# taz.de -- Taylor Swift in Argentinien: Swifties sind Aktivisties | |
> Von wegen Pop ist tot: Die Fans von Taylor Swift nutzen ihr Konzert in | |
> Argentinien, um gegen den rechten Präsidentschaftskandidaten zu | |
> mobilisieren. | |
Bild: Die nächste US-Präsidentin? Taylor Swift am 9. November bei ihrem Konze… | |
Die Sängerin (und Mutter von ein paar von Elon Musks Kindern) [1][Grimes | |
hat kürzlich gesagt, Taylor Swift sollte US-Präsidentin werden,] denn sie | |
sei die einzige, die das Land einigen könnte. | |
Tatsächlich wirkt es so, als könne derzeit kaum jemand die Massen so | |
bewegen wie Swift, [2][in diesem Jahr prasselten unzählige Videos ihrer | |
„Eras“-Tour auf einen ein], ihre Songs, Alben und Wiederaufnahmen ihrer | |
Alben stürmten die Charts, dem Hype ist nicht zu entkommen. | |
Ihr Einfluss ist seit jeher hoch, man spricht von einem regelrechten | |
Swift-Effekt. Seit Beginn ihrer Karriere Mitte der Nullerjahre stiegen die | |
Gitarrenverkäufe an Mädchen, stiegen (trotz Siegeszug des Streamings) CD- | |
und Vinylverkäufe, erhöhte sich (durch ihre Tour) das Bruttoinlandsprodukt | |
der USA, wurden Frauen zu NFL-Fans (weil Swift aktuell Spieler Travis Kelce | |
datet). Taylor Swift hat also Macht – und hat irgendwann erkannt, dass sie | |
diese politisch nutzen kann. | |
War sie früher betont zurückhaltend mit politischen Aussagen, [3][sprach | |
sie sich ab 2018 offen dafür aus, demokratisch zu wählen.] Als sie im | |
September via Instagram (wo sie fast 300 Millionen Follower hat) ihre Fans | |
dazu aufrief, sich auf vote.org als Wähler*innen zu registrieren, | |
erhielt die Plattform sofort 35.000 neue Anmeldungen. Swifties, wie sich | |
Swifts Ultrafans nennen, gehören vor allem der Gen Z an, und die wählt | |
mehrheitlich demokratisch. Bei denen trifft Swift, die vor ein paar Jahren | |
mit [4][„Only The Young“] eine Hymne für junge Menschen schrieb, natürlich | |
voll ins Schwarze. | |
Genau diese jungen Menschen fühlen sich nämlich immer weniger repräsentiert | |
von einem Altersdurchschnitt von 65 Jahren in den Kammern des Kongresses. | |
Dazu kommt Swifts Image, das stark auf Authentizität aufgebaut ist, für | |
viele Fans ist sie wie eine beste Freundin. Sie spricht sich für die | |
Belange aus, die ihr Publikum interessieren: Die Rechte von LGBTQ, | |
Antirassismus, körperliche Selbstbestimmung oder das Beenden von | |
Waffengewalt. | |
Und tatsächlich gehen Rechte, die die blonde, weiße Countrysängerin früher | |
versucht haben, für sich zu vereinnahmen, auf die Barrikaden: Bei Fox News | |
wird über Swift gelästert, Trump sagte mal, er möge ihre Musik, seit sie | |
sich als demokratisch geoutet hat, um „25 Prozent weniger“. | |
Mittlerweile werden Swifties aber auch ohne ihre Heldin aktiv. Schließlich | |
sind die Infrastrukturen schon da, ob in Form von Hashtags, Foren, | |
Kommentarspalten, Fanseiten oder Konzerten. [5][So organisierten sich | |
argentinische Fans, um gegen den rechten Präsidentschaftskandidaten Javier | |
Milei (La Libertad Avanza)] Stimmung zu machen, der [6][am 19. November | |
gegen den amtierenden Wirtschaftsminister Sergio Massa] in einer Stichwahl | |
antritt. | |
Unter dem Hashtag #SwiftiesAgainstLLA“ mobilisieren sie auf X andere | |
Swifties und Wähler*innen und schreiben, man wolle auf der richtigen | |
Seite der Geschichte stehen. | |
## Pop ist politisch | |
Wie gerufen kam da, dass Taylor Swifts Konzert-Tour vom 9. bis 11. November | |
in Buenos Aires stattfindet. Bei dieser Gelegenheit halten die Swifties | |
Plakate hoch und erinnern an ihre Werte mit Sprüchen, wie “A Swiftie | |
doesn’t vote Milei“. | |
Immer wieder hieß es in den letzten Jahren: Pop ist tot, weil er nicht mehr | |
politisch ist. Die Swifites stellen unter Beweis, dass das Quatsch ist. | |
Auch wenn das, was früher die Protestsongs waren, heute die | |
Instagrambildchen sind. | |
Sicher, während des Vietnamkrieges waren die Gesichter des Protestes große | |
Namen und Künstler*innen wie Bob Dylan, John Lennon oder Joan Baez. Aber | |
auch nach dem 11. September 2001 gab es Versuche, eine breite musikalische | |
Bewegung aufzustellen, da sprachen sich Green Day, P!NK oder die Dixie | |
Chicks gegen [7][die Politik von George W. Bush] aus. Allerdings war der | |
republikanische Gegenwind zu groß. | |
In jüngerer Vergangenheit haben sich vor allem [8][K-Pop]- und insbesondere | |
Fans der südkoreanischen Boygroup BTS als politisch aktiv gezeigt. Die | |
„BTS-Army“ begehrte mehrmals gegen rechte Entwicklungen auf. Sie mischten | |
sich 2021 in der Präsidenschaftswahl in Chile ein und engagierten sich | |
gegen den rechten Kandidaten Jose Antonio Kast und für [9][Gabriel Boric], | |
sie kauften 2020 Karten für eine Kundgebung Donald Trumps, nur um dann | |
nicht zu erscheinen, so dass er vor einem fast leeren Saal stand, sie | |
fluteten nach [10][dem rassistischen Mord an George Floyd] rassistische | |
Hashtags auf Twitter, sie generierten Spenden für [11][Black Lives Matter]. | |
“Power to the people“ scheint zumindest im Pop zu funktionieren – die Fans | |
lernen, dass sie selbst politisch sein können, sich selbst zusammen tun und | |
Forderungen stellen können. | |
Es braucht also wahrscheinlich keine Swift als Präsidentin, keine BTS in | |
den Senaten und nicht noch mal die alten Kamellen von Lennon. Schaden würde | |
es aber auch nicht. | |
10 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.instagram.com/p/CyjjSYjJGxs/?next=%2Fp%2FCCjM9WSJc4u%2F&hl=… | |
[2] https://www.n-tv.de/leute/Taylor-Swift-bricht-im-Kino-den-naechsten-Rekord-… | |
[3] https://www.theguardian.com/music/2018/oct/10/taylor-swift-us-midterm-elect… | |
[4] https://www.youtube.com/watch?v=GJU-S1t2r1M | |
[5] https://www.nytimes.com/2023/11/04/world/americas/argentina-election-swift.… | |
[6] /Praesidentschaftswahl-in-Argentinien/!5967874 | |
[7] /George-W-Bush/!t5025984 | |
[8] /K-Pop-Castingshow-Dream-Acadamy/!5961117 | |
[9] /Amtsantritt-von-Gabriel-Boric/!5838576 | |
[10] /Prozess-gegen-Moerder-von-George-Floyd/!5866403 | |
[11] /Black-Lives-Matter/!t5320244 | |
## AUTOREN | |
Paula Irmschler | |
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