# taz.de -- Deutsches Team vor der Handball-WM: Spielzüge für alle Fälle | |
> Mit mehr Professionalität und eigens erarbeitetem Playbook starten die | |
> deutschen Handballerinnen in die WM. Sie wollen mindestens ins | |
> Viertelfinale. | |
Bild: Durchsetzungsstark: Kapitänin Emily Bölk (r.) beim Freundschaftsspiel g… | |
Vor sechs Jahren hat Andreas Michelmann den Frauen-Handball zur Chefsache | |
erklärt; die deutschen Ballwerferinnen waren bei der Heim-WM gerade im | |
Achtelfinale an Dänemark gescheitert. Das war dem Präsidenten des Deutschen | |
Handballbundes (DHB) viel zu wenig. Alles sollte besser, professioneller, | |
ähnlich wie bei den Männern werden. | |
Es hat sich viel getan. Reisen, Hotels, der Stab, der das Team begleitet – | |
wer sich mit Spielerinnen unterhält, hört keine Klagen. Nur der Erfolg ist | |
weitgehend ausgeblieben, was Michelmann sehr ärgert, denn gerade a[1][uf | |
den erfahrenen niederländischen Trainer Henk Groener] hatte er nach dem | |
Scheitern im Dezember 2017 große Stücke gesetzt. | |
Groener ist schon wieder Geschichte. Für die nun beginnende WM in Dänemark, | |
Norwegen und Schweden setzt der DHB auf Bundestrainer Markus Gaugisch. Es | |
ist das zweite Turnier für den 47 Jahre alten Göppinger – vor einem Jahr in | |
Nordmazedonien reichte es für Platz sieben. Jetzt darf es gern ein bisschen | |
mehr sein: das Viertelfinale gilt als „Muss“, denn dann würde ein Platz in | |
einem Qualifikationsturnier für die Olympischen Spiele in Paris | |
herausspringen. | |
An der Infrastruktur gibt es nichts zu mäkeln. Was Michelmann und Gaugisch | |
zudem freut, ist eine grundsätzliche Entwicklung hin zur | |
Professionalisierung. Während in der Bundesliga viele Spielerinnen halbtags | |
arbeiten und abends trainieren, ist im Ausland Vollprofitum üblich. Davon | |
will die Nationalmannschaft profitieren. Ihr Kern steht in Europa unter | |
Vertrag und spielt dort auch. [2][Emily Bölk] in Budapest, Alina Grijseels | |
in Metz, Torhüterin Katharina Filter in Brest sind allesamt in der | |
Champions League engagiert. | |
## „Klare Weiterentwicklung“ | |
Andere, wie Abwehrspezialistin Xenia Smits oder Linksaußen Antje Döll, | |
verdienen ihr Geld beim deutschen Serienmeister Bietigheim. Bölk sagt: „Ich | |
sehe eine ganz klare Weiterentwicklung. Viele Spielerinnen sind den Weg ins | |
Ausland gegangen und haben einen höheren Anspruch an sich selbst.“ | |
Das ergibt eine Mischung, die die Gruppe im dänischen Herning mit Partien | |
gegen Japan (Donnerstag), Iran (Samstag) und Polen (Montag) unbezwungen | |
hinter sich lassen sollte, ehe es in der Hauptrunde ebendort knackig wird – | |
Serbien, Dänemark und Rumänien dürften warten, physisch starke Teams. | |
Helfen soll ein eigens erarbeitetes Playbook mit Spielzügen für alle | |
Momente der Partie. Trainer Gaugisch sagt: „Wir dürfen nach Fehlern nicht | |
hektisch werden, sondern müssen die Ruhe bewahren, unseren Plan zu | |
verfolgen.“ Diese Absicht hatten auch frühere Nationalteams. Doch die | |
Realität sah anders aus, und der DHB war zu Hause, wenn die Medaillenspiele | |
begannen. | |
Das soll diesmal anders sein. Volle Hallen und ein engagiertes Publikum | |
werden alle 32 teilnehmenden Nationen im traditionell handballbegeisterten | |
Skandinavien erwarten. Ein Umfeld, in dem der DHB über sich hinauswachsen | |
und den Favoritinnen aus Norwegen, Frankreich, Dänemark und Schweden das | |
Leben schwermachen will. | |
Dazu wird es an zwei Positionen außerordentliche Vorträge brauchen, auf | |
denen wegen Schwangerschaft und Verletzung etablierte Profis fehlen – im | |
Tor und im rechten Rückraum. Gelingt das, ist für Gaugischs Gruppe mehr | |
möglich als ein respektables Abschneiden. | |
## Handball-Übertragungen hinter Bezahlschranke | |
Live werden die Spiele nur online bei Sportdeutschland.tv hinter einer | |
Bezahlschranke zu sehen sein; Eurosport überträgt die deutschen Partien | |
zeitversetzt. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk macht wieder einmal einen | |
großen Bogen um den Frauenhandball. Die missliche Lage, bekannt aus den | |
Vorjahren, hat im deutschen Team zwei Reaktionen erzeugt. | |
Ein kritische Haltung trägt Kapitänin Bölk vor: „In Ungarn wird dem | |
Profisport mehr Wertschätzung entgegengebracht. Egal ob Frauen oder Männer, | |
es wird sehr viel Sport im Free-TV gezeigt. Jede deutsche | |
Nationalmannschaft sollte Länderspiele im deutschen Free-TV bekommen.“ Ihre | |
Kollegin Grijseels setzt anderswo an: „Der Druck auf die | |
Öffentlich-Rechtlichen wächst, wenn wir erfolgreich sind. Wenn wir anders | |
als zuletzt weit kommen, wird auch irgendwann Frauenhandball in ARD und ZDF | |
laufen – es liegt also an uns.“ | |
Dieses „irgendwann“ ist – unabhängig vom Abschneiden – gar nicht weit | |
entfernt, denn auf die nächste Heim-WM im Dezember 2025 wird das | |
gebührenfinanzierte Fernsehen sicher nicht verzichten können. | |
30 Nov 2023 | |
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## AUTOREN | |
Frank Heike | |
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