# taz.de -- Krieg in Sudan: Kampf um die Nilbrücken | |
> Die Kämpfe zwischen Armee und RSF-Miliz um Khartum und in Darfur werden | |
> heftiger. Südsudan und Kenia sondieren Friedensvermittlung. | |
Bild: Tschadische Karrenbesitzer fahren Habseligkeiten von Sudanesen, die in de… | |
KAMPALA taz | Nachdem eine neue Runde von Gesprächen zwischen Sudans | |
Kriegsparteien im saudischen Dschiddah vergangene Woche ohne Einigung auf | |
eine Waffenruhe zu Ende gegangen war, werden die Kämpfe um die sudanesische | |
Hauptstadt Khartum wieder heftiger. In den vergangenen Tagen kam es rund um | |
den Luftwaffenstützpunkt Jebel Aulia, rund 45 Kilometer südlich von | |
Khartum, zu [1][heftigen Gefechten] zwischen der Regierungsarmee (SAF) und | |
der aufständischen Miliz RSF (Rapid Support Forces). | |
Jebel Aulia und dessen Damm über den Weißen Nil ist ein strategischer Ort, | |
weil dort eine der wenigen Brücken über den gewaltigen Fluss führt, der | |
Sudan in zwei Teile schneidet. Die RSF startete Angriffe auf Jebel Aulia am | |
Sonntag, einen Tag nach der [2][Zerstörung der Shambat-Brücke in Khartum], | |
die den Nordteil der Hauptstadt mit der Nachbarstadt Omdurman am Westufer | |
des Nils verbindet. Für die RSF-Milizen in Khartum war diese Brücke eine | |
wichtige Versorgungslinie. | |
Auch [3][Sudans wichtigste Ölraffinerie El Jeili], rund 70 Kilometer | |
nördlich der Hauptstadt und unter RSF-Kontrolle, sowie wichtige Gebäude wie | |
das Ölministerium und Krankenhäuser in Khartum wurden jüngst Ziel von | |
Bombardierungen. Beide Kriegsparteien beschuldigten sich gegenseitig, | |
Kriegsverbrechen zu begehen, indem sie zivile Infrastruktur zerstören. | |
Ein diplomatischer Ausweg wird nach wie vor intensiv gesucht. Nachdem die | |
Gespräche im saudischen Dschiddah unter Schirmherrschaft Saudi-Arabiens und | |
der USA keine Fortschritte gebracht hatten, traf sich Sudans | |
Übergangspräsident, General Abdelfattah Al-Burhan, am Rande des | |
Saudi-Afrika-Gipfels in der saudischen Hauptstadt Riad am vergangenen | |
Wochenende mit seinem Amtskollegen Salva Kiir aus Südsudan. Dieser hat im | |
Auftrag der regionalen Nachbarn ebenfalls eine [4][Vermittlerrolle in | |
Sudans Konflikt] übernommen. Es war das zweite Treffen der beiden in | |
wenigen Wochen. | |
## RSF-Miliz erobert weitere Teile Darfurs | |
Südsudans Außenminister erklärte später, Kiir wolle demnächst ein Treffen | |
sämtlicher politischer Führer sowie der Kriegsparteien Sudans organisieren, | |
um die Friedensgespräche auszuweiten. Kiir hatte sich am Rande des Gipfels | |
in Riad auch mit den Staatschefs Eritreas, Dschibutis und Kenias getroffen, | |
um breite Unterstützung zu erhalten. Am Montag reiste Burhan unangekündigt | |
in die kenianische Hauptstadt Nairobi weiter und sprach selbst mit Kenias | |
Präsident William Ruto. | |
Unterdessen erobern die Kämpfer der RSF-Miliz systematisch weiter die | |
westsudanesische Region Darfur, aus der RSF-Anführer Mohammed Hamdan Daglo, | |
genannt Hametti, sowie die meisten seiner Kämpfer stammen. Lokale und | |
UN-Quellen berichten von einem [5][Massaker in der Stadt Ardamata] in | |
West-Darfur, wo die RSF zwischen dem 4. und 9. November von Tür zu Tür | |
gegangen sein soll und über 1.000 Menschen getötet habe, hauptsächlich | |
Angehörige der Massalit-Volksgruppe. Der EU-Außenbeauftragte, Josep | |
Borrell, forderte am Sonntag dringende internationale Maßnahmen, um „einen | |
weiteren Völkermord“ in Darfur zu verhindern. | |
Die RSF-Kämpfer rücken nun auch auf die Stadt El Fasher zu, die letzte noch | |
nicht von ihr kontrollierte Hauptstadt einer der fünf Provinzen in Darfur, | |
mit einer Bevölkerung von mehr als einer Million Menschen. In der | |
Hauptstadt von Nord-Darfur befinden sich auch die beiden größten | |
Vertriebenenlager der Region mit über einer halben Million Geflüchteten. | |
Bislang galt El Fasher als vergleichsweise sicher und wurde somit | |
Zufluchtsort für zahlreiche Zivilisten, die aus anderen Teilen Darfurs | |
flohen. Der Grund: Bereits zwei Wochen nach Kriegsausbruch im April hatten | |
lokale Führer für die Stadt einen Waffenstillstand ausgehandelt. Vereinbart | |
wurde, dass die RSF auf der Ostseite der Stadt bleiben und die SAF auf der | |
Westseite, wo sich das Hauptquartier der Armee befindet. Für den Schutz des | |
Stadtzentrums mit seinen Märkten und Regierungsgebäuden war die Polizei | |
verantwortlich. So blieb die Stadt von Kämpfen verschont, das Leben konnte | |
halbwegs weitergehen. | |
Seit mehr als einer Woche versucht nun die RSF El Fasher einzunehmen und | |
damit ihre Kontrolle über Darfur zu vervollständigen. Die heftigen Gefechte | |
haben laut Angaben des „[6][Sudan Transparency and Policy Tracker“] mehr | |
als 80 Prozent der Bevölkerung in den Vertriebenenlagern erneut zur Flucht | |
gezwungen. Die meisten wissen nicht, wohin sie sollen. | |
[7][Clementine Nkweta-Salami], die stellvertretende | |
UN-Sudan-Sonderbeauftragte, nannte in einem [8][UN-Briefing in New York am | |
vergangenen Freitag] die Lage in Sudan eine „humanitäre Tragödie, die nur | |
noch düsterer wird“. | |
„Ehrlich gesagt fehlen uns die Worte, um den Schrecken zu beschreiben, der | |
in Sudan passiert“, sagte Nkweta-Salami. „Wir erhalten weiterhin | |
unerbittliche und erschreckende Berichte über sexuelle und | |
geschlechtsspezifische Gewalt, gewaltsames Verschwindenlassen, willkürliche | |
Inhaftierungen und schwere Verletzungen der Menschen- und Kinderrechte.“ | |
14 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://sudanwarmonitor.com/p/rsf-launch-attack-to-capture-jebel | |
[2] https://www.dabangasudan.org/en/all-news/article/destruction-of-sudan-capit… | |
[3] https://www.dabangasudan.org/en/all-news/article/sudan-warring-parties-exch… | |
[4] /Verhandlungsversuche-im-Krieg-in-Sudan/!5958664 | |
[5] https://sudantribune.com/article279216/ | |
[6] https://sudantransparency.org/ | |
[7] https://twitter.com/CNkwetaSalami | |
[8] https://reliefweb.int/report/sudan/opening-remarks-noon-briefing-clementine… | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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