in der Nacht zu Mittwoch in die Klinik eingedrungen. | |
> Laut Berichten zieht es sich mittlerweile wieder zurück. | |
Bild: Gang der Verwüstung: Ärzte laufen am Mittwoch durch das mit Rauch gefü… | |
BERLIN taz | Seit Tagen spitzt sich die humanitäre Lage im | |
Al-Schifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt zu, dem größten Krankenhaus des | |
Gazastreifens. Bodentruppen des israelischen Militärs haben große Teile der | |
Stadt bereits unter ihre Kontrolle gebracht und sind dabei dem Krankenhaus | |
immer näher gerückt. In der Nacht auf Mittwoch haben die Kämpfe das | |
Krankenhaus selbst erreicht. Nach Angaben des israelischen Militärs führen | |
die Truppen „in bestimmten Teilen“ des Krankenhauses eine anhaltende | |
„präzise, gezielte Operation“ gegen die Hamas durch. Am Mittwochabend | |
berichtete die Nachrichtenagentur AFP, dass sich die israelische Armee aus | |
dem Krankenhaus zurückziehe. Eine Bestätigung dafür gab es zunächst nicht. | |
Der Hamas wird vorgeworfen, das Krankenhaus als Operationsbasis zu nutzen. | |
Ein Sprecher des israelischen Militärs betonte, dass sich die | |
Militärkampagne nicht gegen das Spital selbst richte, sondern dazu diene, | |
„die Hamas zu besiegen und eventuell Geiseln zu befreien“. Das | |
Al-Schifa-Krankenhaus, so der Sprecher weiter, sei „vielleicht sogar das | |
schlagende Herz“ der Hamas. | |
Dass sich in und unter dem Krankenhaus eine Kommandozentrale der Hamas | |
befindet, bestätigten US-Geheimdienstquellen am Dienstag. Sowohl die Hamas | |
als auch die Miliz Palästinensischer Islamischer Dschihad nutzen demnach | |
das Spital. Dass sich die Milizen in Gaza auch dank ihres mehrere hundert | |
Kilometer umfassenden Tunnelsystems gerne unter ziviler Infrastruktur | |
verstecken, wird ihnen immer wieder glaubhaft vorgeworfen. | |
Das konservative US-Online-Magazin Tablet Mag hatte bereits 2014 [1][in | |
einem meinungsstarken Text] verschiedene journalistische Quellen | |
zusammengetragen, die die Präsenz von militanten Gruppen und einer | |
Kommandozentrale in dem Krankenhaus belegen sollen. Den von ihnen genutzten | |
Bunker unter dem Spital soll Israel 1983, als es Gaza noch kontrollierte, | |
selbst erbaut haben. | |
## Todesgefahr für Intensivpatienten und Frühgeborene | |
Die Lage der Zivilisten, die in dem Spital untergekommen sind, ist derweil | |
katastrophal. Nach Angaben der Vereinten Nationen befinden sich mindestens | |
2.300 Menschen in dem Gebäudekomplex, darunter Patienten, Mitarbeitende | |
sowie Geflohene aus den umkämpften Gebieten rundherum. Nach Informationen | |
des katarischen TV-Senders al-Dschasira sollen mehr als 200 Menschen im | |
Al-Schifa-Spital von der israelischen „Besatzungsarmee“ – so | |
al-Dschasirawörtlich – festgenommen worden sein. | |
Besonders für bettlägerige Intensivpatienten und Frühgeborene, die auf eine | |
dauerhafte Versorgung angewiesen sind, sind die Kämpfe in dem Krankenhaus | |
potenziell tödlich. Bilder, die aus dem Al-Schifa-Spital stammen, sollen | |
laut der britischen Nachrichtenagentur Associated Press Ärzte zeigen, die | |
versuchen, Neugeborene mithilfe von Decken zu wärmen. Für die Brutkästen | |
soll es keinen Strom mehr geben, mehrere Frühchen sollen bereits gestorben | |
sein. | |
Internationale Organisationen, darunter die Vereinten Nationen und das Rote | |
Kreuz, äußern sich über die Situation in al-Schifa äußert besorgt. | |
UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths [2][schrieb auf X], ehemals | |
Twitter: „Krankenhäuser sind kein Schlachtfeld.“ | |
Auch außerhalb des Al-Schifa-Spitals geht die israelische Bodenoffensive | |
weiter: Nach Militärangaben haben die Truppen einen wichtigen | |
Hamas-Außenposten im nördlichen Gazastreifen erobert. Derweil schießen die | |
militanten Gruppen in Gaza weiterhin Raketen auf Israel. Vor allem die an | |
Gaza grenzenden Gebiete in Südisrael sind betroffen, darunter die | |
130.000-Einwohner-Stadt Aschkelon. Auch im Norden heulten die | |
Raketensirenen. Die dem Iran und der Hamas verbundene Hisbollah-Miliz | |
schickt vom Libanon aus ebenfalls Raketen nach Israel. | |
Laut der Nachrichtenagentur Reuters ist die Hamas bereit, 50 [3][Geiseln | |
freizulassen – im Austausch für eine dreitägige Feuerpause]. Diese Angabe | |
ist bisher weder von Israel oder Katar noch von der Hamas bestätigt. | |
15 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.tabletmag.com/sections/news/articles/top-secret-hamas-command-b… | |
[2] https://x.com/UNReliefChief/status/1724710386195152910?s=20 | |
[3] /Befreiung-der-Hamas-Geiseln/!5969579 | |
## AUTOREN | |
Lisa Schneider | |
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