# taz.de -- Marsch der Geisel-Angehörigen in Israel: „Gebt uns Antworten!“ | |
> Noch immer fehlt von den 240 Hamas-Geiseln jede Spur. Mit einem Marsch | |
> nach Jerusalem wollen Angehörige nun Druck auf Israels Regierung ausüben. | |
Bild: Fünftägiger „Marsch für die Geiseln“ von Tel Aviv zum Büro des Pr… | |
TEL AVIV taz | „Uns läuft die Zeit davon“, ruft Yuval Haran am Dienstag vor | |
dem Tel Aviver Kunstmuseum in die Menge. Hunderte Angehörige und | |
Unterstützer sind seinem Aufruf gefolgt, von der Küstenstadt nach Jerusalem | |
zu marschieren. Sie wollen von Israels Regierung wissen, was sie zu leisten | |
bereit ist, damit [1][ihre Angehörigen von der Hamas freigelassen werden]. | |
Allein sieben von ihnen vermutet der ehemalige Bewohner des am 7. Oktober | |
überfallenen Kibbuz Be’eri in den Händen der Hamas in Gaza, darunter seine | |
Schwester Adi zusammen mit ihrem Mann Tal und ihren zwei Kindern Yahal und | |
Neve. Er wolle „eine Antwort, warum unsere Familien immer noch in Gaza | |
sind“, sagt Haran. | |
Seit Wochen harren die Angehörigen der Entführten rund um das | |
Armeehauptquartier im Stadtzentrum von Tel Aviv aus. Manche von ihnen | |
schlafen in Zelten. Eine lange gedeckte Tafel symbolisiert die Geiseln, | |
eine große Sanduhr das Warten auf Informationen. Viele fühlen sich von der | |
Regierung im Stich gelassen. So wie Shelly Shem-Tov: „Ich verlange, dass | |
Benjamin Netanjahu und das Kriegskabinett uns Antworten geben und etwas | |
unternehmen. Wir haben keine Kraft mehr“, sagt die Mutter des 21-jährigen | |
Omer. Ihr Sohn wurde während des Hamas-Angriffs, [2][der mehr als 1.200 | |
Tote forderte, vom Nova-Musikfestival entführt.] | |
Neues über die Geiseln gibt es kaum, und wenn, dann oft von der Hamas | |
selbst. Am Montagabend kam ein Video in Umlauf, das die vom Armeestützpunkt | |
Nahal Oz entführte Noa Marciano zeigt. Die 19-Jährige nennt darin die Namen | |
ihrer Eltern und berichtet auf Hebräisch von schweren Luftangriffen. Es | |
folgen ein Schnitt und das Bild ihrer Leiche. | |
## Netanjahu unbeliebt | |
Sie sei laut den Kassam-Brigaden, dem bewaffneten Arm der Hamas, am 9. | |
November bei einem Bombardement getötet worden. Die Angaben lassen sich | |
nicht überprüfen, die Armee bestätigte aber am Dienstagmorgen ihren Tod und | |
verurteilte den „psychologischen Terror“ der Hamas. „Wir wollen, dass der | |
Staat mit seinem psychischen Terror gegen uns aufhört“, ruft Daniel | |
Elgarat, der Bruder des ebenfalls entführten Itzik, beim Protest in Tel | |
Aviv. „Wir fordern von der Regierung: Gebt uns Antworten!“ | |
Bisher hat die israelische Gegenoffensive in Gaza mit Blick auf die rund | |
240 Geiseln wenig Ergebnisse gebracht. Vier Entführte ließ die Hamas im | |
Oktober frei. Am 30. Oktober befreiten Soldaten eine weitere Geisel. Doch | |
mit Blick auf die Suche nach den übrigen Gefangenen gibt es weiterhin kaum | |
Bewegung. Stattdessen meldete die Hamas zwischenzeitlich, Dutzende Geiseln | |
würden aufgrund [3][der israelischen Bombenangriffe] vermisst. Die Angaben | |
lassen sich nicht verifizieren. | |
Vor diesem Hintergrund präsentierte Armeesprecher Daniel Hagari am | |
Montagabend Videoaufnahmen, die ein Geiselversteck unter dem kürzlich | |
geräumten Rantisi-Krankenhaus in Gaza-Stadt zeigen sollen. Zu sehen sind im | |
Video unter anderem eine Babyflasche, ein an einem Stuhl befestigtes Seil | |
sowie ein Waffenlager. Die Hamas habe neben den Räumen für die Geiseln | |
zudem eine unterirdische Kommandozentrale betrieben. | |
Beim Marsch der Angehörigen gehen die Meinungen über die nötigen Schritte | |
auseinander. Manche fordern ein Ende der Kämpfe und Verhandlungen über | |
einen möglichen Gefangenenaustausch, andere vertrauen der Armeeführung und | |
unterstützen die Bodenoffensive. Doch ein Name fällt immer wieder: | |
Netanjahu. | |
Anders als etwa der Stabschef der Armee oder der Verteidigungsminister | |
weigert er sich bis heute, Mitschuld am Versagen der Sicherheitsdienste | |
einzuräumen. Die Zustimmungswerte des israelischen Regierungschefs sind auf | |
ein historisches Tief gesunken. Laut Umfrage des Senders Kanal 13 forderten | |
zuletzt drei von vier Israelis seinen Abtritt während oder nach dem Krieg. | |
14 Nov 2023 | |
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## AUTOREN | |
Felix Wellisch | |
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