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# taz.de -- Justiz in den Philippinen: Duterte Kritikerin ist frei
> Die philippinische Menschenrechtsaktivistin Leila de Lima kommt nach fast
> sieben Jahren frei. Sie wurde mutmaßlich zu Unrecht inhaftiert.
Bild: Endlich frei! Leila de Lima verlässt Manilas Polizeihauptquartier Camp C…
Manila/Berlin afp/taz | Nach fast sieben Jahren hinter Gittern wegen
angeblicher Drogenvergehen ist die philippinische Menschenrechtsaktivistin
Leila de Lima gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt worden. Die frühere
Menschenrechtsbeauftragte, Justizministerin und dann oppositionelle
Senatorin verließ am Montag umringt von Polizisten und Journalistin ein
Gericht in Manila, das ihre Freilassung auf Kaution bewilligt hatte.
Die 64-jährige de Lima gehört zu den bekanntesten und mutigsten
Kritikerinnen des früheren Präsidenten Rodrigo Duterte und von dessen
tödlichem Anti-Drogen-Krieg. 2017 wurde sie wegen des Vorwurfs
festgenommen, in ihrer Zeit als Justizministerin Bestechungsgeld von
Häftlingen angenommen und im Gegenzug Drogenhandel hinter Gittern
zugelassen zu haben. Sie wurde damit zur prominentesten politischen
Gefangenen des Landes.
De Lima wies die Vorwürfe stets zurück und sprach von einem politisch
motivierten Vorgehen gegen sich. Der Prozess gegen sie wurde von einer
machistischen Rufmordkampagne begleitet, bei der sie als schlüpfrig und
unglaubwürdig denuziert wurde. So wurde ihr ein Verhältnis mit ihrem Fahrer
nachgewiesen und sie darauf als Ehebrecherin denunziert. Da lebte sie schon
jahrelang getrennt von ihrem früheren Ehemann, doch gibt es in den
Philippinen kein Scheidungsrecht.
In dem Prozess hatten mehrere Zeugen mutmaßlich im Tausch gegen
Hafterleichterungen gegen de Lima ausgesagt. Inzwischen haben mehrere
Zeugen ihre Aussagen gegen sie widerrufen oder sind gestorben, zwei von
drei Anklagepunkten gegen die Ex-Ministerin wurden inzwischen
fallengelassen.
## Vorerst nur auf Kaution frei
Das Gericht in Manila verkündete nun seine Entscheidung, de Lima und vier
Mitangeklagte gegen umgerechnet rund 5000 Euro Kaution auf freien Fuß zu
setzen. Stunden nach der Gerichtsanhörung verließ de Lima das
Polizei-Hauptquartier, in dem sie bisher in Haft saß.
De Lima war eine entschiedene Gegnerin der blutigen Anti-Drogen-Politik des
zum Zeitpunkt ihrer Festnahme herrschenden Präsidenten Rodrigo Duterte.
Jahrelang hatte die Juristin erst als Menschenrechtsbeauftragte und dann
als Justizministerin zu den Tötungen im Drogenmilieu durch
„Todesschwadronen“ ermittelt, die Duterte in seiner Zeit als Bürgermeister
von Davao und zu Beginn seiner Präsidentschaft gesteuert haben soll.
Der Jurist Duterte brüstete sich mit seinem blutigen Drogenkrieg, den er
über Jahre erst in der Großstadt Davao City durchgeführt und dann als
Präsident auf das ganze Land ausgebreitet hatte. Schätzungen zufolge wurden
dabei bis zu 30.000 Menschen außergerichtlich getötet, darunter viele
Unschuldige einschließlich Minderjährigen oder Kleindealer.
Nach dem Amtsantritt von Präsident Ferdinand Marcos jr. im Juni vergangenen
Jahres waren erneut Rufe von ausländischen Diplomaten,
Menschenrechtsgruppen und Politikern laut geworden, de Lima freizulassen.
De Lima hatte zuvor vom Gefängnis aus vergeblich um ihre Wiederwahl als
Senatorin gekämpft.
Im Gefängnis litt die 64-Jährige unter Gesundheitsproblemen, im Oktober
vergangenen Jahres wurde sie kurzzeitig bei einem Ausbruchsversuch von drei
Inhaftierten als Geisel genommen und mit dem Tod bedroht. Auch jetzt halten
Beobachter de Lima für gefährdet.
Marcos jr. ist politisch mit Duterte verbündet, aber dieser hält nicht so
viel von dem Sohn des Diktators Ferdinand Marcos. Dutertes Tochter ist
heute die Vizepräsidentin von Marcos Jr. Die jetzige Gerichtsentscheidung
wird als vorsichtiges Abrücken des Präsidenten von seinem Vorgänger
gewertet, der sich womöglich noch vor einem internationalen Strafgericht
verantworten muss. Unter Marcos Jr. wird Dutertes Drogenkrieg auf
niedrigeren Niveau und bei weniger aggressiver Rhetorik fortgesetzt.
Die Organisation Human Rights Watch (HRW) begrüßte die Gerichtsentscheidung
vom Montag. „Sie hätte nie vom früheren Präsidenten Rodrigo Duterte
ungerechtfertigt verfolgt und inhaftiert werden dürfen“, erklärte die
stellvertretende HRW-Asien-Direktorin Bryony Lau.
Die US-Botschafterin MaryKay Carlson betonte, die US-Regierung verfolge den
Fall weiterhin aufmerksam und „freut sich darauf, die übrig gebliebenen
Vorwürfe im Einklang mit philippinischem Recht gelöst zu sehen“.
13 Nov 2023
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
Philippinen
Drogenkrieg
Rodrigo Duterte
Ferdinand Marcos
Philippinen
Cyberkriminalität
Ferdinand Marcos
Desinformation
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