# taz.de -- Unwetter in Norddeutschland: Flut im Osten, Ebbe im Westen | |
> In Schleswig-Holstein gibt es extreme Wasserstände an der ganzen Küste. | |
> An der Ostsee droht eine Sturmflut, an der Nordsee ist Ebbe. | |
Bild: So hoch steht das Wasser sonst selten: Feuerwehrleute retten einen Strand… | |
Rendsburg taz | In Flensburg hat die Ostsee mehrere Straßen überspült, in | |
Kappeln und Schleswig ist der Ostseefjord Schlei über die Ufer gestiegen, | |
Straßen stehen unter Wasser. In Kiel sind Straßen und Strände gesperrt, in | |
Eckernförde wird davor gewarnt, das Hafengebiet und die Steilküsten zu | |
betreten. In Lübeck überschwemmt die Obertrave die Innenstadt. An der | |
gesamten Ostseeküste herrscht eine schwere Sturmflut mit Wasserständen, wie | |
sie teils [1][seit über einem Jahrhundert nicht] gemessen wurden. | |
Das stürmische Wetter mit Orkanböen wird sich nach Vorhersage des Deutschen | |
Wetterdienstes erst am Sonntag abschwächen. Die amtliche Unwetterwarnung | |
gilt bis Samstag in den frühen Morgenstunden. Örtlich können Keller | |
volllaufen, Straßen überspült werden und Gegenstände herumfliegen. Viele | |
Gemeinde haben Sperrzonen eingerichtet. | |
Eine Sturmflut gilt als „schwer“, wenn die Wasserstände über 1,5 Meter ü… | |
dem Durchschnittshochwasser liegen. Erwartet werden, etwa in Lübeck und in | |
Flensburg, zwei Meter. Das wäre für die Stadt an der Förde der höchste | |
Stand seit 1904. | |
Der Sturm tobt auch über der Westküste Schleswig-Holstein und | |
Niedersachsens – hier allerdings verbunden mit extremem Niedrigwasser: Denn | |
der Ostwind, der die Flut an der anderen Landesseite steigen lässt, treibt | |
die Nordsee von der Küste weg. Teilweise fallen daher Fähren aus, etwa nach | |
Norderney und Wangerooge. Die „Adler“-Fährlinie stellt wegen des | |
Niedrigwassers mit Pegelständen von zwei Metern unter dem Normalwert den | |
gesamten Beitrieb zu den nordfriesischen Halligen und Inseln bis | |
einschließlich Samstag ein: „Windstärke, Windrichtung und Wasserstand | |
lassen Fahrten für unserer Schiffe an der nordfriesischen Küste erst wieder | |
ab Sonntag morgen zu“, heißt es auf der Homepage. Auch die Wyker | |
Dampfschiffs-Reederei meldete am Donnerstag Verschiebungen und Ausfälle der | |
Verbindungen von und nach Amrum und Föhr. | |
## Lang anhaltende Wetterlagen werden häufiger | |
Schuld am Extremwetter sind Phänomene in höheren Lagen der Atmosphäre: | |
Sturmtiefs namens „Wolfgang“ und „Viktor“ kommen aus Süden heran und | |
treffen auf das Skandinavienhoch „Wibke“. Der Temperaturunterschied | |
zwischen beiden ist beträchtlich. Der Süd-Sturm bringe Regen und fönartige | |
Temperaturen bis 23 Grad, das Hoch im Norden sorgt für Winde mit nur sechs | |
bis neun Grad, berichtet das Portal „Wetter.de“. Zwischen beiden entsteht | |
eine starke südöstliche bis östliche Strömung, die den Wind noch verstärkt. | |
Der Deutsche Wetterdienst prognostiziert, dass sich das Hoch am Sonntag | |
allmählich abschwächt und nach Osten wandert. Das Tiefdruckgebiet verlagere | |
sich und ziehe zu Wochenbeginn unter Abschwächung über die Nordsee | |
nordwärts. Zur selben Zeit entwickelt sich über dem Nordatlantik ein | |
Sturmtief, das zur Wochenmitte in Richtung Island zieht. | |
Auch wenn es sich um einzelne und zufällige Wetterphänomene handelt, sehen | |
Forscher*innen hinter solchen extremen Lagen dennoch den Einfluss des | |
Klimawandels. So hat das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) im | |
Jahr 2021 [2][eine Studie veröffentlicht, die sich mit der Dauer von | |
Wetterlagen befasst]. „Allein in Europa sind bereits rund 70 Prozent der | |
Landfläche von länger an einer Stelle verharrenden Wetterlagen betroffen“, | |
sagt Peter Hoffmann, Erstautor der Studie. Es lasse sich nachweisen, dass | |
solche lang anhaltenden Wetterlagen – wie eben ein Hoch- oder ein | |
Tiefdruckgebiet, das viele Tage stabil bleibt und damit für Wind aus einer | |
Richtung sorgt – über dem Nordatlantik, Europa und Sibirien immer ähnlicher | |
werden. „Sie begünstigen letztlich extreme Wetterereignisse“, so der | |
Forscher. | |
20 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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